Queen & Slim
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Queen & Slim

Kritik

Queen and Slim
„Queen & Slim“ // Deutschland-Start: 9. Januar 2020 (Kino)

So richtig viel gemeinsamen haben Angela (Jodie Turner-Smith) und Earnest (Daniel Kaluuya) ja nicht. Es ist noch nicht einmal so, dass die beiden sich übermäßig sympathisch wären, als sie sich für ein Tinder-Date treffen. Doch kurze Zeit später sind sie komplett aufeinander angewiesen: Als Earnest in Notwehr einen Polizisten erschießt, sind die beiden auf der Flucht, im Wissen, dass sie als Schwarze niemals einen fairen Prozess bekommen würden. Die Polizei ist ihnen bald natürlich auf den Fersen und jagt sie quer durchs ganze Land. Doch die zwei finden auch Unterstützung in der Bevölkerung …

Wenn in einem Land Waffenliebe und Rassenhass aufeinandertreffen, dann kann das böse ausgehen. Immer wieder hört man selbst hierzulande, wie in den USA übereifrige Cops vermeintlich gefährliche Schwarze niederschießen und dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Insofern ist es kein Wunder, dass in den letzten Jahren immer mehr Filme herauskamen, die sich auf die eine oder andere Weise mit Rassismus und Gewalt auseinandersetzen, vom satirischen Horrorstreifen Get Out bis zum Cop-Thriller Black and Blue, in dem eine schwarze Polizistin zwischen zwei Welten gefangen ist.

Der ganz alltägliche Rassismus

Eine solche Ambivalenz sucht man in Queen & Slim nicht, zumindest über weite Strecken. Der Film wartet nicht lange, bis ein offensichtlich rassistischer Polizist nur darauf wartet, endlich mal wieder jemanden erschießen zu dürfen – bis er unerwartet selbst stirbt. Das zeugt von jeder Menge Wut, erzeugt diese auch beim Publikum: die einen, weil sie selbst Rassisten sind und entsprechend den Film als solchen ablehnen, die anderen, weil das Leben zweier unschuldiger Menschen futsch ist und sie nicht mal die Gelegenheit bekommen, sich zu verteidigen. Ausgleich? Versöhnung? Die gibt es nicht. Hier geht es nur um die Frage: die oder wir.

Das soll an Bonnie und Clyde erinnern, nicht nur laut Pressetexten, der Film selbst weckt solche Assoziationen. Wobei der Vergleich natürlich hinkt. Queen und Slim mögen zwar auch auf der Flucht sein, sind aber keine Verbrecher, es gibt zudem keine weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen. Vor allem sind sie kein Paar. Zumindest anfangs nicht. Im Laufe der mehr als zwei Stunden wird sich das natürlich ändern, man hat ja nicht umsonst zwei attraktive Menschen engagiert, das weckt schon gewisse Erwartungen. Queen & Slim erfüllt diese Erwartungen dann auch brav, schert sich jedoch nicht so wirklich darum, wie das Ergebnis zustandekommt. Hauptsache, das Publikum bekommt am Ende was zu sehen.

Der schicke Albtraum

Das ist einerseits zu erwarten, schließlich handelt es sich hier um das Spielfilmdebüt von Melina Matsoukas, die zuvor mehrere Dutzend Musikvideos gedreht hat, zuletzt einige für Beyoncé. Und irgendwie sieht Queen & Slim auch so aus wie ein Musikvideo, nur eben länger und mit Text. Das sieht schick aus, keine Frage, die Regisseurin hat ein offenkundiges Händchen für schöne Bilder. Inhaltlich muss man hinter vieles dann aber doch ein Fragezeichen setzen. Nicht allein, dass die Liebesbeziehung gleichzeitig ein schreckliches Klischee ist und schlampig entwickelt wird. Andere Themen, etwa dass die zwei à la Sugarland Express zu einer Mediensensation werden, wird nie vernünftig ausgearbeitet. Es passiert plötzlich und ist ebenso plötzlich wieder vorbei, ohne dass dabei Stellung bezogen würde oder sich eine Aussage ableiten lässt.

Der Gipfel dieser Willkürlichkeit ist eine Szene, die beide Themen – die wachsende Gewalt und der Liebeshöhepunkt – zusammenführt. Dass das nicht zusammenpasst, war Matsoukas mit Sicherheit auch klar. Unklar ist jedoch, welches Ziel sie dabei verfolgt. Für eine wirkliche Kontroverse ist der Film zu konventionell, für einen Thriller nicht spannend genug, für eine Romanze zu künstlich. Queen & Slim gibt auf diese Weise zwar Stoff zum Nachdenken, mal mehr, mal weniger beabsichtigt. Der überraschend große Erfolg in den USA dürfte aber doch eher mit der wichtigen Thematik zusammenhängen, die einen Nerv trifft, als mit der Qualität des Films. Denn die schwankt auf eine überaus irritierende Weise.

Credits

OT: „Queen & Slim“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Melina Matsoukas
Drehbuch: Lena Waithe
Musik: Devonté Hynes
Kamera: Tat Radcliffe
Besetzung: Daniel Kaluuya, Jodie Turner-Smith

Bilder

Trailer



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Queen & Slim
Fazit
„Queen & Slim“ ist der neueste Beitrag zum Thema Rassismus und Polizeigewalt in den USA. Während der Film mit einem wütend machenden Knall beginnt, verrennt er sich auf der Reise quer durchs Land in die unterschiedlichsten Richtungen, ist mal Gesellschaftsporträt, mal Liebesgeschichte, dann wieder ein Thriller, ohne etwas davon stimmig zu einem Ende zu bringen. Das ist teils sehenswert, teils aufgrund der Oberflächlichkeit irritierend bis ärgerlich.
6
von 10