Once Were Brothers
© Magnolia Pictures

Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band 

Kritik

Once Were Brothers
„Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Eröffnungsfilmen und Abschlussfilmen großer Festivals wird praktisch automatisch immer eine gehobene Aufmerksamkeit zuteil, schließlich werden hierfür meist die Prestigetitel ausgewählt, mit namhaften Stars und Meisterregisseuren. Der eine oder andere dürfte sich deshalb darüber gewundert haben, welcher Film 2019 das Toronto International Film Festival eröffnete, eines der wichtigsten Publikumsfestivals überhaupt: Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band, ein Dokumentarfilm über The Band. Nicht nur, dass die Gruppe den sicherlich unspektakulärsten Namen der Musikgeschichte hatte, der immer wie ein Platzhalter wirkte. Sie war auch vorrangig ein nordamerikanisches Phänomen. In Europa nahm man sie hauptsächlich als Begleitband von Bob Dylan wahr, lediglich The Last Waltz, ein Livealbum, das während des Abschiedskonzerts 1976 aufgenommen wurde, wurde hierzulande zur Kenntnis genommen – wohl auch des begleitenden Konzertfilms von Martin Scorsese wegen.

Zwischen gestern und heute
Der kommt hier auch zu Wort, so wie viele andere Prominente. Denn zumindest in den USA und Kanada waren The Band tatsächlich erfolgreich. Und das, obwohl sie zunächst so gar nicht dem Zeitgeist entsprachen: Während andere Gruppen Ende der 60er rebellierten und sich gegen die Vergangenheit stellten, alles anders machen wollten, da nahmen The Band bewusst die Einflüsse von früher auf und wollten diese mit aktuellen Strömungen verbinden. Rock traf auf Country, Blues und Folk, machte daraus etwas Eigenes, das dennoch in der Tradition von früher stand. Das kam an, vor allem die besagte Zusammenarbeit mit Bob Dylan war recht ertragreich. Doch wie das so ist: Nach dem Höhenflug kommt der Fall, künstlerische Erfolge führen oft zu persönlichen Katastrophen und Exzessen. So auch bei The Band, die mit Drogenausfällen und internen Querelen zu kämpfen hatte.

Tatsächlich soll das Verhältnis zwischen den Mitgliedern später sehr schwierig geworden sein, besonders zwischen Robbie Robertson und den anderen. Der steht in Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band – der Titel verrät es bereits – auch ziemlich im Mittelpunkt. Das tat er schon damals, als er zum „Star“ der Gruppe gemacht wurde. Zudem basiert der Dokumentarfilm auf seinen eigenen Memoiren. Das ist bei dem Porträt einer ganzen Gruppe natürlich nicht ganz einfach. Die Perspektive ist schon ziemlich einseitig, was vor allem dann auffällt, wenn es inhaltlich zur Sache geht. Enthielt Robbie den anderen ihre Anteile vor, wie diese beklagten? Oder stimmt seine Darlegung, dass die anderen kaum noch etwas zu den Songs beitragen konnten, weil sie alle zu sehr Opfer ihrer damaligen Sucht waren?

Fragen ohne Antworten
Eine wirkliche Antwort hält Regisseur Daniel Roher nicht bereit, kann es auch nicht: Drei der fünf Originalmitglieder sind tot, der vierte wollte bei dem Film nicht mitmachen. Und so bleiben eben nur die Worte von Robertson, der sich stellvertretend für andere an die damalige Zeit erinnert und Anekdoten teilt. Das geschieht viel in Form der berüchtigten Talking Heads, wenn er oder auch andere in Interviewszenen Kontexte und Hintergründe liefern. Verbunden werden diese aktuellen Aufnahmen jedoch mit zahlreichen historischen, welche die Jungs bei der Musik oder auch in privaten Momenten zeigen. Rein formal gesehen ist das sicher nicht so wahnsinnig ambitioniert. Aber es funktioniert, auch weil die alten Filme gut gewählt sind.

Ob der Film für ein hiesiges Publikum so interessant ist, hängt natürlich maßgeblich damit zusammen, ob man sich für The Band oder allgemein die Musik der späten 60er und 70er interessiert. Dann nämlich wird Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band zu einem durchaus interessanten Zeitporträt, das zudem beiläufig einiges über Größen aus dieser Zeit zu erzählen hat, darunter den legendären Produzenten David Geffen. Und Dylan natürlich. Aber auch die Lebensgeschichten von Robertson und den anderen sind teilweise spannend genug, dass sie den Dokumentarfilm lohnenswert machen – sofern man sich nicht zu sehr an der eingeschränkten Perspektive stört.

Credits

OT: „Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band“
Land: Kanada, USA
Jahr: 2019
Regie: Daniel Roher
Musik: Matthew Chalmers
Kamera: Kiarash Sadigh

Bilder

Trailer

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„Once Were Brothers: Robbie Robertson and The Band“ erzählt von dem Aufstieg und Ende der Rockgruppe The Band. Das ist als Zeitdokument der 60er und 70er sehenswert, auch die Lebensgeschichte ist teilweise recht spannend. Allerdings ist die Dokumentation zu einem Großteil aus der Sicht des Stars Robertson erzählt, was die Perspektive naturgemäß etwas einseitig macht und nicht allen Themen gerecht wird.