Warrior Nun Netflix
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Warrior Nun – Staffel 1

Kritik

Warrior Nun Netflix
„Warrior Nun – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 2. Juli 2020 (Netflix)

So richtig viel Glück hatte Ava Silva (Alba Baptista) ja nie. Als sie noch jung war, erlitt sie einen Autounfall. Zwar überlebte sie den Vorfall, anders als ihre Mutter, die dabei ums Leben kam. Doch seither ist sie bettlägerig, muss ihr Dasein in einem von einer herrischen Nonne geleiteten Kinderheim fristen und ist komplett von anderen abhängig. Und es kommt noch schlimmer, denn gerade, als sie die Einrichtung hätte verlassen müssen, da sie zu alt ist, wird sie selbst getötet. Eigentlich. Zu ihrer großen Überraschung stellt die 19-Jährige jedoch fest, dass sie von den Toten zurückgeholt wurde, jetzt sogar laufen kann und dass nun ein seltsames Artefakt in ihrem Rücken steckt. Als wäre das alles nicht schon verwirrend genug, wird sie auch noch von einem uralten Orden genötigt, der gegen Dämonen kämpft …

Nonnen kommen in Filmen und Serien natürlich immer mal wieder vor, verkörpern Güte und Reinheit, durften in den 1970ern Opfer sexueller Lust in speziellen Exploitation-Filmen sein oder auch schon mal selbst das Böse und Unterdrückung symbolisieren. Die Bandbreite ist also schon etwas größer. Als Action-Heldinnen kommen sie jedoch eher weniger in Frage. Das mag praktische Gründe haben, etwa weil die Bekleidung sich nicht unbedingt dafür anbietet, durch die Gegend zu rennen. Außerdem steht das schon in einem ziemlichen Widerspruch zu der Ruhe und Besonnenheit, die wir mit dieser Berufung in Verbindung bringen. Allein deshalb schon durfte man auf die neue Netflix-Serie Warrior Nun gespannt sein, in dem Nonnen nicht nur rennen, sondern zugleich Dämonen kräftig in den Arsch treten.

Am Anfang stand der Comic
Anime-Fans könnten sich dabei an die Manga-Adaption Chrono Crusade erinnert fühlen, auch in jener Serie spielte eine bewaffnete Nonne im Kampf gegen Dämonen die Hauptrolle. Tatsächlich basiert Warrior Nun auch auf einem Comic, genauer auf Warrior Nun Areala von Ben Dunn, der 1994 seinen Anfang nahm und später von diversen Autoren fortgesetzt wurde. Der stammte damit zwar aus den USA, ließ sich aber von Mangas inspirieren. Die Geschichte ist auch dermaßen übertrieben, wie man es gerne in Werken aus Japan macht, wo man einen etwas freieren Umgang mit der Religion pflegt, vieles nicht so eng gesehen wird – Hauptsache, es ist cool.

Ob man auch Warrior Nun so bezeichnen muss, darüber kann man geteilter Meinung sein. Die Kurzzusammenfassung – eine Tote wird wieder lebendig, hat ein heiliges Artefakt im Rücken und schließt sich einem Orden aus Kampfnonnen an – klingt natürlich herrlich bescheuert, lässt auf selbstbewussten Trash schließen. Die von Simon Barry entwickelte Serie hält sich aber nicht an diese Erwartungen. Stattdessen sind die zehn Folgen ein recht bunter Mix aus den unterschiedlichsten Genres und Tonalitäten, die oftmals nicht zusammenpassen und eine klare Linie vermissen lassen. Ein Mix, der zudem sehr viel Geduld erfordert, denn nach dem kuriosen Einstand tritt die Geschichte erst mal längere Zeit auf der Stelle.

Eine Untote entdeckt das Leben
Ein Grund dafür ist, dass die Netflix-Produktion zunächst sehr ausführlich auf ihre Protagonistin eingeht. Das ist für sich genommen nicht verwerflich, oft hat man bei solchen Geschichten ja vielmehr das gegenteilige Problem: Es interessiert sich niemand für die Figuren. Im Fall von Warrior Nun wird daraus jedoch eine Art Coming-of-Age-Drama um eine Jugendliche, die erstmals die Welt da draußen kennenlernt. Das wiederum nimmt manchmal die Form einer Liebeskomödie an, wenn sich Ava erst einmal richtig verknallt und mit zahlreichen humorvollen Voice-overs ihre Unsicherheit verdeutlicht. Dass es da noch die Kampfnonnen gibt und Dämonen, das wissen wir zwar. Die Serie hält das jedoch weit auseinander, so als hätte man versehentlich mehrere Drehbücher gleichzeitig verfilmt, die eigentlich nicht in Kombination gedacht waren.

Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Geschichte endlich mal Fahrt auf und tritt entschlossener auf. Immer mehr wandelt sich Warrior Nun dann in eine tatsächliche Action-Fantasy-Serie, die zudem nicht mit Mystery-Elementen geizt – inklusive geheimer Verschwörungen, wie man sie in einem Buch von Dan Brown erwarten könnte. Und ein bisschen Science-Fiction ist auch noch dabei. Das ist teils so gewaltiger Unfug, dass es schon etwas schade ist, dass man sich hier letztendlich so ernst nahm und nicht mehr Spaß hatte. Dafür überschlagen sich die Ereignisse im weiteren Verlauf ziemlich, diverse Überraschungen inklusive, beendet wird das Ganze mit einem fetten Cliffhanger, der dann doch neugierig macht, was da als nächstes geschehen mag. Das ist sicher legitim zwecks Kundenbindung, aber schon auch irgendwie ärgerlich, dass man eine ganze Staffel als Einführung brauchte und vieles unnötig in die Länge zog.

Credits

OT: „Warrior Nun“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Jet Wilkinson, Agnieszka Smoczyńska, Sarah Walker, Mathias Herndl, Simon Barry
Drehbuch: Simon Barry, Terri Hughes Burton, Amy Berg, David Hayter, Matt Bosack, Sheila Wilson, Suzanne Keilly
Idee: Simon Barry
Vorlage: Ben Dunn
Musik: Jeff Russo
Kamera: Christopher LaVasseur, Imanol Nabea
Besetzung: Alba Baptista, Toya Turner, Thekla Reuten, Lorena Andrea, Kristina Tonteri-Young, Tristan Ulloa

Bilder

Trailer

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„Warrior Nun“ verblüfft mit einer absurden Geschichte: Eine 19-Jährige erwacht von den Toten, hat ein heiliges Artefakt im Rücken und muss nun gegen Dämonen kämpfen. Das klingt nach ziemlichen Trash, ist aber vielmehr ein Mix der unterschiedlichsten Genres: Action, Drama, Komödie, Fantasy, selbst Mystery und Science-Fiction ist drin. Die Mischung stimmt nie so ganz, die zehn Folgen brauchen auch zu lange. Und doch darf man neugierig sein, wie es im Anschluss weitergeht.
5
von 10