Father and Sons Deux fils
© Nord-Ouest Films/Victor Moati

Father and Sons

Father and Sons Deux fils
„Father and Sons“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Im Haushalt Zuccarelli geht es gerade ein wenig drunter und drüber. Vater Joseph (Benoît Poelvoorde) hat es sich beispielsweise in den Kopf gesetzt, seinen sicheren Beruf als Mediziner an den Nagel zu hängen, um stattdessen Schriftsteller zu werden – ohne dabei sonderlich begabt zu sein. Sein älterer Sohn Joachim (Vincent Lacoste) hat gerade mächtig Liebeskummer, worunter sein Psychologiestudium leidet. Dessen jüngerer Bruder Ivan (Mathieu Capella) versteht die Welt sowieso nicht mehr, befindet er sich doch mitten in der Pubertät und beginnt gerade, sich selbst neu kennenzulernen. Wozu dann noch in die Schule gehen? Immerhin, der Zusammenhalt des Trios ist nach wie vor stark, auch wenn sich die drei manchmal gegenseitig kräftig gegen die Wand klatschen könnten …

Die liebe Familie, man kann nicht mit ihr, man kann nicht ohne sie. Kein Wunder also, dass sich so viele Komödien gern in diesem Umfeld aufhalten. Es reicht einfach, die einzelnen Mitglieder aufeinander loszulassen und sich die Köpfe einzurennen, um damit seinen Spaß zu haben und sich auch selbst ein bisschen darin wiederfinden zu können. Denn irgendwie sind ja alle Familien ein bisschen kaputt. Im Fall von Father and Sons ist es vielleicht sogar noch ein bisschen mehr als nur ein bisschen. Wobei die Konflikte untereinander gar nicht so sehr im Mittelpunkt stehen. Vielmehr erzählt der Film von drei männlichen Mitgliedern, die zeitgleich und doch aus losgelöst voneinander in eine Sinnkrise geraten.

Vorsicht, nicht totlachen!
Auch das kann natürlich lustig sein. Regisseur und Drehbuchautor Félix Moati, eigentlich als Schauspieler in Filmen wie Ein Becken voller Männer bekannt, mischt an dieser Stelle das Alltägliche mit dem Kuriosen. Wenn sich Papa Joseph zu Beginn des Films in einen Sarg quetscht, um dem konsternierten Verkäufer zu demonstrieren, dass das zu eng ist, darf man zumindest als unbeteiligter Zuschauer lachen. Anlässe dazu folgen später noch einige andere, die oft damit zusammenhängen, dass einer der drei sich völlig unpassend verhält, keinen Blick für die Situation hat oder sich anderweitig aufgrund akuter Überforderung lächerlich macht.

Wobei Moati das Trio grundsätzlich gar nicht der Lächerlichkeit preisgibt. Vielmehr begegnet er der Familie mit viel Verständnis und Wärme, zeigt drei normale Menschen, die in normalen Sinnkrisen stecken. Während die Midlife-Crisis des Vaters und die Pubertät des Jüngsten in Filmen gerne behandelte Standardkrisen sind, ist Joachim dazwischen in erster Linie durch seine amourösen Probleme blockiert – was in so ziemlich jedem Alter vorkommen kann. Aus diesem Grund hat der Beitrag von den Französischen Filmtagen Tübingen-Stuttgart 2019 auch eine schön universelle Note, erzählt eine Geschichte, wie wir sie alle kennen, nur ein bisschen skurriler.

Ein zurückhaltender Spaß
Father and Sons richtet sich daher weniger an ein Publikum, das den typisch französischen Wohlfühlcharme erhofft. Der Film ist aber auch frei von überzogenen Albernheiten, wie sie in Komödien unserer Nachbarn manchmal vorkommen. Tatsächlich wird manch einer sicher sogar der Ansicht sein, dass es hierbei gar nicht um eine Komödie handelt, so zurückgenommen ist der Humor. Es gibt auch keine klare Richtung, an der man sich festhalten könnte, Moati beschreibt lieber eine Situation, in der Entwicklung eher schwierig ist. Leider war dem Titel in der Heimat ein größerer Erfolg dann auch nicht vergönnt. In Deutschland kam er bislang erst gar nicht heraus, die Auftritte beschränken sich auf ein paar Festivalteilnahmen.

Doch wer die Chance hat, ihn dort zu sehen, sollte diese ergreifen, eine Vorliebe für kleine Alltagsgeschichten vorausgesetzt. Spektakulär mag Father and Sons nicht sein, sympathisch ist der Film dafür schon. Und er ist fabelhaft besetzt. Benoît Poelvoorde (Mann beißt Hund) macht Spaß als etwas kauziger Vater, der noch einmal herausfinden möchte, wer er ist. Vincent Lacoste zeigte kürzlich schon in Mein Leben mit Amanda, dass er eine Idealbesetzung für Rollen ist, die schon fast, aber noch nicht ganz erwachsen sind. Mathieu Capella fügt sich da sehr schön ein, und das nicht nur, weil er Lacoste mit seiner Wuschelfrisur so ähnlich sieht. Vielmehr ist es eine Wonne, die drei zusammen zu sehen. Drei Figuren, die sich gegenseitig in den Wahnsinn treiben, dabei aber aufrichtig lieben und die anderen auch brauchen, um irgendwie komplett zu sein – selbst wenn sie gar nicht mehr wissen, wer sie selbst sind.



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„Father and Sons“ stellt uns einen Vater und dessen zwei Söhne vor, die allesamt gerade nicht wissen, wer sie sind und wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Das ist alles sehr alltäglich, wenn auch skurril gefärbt und allein schon wegen des wunderbar harmonisch zusammenspielenden Trios ein komisch-warmherziger Einblick in eine Chaos-Familie.
8
von 10