Dunkelstadt
© ZDF/Stephan Pick/Sofie Silbermann

Dunkelstadt – Staffel 1

Kritik

Dunkelstadt
„Dunkelstadt – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 26. Februar 2020 (TV)

Eigentlich hatte Doro Decker (Alina Levshin) ja Polizistin werden wollen, so wie es ihr Vater damals gewesen ist, bevor er bei einem Einsatz ums Leben kam. Doch so ganz war das nicht ihr Ding, vor allem die Sache mit den Befehlen. Also machte sie sich lieber selbständig und versucht nun, als Privatdetektivin über die Runden zu kommen – mit mal mehr, mal weniger Erfolg. Die meisten Aufträge sind weniger ruhmreich, drehen sich um entlaufene Haustiere oder untreue Ehepartner. Nachdem Adnan (Rauand Taleb) in ihr Leben tritt und sich als Assistent aufdrängt, kommt jedoch mächtig Schwung in ihr Leben. Während sie Mördern nachjagt und Entführungsopfer sucht, stößt sie immer wieder auf Hinweise, dass an der Geschichte mit ihrem Vater mehr dran ist, als sie dachte …

Manchmal hat man ja den Eindruck, dass es im deutschen Fernsehen mehr Polizisten, Detektive oder sonstige Ermittler gibt als Verbrechen im realen Deutschland. Das ist für all die Zuschauer und Zuschauerinnen schön, die nach einem längeren Tag ein bisschen Nervenkitzel suchen oder sich als Rätselknacker versuchen wollen. Es bedeutet aber auch, dass jeder neue Versuch, bei dem offensichtlich enormen Zielpublikum zu punkten, von jeder Menge Konkurrenz begleitet ist. Denn jeder Neuankömmling muss sich irgendwie beweisen, etwas vorweisen können, weshalb man nun gerade ihm den Vorzug gegenüber den vielen anderen Mitbewerbern geben sollte.

Kommen eine Frau und ein Schwuler an einen Tatort …
Dunkelstadt sticht insofern ein wenig hervor, indem die Serie Premiere auf ZDF Neo feiert, bevor sie zum Hauptsender weiterwandert. Theoretisch soll hiermit also ein jüngeres Publikum angesprochen werden. Und wie schafft man das? Die Hauptfigur ist eine junge attraktive Frau, die sich von einem schwulen Paradiesvogel unterstützen lässt. Das suggeriert Modernität. In anderer Hinsicht orientiert man sich hingegen eindeutig an der Unterhaltung von einst, immer wieder greift man auf beliebte Elemente des Noir zurück, versucht sich an einer Art Mischung aus gestern und heute.

Doro mag rein optisch nicht viel mit den Detektiven von damals zu tun haben. Wie diese hat sie jedoch einen Hang zum Alkohol sowie dazu, in Voice overs zu dem Publikum sprechen zu wollen. Und natürlich hat sie Abgründe, das gehört bei diesem Beruf nun einmal dazu, wird immer wieder betont. Ein einsamer Wolf braucht das passende Etikett, falls er nicht erkannt wird. Wer will, kann das Ganze dann als klassisch bezeichnen. Aber auch langweilig trifft es ganz gut: Anstatt sich tatsächliche Gedanken über die Charakterisierung zu machen, schnappten sich die Serienschöpfer*innen Axel Melzener und Julia Nika Neviandt einfach alte Klischees und ersetzten die Männer in langen Mänteln durch eine Frau mit feschem Haarschnitt. Das muss reichen.

Ein Fall zum Abschalten
Aber es nicht allein die wenig spannende Figur der Doro, die Dunkelstadt zu einem dezent einschläfernden Ereignis machen. Die Fälle sind nicht besser. Mal wird auch hier zu sehr die Mottenkiste geplündert, inklusive der dazugehörigen Vorhersehbarkeit der Ereignisse. Mal wollte man richtig viel hineinpacken, provoziert auf diese Weise jedoch höchstens ein Augenrollen. Sechs Fälle muss die Privatdetektivin in der ersten Staffel lösen, kein einziger davon ist tatsächlich interessant oder spannend. Im besten Fall kann man darauf hoffen, dass kleine kuriose Elemente darin versteckt sind. Stichwort Verkleidung. Konsequent verfolgt wird das jedoch nicht.

Leider ist auch die Rahmenhandlung eine Enttäuschung. Zusätzlich zum eigentlichen Fall taucht in den knapp 45 Minuten jeder Folge irgendwas auf, das mit Doros Vater zu tun hat, vergleichbar zu Die Toten vom Bodensee damals, das eine Parallelhandlung über mehrere Einsätze hinweg mitlaufen ließ. Die endet hier aber ebenfalls in Klischees, die so abgestanden sind, dass man sich den Versuch besser gleich ganz gespart hätte. Wer unbedingt einen neuen Krimi braucht und keine alten Männer als Protagonisten mehr sehen will, für den wird das hier die Minimalanforderungen erfüllen. Mehr als das sollte man aber nicht erwarten, Dunkelstadt wird weder seinem Versprechen auf Abgründe noch dem Konzept gerecht, schmückt sich mit Behauptungen, die nie erfüllt werden.

Credits

OT: „Dunkelstadt“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Asli Özge
Drehbuch: Axel Melzener, Julia Nika Neviandt
Idee: Christian Jeltsch
Musik: Karim Sebastian Elias
Kamera: Emre Erkmen
Besetzung: Alina Levshin, Rauand Taleb, Artjom Gilz, Jörg Pintsch, Maximilian Mundt, Bernhard Schütz

Bilder

Trailer



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Eine junge Privatdetektivin ist auf Täterjagd und begegnet dabei immer wieder ihren eigenen Dämonen: Das Konzept, klassische Noir-Filme als Serien im modernen Setting und mit einer Frau in der Hauptrolle zu beleben, klang nicht schlecht. Leider ist den Machern darüber hinaus aber so gar nichts eingefallen. „Dunkelstadt“ versucht sich an Abgründen, ist letztendlich aber nur eine Recyclinganlage alter Klischees.
4
von 10