Proxy
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Proxy

Kritik

Proxy
„Proxy“ // Deutschland-Start: 14. Oktober 2014 (DVD/Blu-ray)

Nach einer Routineuntersuchung nur wenige Tage vor der erwarteten Geburt ihres Kindes wird Esther (Alexia Rasmussen) überfallen und angegriffen, wobei sie verletzt wird und ihr Kind in der Folge verliert. Nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus wird die junge Frau wieder entlassen, doch da sie alleine lebt und niemanden hat, mit dem sie über den Vorfall reden kann, besteht ihre Betreuerin darauf, dass sie zumindest zu den Sitzungen einer Selbsthilfegruppe geht, wo sie schließlich Melanie (Alexa Havins) kennenlernt. Auch Melanie hat, wie sie Esther sagt, ihren Mann wie auch ihren dreijährigen Sohn durch einen Autounfall verloren und versucht nun mithilfe der Gruppe den Verlust zu verarbeiten. Nur wenige Tage später kommen Esther aber Zweifel an der Geschichte, denn sie sieht, wie Melanie in einem Kaufhaus eine Panikattacke erleidet und beobachtet, wie sie mit ihrem totgeglaubten Sohn über den Parkplatz rennt. Da Esther nun überzeugt ist, Melanie habe die Geschichte nur erzählt, weil sie sich, wie Esther selbst, nach Aufmerksamkeit sehnt, beschließt sie ihrer neuen Freundin zu helfen und fasst einen schrecklichen Plan.

Der verführerische Schein des Glücks
Mit Proxy legte der US-amerikanische Regisseur Zack Parker 2013 seinen insgesamt vierten Spielfilm, welche sich bislang vor allem im Thrillergenre bewegten. An berühmten Vorbildern mangelt es dem ambitionierten Filmemacher nicht, gibt er in Interviews beispielsweise an, vor allem von Roman Polanskis Klassiker Rosemary’s Baby inspiriert worden zu sein und Alexia Rasmussens Charakter im Film in Anlehnung an die  Protagonistin in Polanskis Film benannt zu haben. Unabhängig von den Vorbildern, welche Pate für den Film standen, ist Parker mit Proxy nicht nur ein sehr spannender und wendungsreicher Film gelungen, sondern zudem eine Geschichte, die sich mittels einer provokanten These der Aufmerksamkeitsobsession in unserer Gesellschaft widmet.

Die Aussicht auf Nachwuchs als die Affirmation der Familie und damit des eigenen Glücks ist ohne Frage verführerisch. Immer sprechen die weiblichen Figuren in Parkers Film davon, wie viel Aufmerksamkeit sie bekommen oder bekamen, als sie schwanger waren oder eben durch die Tragödie, die sie erlitten. Mutig traut sich Parker mit seinen Figuren in diesen Szenen an Tabuthemen heran, die in ihren stärksten Momenten nicht nur an Filme wie Rosemary’s Baby sondern auch David Finchers Fight Club erinnern. Insbesondere die Rolle der Selbsthilfegruppe, als Zentrum eben jener Form der positiven Aufmerksamkeit, nach der sich die Figuren sehnen, wird den ein oder anderen Zuschauern wohl an die genannten Filme erinnern.

Dabei ist das Glück und die Aufmerksamkeit immer nur temporär. Mit einer Spur von Verzweiflung und Niedergeschlagenheit erklärt Esther, wie diese Aufmerksamkeit nachlasse, sobald das Kind geboren sei. Von Melanie, deren Suche nach den Blicken der anderen Menschen sie in eine Art Doppelleben flüchten ließ, geht eine Aura der Vollkommenheit und Zufriedenheit aus, wenn sie über ihr Schicksal redet, wie eine Schauspielerin, die eine Rolle seit langer Zeit einstudiert hat und nun mit Perfektion spielt. Mit einer Mischung von Nähe und Distanz nähert sich Jim Timpermans Kamera diesen Figuren sowie ihren Handlungen, wobei sich das volle Ausmaß der Lügengebäude, der Heuchelei und des Scheins erst im Nachhinein ergibt.

Die Blicke der Anderen
Besonders düster, wenn auch nicht immer tiefgehend, fallen die Kommentare über gesellschaftliche Außenseiter und Rollenbilder im Allgemeinen aus. Parkers Drehbuch stellt das Kind oder die Schwangerschaft als die Erfüllung des weiblichen Rollenbildes dar, jenem bereits angesprochenen Glück, welchem die Frauenfiguren in seinem Film entsprechen wollen. Die Blicke der Anderen urteilen dabei nicht nur, sondern sie sind erstrebenswert, lässt sich über sie doch das eigene Image manipulieren oder justieren. Hierbei ist speziell die Darstellung Alexa Havins zu erwähnen, aber auch die Joe Swanbergs, welcher den Ehemann von Havins’ Figur spielt, in deren Spiel sich die Brüchigkeit dieser bürgerlichen Illusion von Glück und wie man von einer Öffentlichkeit gesehen wird, besonders stark zeigt. Gerade Havins brilliert, wenn sie die moralische Ambivalenz ihrer Figur darstellt.

Credits

OT: „Proxy“
Land: USA
Jahr: 2013
Regie: Zack Parker
Drehbuch: Zack Parker, Kevin Donner
Musik: The Newton Brothers
Kamera: Jim Timperman
Besetzung: Alexia Rasmussen, Alexa Havins, Kristina Klebe, Joe Swanberg

Bilder

Trailer

Filmfeste

Toronto International Film Festival 2013
Sitges 2013

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"Proxy" ist eine sehr sehenswerte Mischung aus Thriller- und (wenigen) Horrorelementen. Dank der gut geschriebenen Figuren sowie der intelligent verfassten Dialoge vieler Szenen gelingt Zack Parker großes Spannungskino, das über seine Laufzeit hinweg nicht nur zu unterhalten weiß, sondern dessen Wendungen überraschend sind und stets neue Puzzlesteine bieten, welche Handlung und Figuren in einem anderen Licht erscheinen lassen.
8
von 10