Terminal
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Terminal

Kritik

Terminal
„The Terminal“ // Deutschland-Start: 7. Oktober 2004 (Kino) // 3. Juli 2006 (DVD/Blu-ray)

Eigentlich hatte Victor Navorski (Tom Hanks) gar nicht vor, länger an dem Flughafen zu bleiben. Wozu auch? Schließlich war er in die USA geflogen, weil er in New York etwas zu erledigen hatte. Zu seinem großen Unglück kommt es jedoch genau zu diesem Zeitpunkt zu großen Unruhen in seinem Heimatland Krakozhia. Einreisen darf er nun nicht mehr, da sein Visum abgelaufen ist. Umkehren ist aber ebenfalls keine Option. Und so bleibt dem plötzlich staatenlosen Mann nichts anderes übrig, als erst einmal am Flughafen zu bleiben und darauf zu warten, dass sich die Situation ändert. Während er damit den leitenden Grenzschutzbeamten Frank Dixon (Stanley Tucci) in den Wahnsinn treibt, der Navorski endlich loswerden will, macht er die Bekanntschaft einer Reihe von Menschen, die ebenfalls ständig am Flughafen sind – darunter die Flugbegleiterin Amelia Warren (Catherine Zeta-Jones) …

Dass wir mehr Zeit an einem Flughafen verbringen, als wir zuvor eingeplant haben, das dürfte den meisten von uns schon mal passiert sein. Mal ist es ein Flug, der Verspätung hat, es gibt Probleme bei der Anschlussverbindung, vielleicht ging auch das Gepäck verloren. Das ist dann zwar alles ärgerlich. Aber für ein paar Stunden kann man sich schon mal irgendwie die Zeit vertreiben, genügend Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es dort ja normalerweise schon. Doch was wenn aus Stunden Tage werden, dann Wochen, Monate und sogar Jahre? So erging es Mehran Karimi Nasseri, der insgesamt 18 Jahre lange im Charles de Gaule Flughafen lebte, von 1988 bis 2006. Nicht weil es ihm dort so gut gefiel, sondern weil er aus dem Iran geflohen war und in England eine neue Heimat wollte – was aus mehreren Gründen recht schwierig war.

Die Realität mal anders
Eine derart ungewöhnliche Lebensgeschichte ist natürlich ein gefundenes Fressen für Medien wie Filmemacher gleichermaßen. Steven Spielberg selbst, der mit Filmen wie E.T. – Der Außerirdische und Jurassic Park immer wieder ein Näschen für massentaugliche Stoffe bewies, ließ sich dann auch von der Autobiografie Nasseris inspirieren. Eine realitätsgetreue Verfilmung wurde bei Terminal aber nicht daraus. Ob Spielberg das Original nicht interessant genug war oder er sie zu politisch fand, darüber lässt sich nur spekulieren. Tatsache ist, dass er hiermit ein Wohlfühlwerk schaffen wollte, das die Menschen zum Lächeln bringt und so ein bisschen den Alltag vergessen lässt. Was also durchaus ein Kommentar zur gesellschaftlichen Lage hätte genutzt werden können, wird stattdessen zu reinem Eskapismus, der allenfalls ein bisschen die Absurdität und Unmenschlichkeit behördlicher Bestimmungen aufs Korn nimmt – womit sich so ziemlich jeder identifizieren dürfte.

Terminal ist dann auch ein ausgesprochen menschlicher Film. Tatsächlich ist das Szenario um ein Land, das es plötzlich nicht mehr gibt, zwar ein interessantes Gedankenexperiment. Spielberg und sein Drehbuchteam Sacha Gervasi und Jeff Nathanson interessieren sich aber nicht sonderlich dafür. Auch die absurde Situation, an einem Flughafen gefangen zu sein und darin eine Art Alltag zu suchen, hält nur etwa ein Drittel des Films, wird für eine Reihe von Gags genutzt, bevor es dann zu den Akten gelegt wird. Wichtiger war es dem Regisseur, sich auf die diversen Menschen zu konzentrieren, die am Flughafen ihr berufliches Leben verbringen. Das bedeutet neben Dixon und Warren vor allem Menschen, die man sonst nie wahrnimmt, die den Boden wischen oder Essen zubereiten, die vergessenen Gesichter eines Flughafens.

Sentimentaler Blick auf einen Mikrokosmos
Das erinnert dann ein wenig an Martin Scorseses Hugo Cabret einige Jahre später, wo es ein Bahnhof war, der zum Mikrokosmos wurde, an dem sich die Menschen im Trubel immer wieder begegneten. Beiden Filmen gemeinsam ist dann auch, dass es gar nicht die eine Geschichte gibt, die erzählt wird. Das Schicksal von Victor steht zwar im Vordergrund, auch weil Tom Hanks fast unterbrochen zu sehen ist. Aber dieses wird immer wieder von anderen durchflochten, die von geheimer Liebe erzählen, von illegalen Einwanderern, Menschen eben, die immer irgendwo versteckt sind und für die sich sonst niemand interessiert. Terminal hat auf diese Weise etwas von einem Episodenfilm, dessen einzelnen Folgen jedoch durch den Ort und die Hauptfigur miteinander verbunden werden.

Da sind skurrile Geschichten dabei, ebenso banale – was das Leben nun so hergibt. Glaubwürdig ist das trotz der im Grunde schon universellen Situationen weniger, soll es aber auch nicht sein. Spielberg hat vielmehr ein modernes Märchen erschaffen, nur eben an einem ungewöhnlichen Ort. Das geht durchaus zu Herzen, lässt einen am Schluss daran glauben, dass alles wieder gut werden kann, wenn die Menschen nur zusammenhalten, woher auch immer sie kommen mögen. Das ist sympathisch und süß, aber teils schon ein bisschen kitschig. Spielberg, dem gerade im späteren Verlauf seiner Karriere vorgeworfen wurde, zu manipulativ-sentimental zu sein, zeigt so gar keine Zurückhaltung. Wer in der Stimmung dafür ist, der kann sich hier vom immer willkommenen Gutelaune-Bär Hanks die Seele streicheln lassen und die Welt da draußen vergessen.

Credits

OT: „The Terminal“
Land: USA
Jahr: 2004
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Sacha Gervasi, Jeff Nathanson
Musik: John Williams
Kamera: Janusz Kamiński
Besetzung: Tom Hanks, Catherine Zeta-Jones, Stanley Tucci, Chi McBride, Diego Luna, Kumar Pallana, Zoë Saldana

Bilder

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In „Terminal“ strandet ein Mann an einem Flughafen, den er aufgrund besonderer Umstände nicht wieder verlassen kann. Der Film kostet zu Beginn das absurde Szenario aus, findet eine Reihe wirksamer Gags, bevor er dazu übergeht, sich stärker auf die Figuren und ihre Geschichten zu konzentrieren. Das ist schon recht schön, sofern man sich nicht an der manipulativ-sentimentalen Art Spielbergs stört.
6
von 10