Bronson
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Bronson

„Bronson“ // Deutschland-Start: 18. Februar 2010 (DVD)

Schon mit jungen Jahren wusste Michael Peterson (Tom Hardy), dass er für große Dinge bestimmt ist und eines Tages berühmt sein wird. Jedoch kann Michael abseits von einigen Prügeleien auf dem Schulhof sich kaum beweisen und ihm droht ein unauffälliges Leben in der britischen Arbeiterklasse. Damit es nicht so weit kommt, beschließt er sich einen Namen zu machen, auf die Art, die er bevorzugt: er überfällt eine Poststelle. Obwohl die Ausbeute nur gering ist, hat Michael auf einmal vor Gericht und, in seinen Augen noch viel besser, im Gefängnis eine geeignete Bühne gefunden. Über die Jahre wird Peterson zu einem der unberechenbarsten und brutalsten Gefangenen im britischen Strafvollzug, der bisweilen zu spontanen Gewaltausbrüchen neigt oder Gefängniswärter als Geisel nimmt, wenn diese einmal nicht aufpassen. Als er eines Tages doch auf freien Fuß ist, erhält er Zugang zur Welt des illegalen Boxens, wo er sich gleichsam einen Namen macht, immer darauf bedacht seinem Publikum eine gute Show zu bieten. Im Ring übernimmt er dann auch jenen Namen, mit dem ihn sein Promoter, ein alter Bekannter aus dem Gefängnis, immer ankündigt: Charles Bronson, nach dem bekannten Schauspieler. Doch Michaels/Bronsons Weg ist noch lange nicht zu Ende, denn er hat noch Großes vor.

Eine Bühne nur für mich alleine
Nachdem er sich mit den beiden Fortsetzungen zu seinem Erstling Pusher vor allem finanziell wieder etwas von der problematischen Produktion von  Fear X erholt hatte, sah sich Nicolas Winding Refn zunächst wieder auf der Bühne des europäischen Kinos. Speziell die Filme der Pusher-Reihe waren es, die britische Produzenten davon überzeugten, ein Projekt über das Leben des berüchtigten Kriminellen Michael Gordon Peterson oder Charles Bronson ihm anzubieten. Wie Refn im Making-of zum Film, welches auf der britischen Blu-ray zum Film zu finden ist, sagt, hielt er zunächst nicht viel von dem Skript und schrieb es letztlich um, wobei im Mittelpunkt sein Verständnis dieser Figur des Charles Bronson stehen sollte: ein Mensch, dem es nach einer Bühne, nach einem Publikum und nach Bekanntheit verlangt.

Von dieser Grundidee ausgehend ist es kaum verwunderlich, dass Bronson gewissermaßen eine One-Man-Show für Hauptdarsteller Tom Hardy ist. Vielleicht liegt in seiner Leistung in Bronson der Grund dafür, dass er in seiner weiteren Karriere, beispielsweise in Steven Knights No Turning Back, abermals eine Geschichte fast gänzlich auf seinen Schultern tragen musste. In seiner Rolle als Bronson empfiehlt sich Hardy jedenfalls als ein Darsteller, der in der Lage ist eine solche nicht gerade einfache Aufgabe zu meistern, einen Menschen zu spielen, der unsympathisch, grausam und soziopathisch veranlagt ist. Darüber hinaus ist der ausufernde Narzissmus seiner Figur eine echte Herausforderung für den Zuschauer, eine Eigenart, die auch Refns Inszenierung immer wieder in den Vordergrund stellt.

Geradezu furchtlos und nicht ohne eine Prise Selbstironie spielt Hardy Bronson als eine Mischung aus Showman und gefährlichem Soziopathen. Hierbei hilft die für die Rolle eigens antrainierte körperliche Verfassung, die den diesen „larger-than-life“-Charakter eines Bronsons noch verstärken, der sich immer wieder ins Zentrum kämpft, um Aufmerksamkeit buhlt und immer zu allem bereit zu sein scheint. Dies ist ein Mensch, so zeigen es Hardy und Refn, der sich innerhalb der Mauern eines Gefängnisses, wo er diese Aufmerksamkeit erhält, sehr viel wohler fühlt, sind seine Bewegungen in Freiheit immer etwas seltsam, ruckartig und irgendwie roboterhaft, so als würde Bronson hier nur eine Rolle spielen, die er nicht versteht oder nicht verstehen will.

Ein gefährlicher Erzähler
Das Drehbuch von Brock Norman Brock und Refn betont diese fast schon schizophrene Natur der Hauptfigur. Eine Vaudeville-Bühne, auf der Bronson als eine Art Mephistopheles auftritt, dient als eine Art Zwischenwelt, eine Plattform, die einem Menschen dazu dient, seine Geschichte zu erzählen. Jene überstilisierten Bilder, die teils grellen Farbe sowie die starken Kontraste – beispielsweise im Vergleich der Welt im Gefängnis und der außerhalb – sind nicht nur die visuellen Mittel des Kinos eines Nicolas Winding Refn, sondern auch jene erzählerischen Mittel eines Charles Bronson. Wie bereits die Vaudeville-Bühne andeutet, wirkt auch seine Erzählweise bisweilen wie eine Nummernrevue, ein Best-of, was nur hin und wieder jenen Nebendarstellern etwas Raum gibt.

Die Bilder Larry Smiths sowie auch die Inszenierung Refns entlarven jedoch diesen Menschen immer wieder, oder bieten dem Zuschauer eben jene Möglichkeiten der Entlarvung, der Hinterfragung und der Distanz zu einem Erzähler, der die Aufmerksamkeit seines Publikums einfordert und in seiner Erzählweise von daher unzuverlässig.



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„Bronson“ ist ein Drama mit vielen ironischen Elementen. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der bekannt sein will, der um jeden Preis ein Publikum haben will. Der Zuschauer nähert sich diesem mit großem Einsatz von Tom Hardy gespielten Charles Bronson mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu. Ein schwieriger, aber sehr starker Film Nicolas Winding Refns.
8
von 10