Pusher II
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Pusher II: Respect

Pusher II
„Pusher II: Respect“ // Deutschland-Start: 1. November 2005 (DVD)

Nachdem er für ein kleines Delikt wieder einmal für einige Zeit im Gefängnis gesessen hatte, ist Tonny (Mads Mikkelsen) nun endlich wieder auf freiem Fuß. Doch dieses Mal hat er sich vorgenommen, es richtig zu machen, nicht wieder zurückzukehren ins Gefängnis, und der erste Schritt in diese Richtung ist für ihn der Gang zu seinem Vater (Leif Sylvester). Dieser wird von seinen Partnern und Untergebenen nur „Der Schmied“ genannt, was nicht zuletzt an seinen Talenten als Dieb, Dealer und Schmuggler liegt. Zunächst wenig begeistert, das schwarze Schaf der Familie wieder in der Nähe zu haben, bietet er Tonny doch eine letzte Chance an und gibt ihm eine Stelle in seinem Geschäft. Das Geld kann Tonny gut gebrauchen, denn auch wenn er sich zunächst dagegen wehrt, ist er doch angetan von der Idee, Vater des Babys von Charlotte (Anne Sørensen), einer Prostituierten, zu sein. Jedoch kann weder diese Neuigkeit in seinem Leben noch die gute Arbeit, die Tonny für ihn leistet, seinen Vater von dem Wert seines Sohnes überzeugen, sodass dieser sogar einem eher zweifelhaften Drogendeal zustimmt, den ein alter Kumpel von ihm einfädelt. Dieser geht schief und Tonny ist gegen seinen Willen wieder mitten drin in einem Schlamassel, das er bald schon nicht mehr kontrollieren kann.

Menschen aus einem kriminellen Milieu
Nach dem finanziellen Desaster, als das sich Nicholas Winding Refns dritter Film Fear X (2003) entpuppte und welches das Ende seiner Produktionsfirma Jang Go Star bedeutete, kehrte der dänische Regisseur zurück in seine Heimat und letztlich auch zum Pusher-Universum. Neben vielen bekannten Gesichtern wie Mads Mikkelsen sowie Zlatko Burić, der abermals in die Rolle des Drogendealers Milo schlüpft, besetzte Refn seinen Film abermals mit vielen unbekannten, meist unerfahrenen Darstellern oder Menschen, die auf der Straße gecastet wurden, wie er es im Making-of der deutschen DVD-Veröffentlichung erklärt.

Wie schon im ersten Film der Reihe ist dies nur einer von vielen Aspekten der Inszenierung, die dem Film sehr viel Authentizität verleihen. Gerade in der Originalversion wirken Darsteller wie  Anne Sørensen oder Øyvind Hagen-Traberg, der einen Untergebenen des „Schmiedes“ spielt, sehr glaubhaft, vor allem, weil alleine ihr Auftreten sowie ihr Sprachduktus das Milieu widerspiegeln, welches Refns Film zeigt. Sie spielen Menschen, die teils am Rande der Gesellschaft leben, ob aus freien Stücken oder gegen ihren Willen, die fluchen, rauchen, stehlen und bis aufs Blut ums Überleben kämpfen, denn gerade diese Form des Lebens verlangt die Straße ihnen ab. In Interviews beschreibt Refn die Figuren der drei Pusher-Filme immer wieder als Menschen aus einem kriminellen Milieu, keinesfalls als Kriminelle, was ein bedeutender Unterschied ist.

Anders als in vielen Filmen über Gangster gibt es in Pusher II, wie auch in dessen Vorgänger, keinen Glanz oder Glamour. Die Menschen sind normal, fehlbar, begehen Fehler und sagen bisweilen dumme Dinge, was in der Welt des Verbrechens aber immer entweder im Chaos oder mit dem eigenen Ableben endet, bisweilen sogar mit beidem. So ist das Kopenhagen in Refns Film eines der Hinterhöfe, der dunklen Gassen und der Neonlichter des Rotlichtbezirks, eine Welt, in der es höchstens vergänglichen, zeitlich bemessenen Glanz gibt. In einer vielsagenden Szene sitzt Tonny in einem nagelneuen, natürlich geklauten BMW, nur um diesen wenig später in einem Frachtcontainer zu parken und sich im Anschluss mit den anderen Männern um einen Platz im Fluchtwagen zu streiten. Die Fahrt geht für ihn aber nur bis zur nächsten Bushaltestelle, von wo aus er nach Hause fahren darf.

Sog der Unterwelt
Ein interessanter Aspekt innerhalb des Skripts Refns und Jens Dahls ist die Entscheidung für den abermals von Mads Mikkelsen gespielten Tonny als Hauptfigur. Hielt man Tonny im ersten Teil noch für einen großmäuligen Idioten, hinter dessen großen Worten meist wenig steckte, erhält man nun einen besseren Einblick in diesen Menschen, hat bisweilen gar Mitleid mit ihm. Wie die Tätowierung auf seinem Hinterkopf bereits andeutet, sucht er nach Anerkennung, nach Respekt, vor allem von seinem Vater, der ihn aber entweder ignoriert oder abschätzig behandelt. In gewisser Weise ist der Kampf Tonnys ein Kampf um die Wertschätzung des Vaters, aber zugleich eine Form der Emanzipation, die damit beginnt, dass er selbst die Rolle eines Vaters ausfüllen muss.

Dieser Kampf wirkt fast schon romantisch in dieser rauen Welt des Films, die abermals von Kameramann Morten Søborg in Szene gesetzt wird. Der Sog dieser Welt aus Drogen, Geld und falschen Versprechungen macht letztlich vor niemandem halt, droht jeden zu verspeisen, der es wagt von einem anderen Leben zu träumen.



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„Pusher II: Respect“ ist Drogendrama und Milieustudie, das Drama einiger Menschen, die sich nach einem anderen Leben sehnen. Geprägt von dem bereits im ersten Teil der Reihe etablierten Realismus in der Inszenierung sowie einer starken Besetzung, allen voran Mads Mikkelsen als Tonny, ist Nicholas Winding Refn nicht nur ein würdiger zweiter Teil gelungen, sondern in vieler Hinsicht ein weitaus ausgefeilterer Film
9
von 10