Sugar Hill
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Sugar Hill

Sugar Hill
„Sugar Hill“ // Deutschland-Start: 10. Oktober 2019 (Blu-ray)

Schon seit langer Zeit kontrollieren Romello Skuggs (Wesley Snipes) und sein älterer Bruder Raynathan (Michael Wright) die Unterwelt Harlems, insbesondere den Drogenhandel. Von der italienischen Mafia geduldet, haben die Brüder über die Jahre einen beträchtlichen Wohlstand angehäuft, jedoch ist Romello in letzter Zeit alles andere als glücklich oder zufrieden. Nicht nur das Auftauchen eines neuen Drogenhändlers, dem ehemaligen Boxchampion Lolly Jonas (Ernie Hudson) macht seinen Geschäften zu schaffen, auch generell hat er immer weniger Lust, sein Leben als Verbrecher zu leben. Wenn er bisweilen seinen drogensüchtigen Vater (Clarence Williams III.) besuchen geht, wird es immer wieder daran erinnert, dass Drogen nicht nur Geld bedeuten, sondern auch sehr viel Zerstörung in seiner Familie angerichtet haben. Als dann die schöne Melissa (Theresa Randle) in sein Leben tritt, sieht sie in ihm mehr als nur den Drogendealer, den alle sehen und Romellos Plan, aus dem Geschäft auszusteigen nimmt Formen an. Wäre da nur nicht der Konflikt mit Jonas …

Bilder des Alltags in Harlem
Wie bereits die Filme New Jack City (1991) und Above the Rim (1994) basiert auch Sugar Hill auf einer Vorlage des Schriftstellers und Regisseurs Barry Michael Cooper, der mit zehn zusammen mit seiner Familie nach Harlem zog. Neben der Kultur, der Musik und dem Sport verfolgte Copper nicht zuletzt das Verbrechen in seinem Viertel, allen voran den Drogenhandel, der viele Opfer forderte. Als Cooper später für The Village Voice schrieb, konzentrierte er sich vor allem auf die Ereignisse in seinem Viertel, schrieb Reportagen über das Verbrechen und die menschlichen Dramen, die sich in Harlem abspielten.

So kann man einen Film wie Sugar Hill in zweifacher Weise verstehen: als eine Art Milieustudie oder ein Gangsterdrama. Bereits die Titelsequenz von Leon Ichasos Film gibt einen kurzen, aber einprägsamen Rückblick auf die bewegte Geschichte des Viertels, zeigt Bilder von Märschen zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung aber auch die zerschlagenen Schaufenster nach der Ermordung Martin Luther Kings. Auch das Harlem der frühen 90er Jahre wird bei dieser Bildcollage nicht vergessen, vor allem die über allem stehende Armut, die Reihen von Apartmentblocks sowie die Omnipräsenz von Crack und Heroin.

Innerhalb der Handlung des Films wird Harlem als ein Ort gezeigt, der sich zwischen zwei Extremen bewegt. Während das Elend der Straße immer wieder bemerkbar gemacht wird, vor allem durch den Auftritt von Romellos Vater, gibt es da noch die dunkle Welt der Nachtclubs und Hotels. Der Weg ins Verbrechen ist der naheliegendste, wenn es darum geht die Versprechen des amerikanischen Traums von Gleichheit, Freiheit und Glück einzulösen, zumindest aus materieller Sicht.

„Das ist nicht das, was ich wollte.“
Wesley Snipes als Romello Skuggs verkörpert einen Menschen, der sich in beiden Welten bewegt. Dieser Mann kann wie ein König über den Dächern Harlems thronen, fernab des Lebens, was sich auf der Straße abspielt, oder er kann seinen Vater mit Suppe füttern, in dem hoffnungslosen Unterfangen, dieser könne noch etwas anderes zu sich nehmen außer Heroin. Während er dazu fähig ist, einen Mann kaltblütig zu erschießen, liebt und respektiert er den Rhythmus und die Melodie eines Jazz-Albums genauso wie den Hip-Hop der Clubs. Da sich diese Antithesen schwer miteinander verbinden lassen, ein Leben in Normalität nicht möglich ist, kann für ihn nur ein radikaler Bruch die Lösung sein. Im Grunde genommen ist Romello ein Seelenverwandter eines Carlito, gespielt von Al Pacino, aus Brian de Palmas großartigem Carlito’s Way, ein Mann, der denkt, er könne den Lauf der Dinge kontrollieren, aber dadurch die Kontrolle mehr und mehr verliert.

Neben Wesley Snipes gehört die Aufmerksamkeit des Zuschauers aber vor allem Darstellern wie Michael Wright und Clarence Williams III. Beide spielen emotional gebrochene Männer, die ihre Schwäche und Schuld in anderen Dingen versuchen zu ersticken oder zu betäuben. Gerade Williams liefert mit seinem letzten Monolog im Film eine der wohl bewegendsten Szenen des Filmes. Negativ fallen hingegen das nicht das inkonsequente Ende sowie die deutlichen Längen des Skripts auf.



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„Sugar Hill“ ist ein Gangster-Drama über Schuld, Sühne und dem Traum von einem Ausbruch aus dem Verbrechen. Gut gespielt und mit viel Lokalkolorit inszeniert, hat „Sugar Hill“ durchaus einige Qualitäten, zu denen allerdings nicht das inkonsequente Ende sowie die deutlichen Längen des Skripts zählen.
6
von 10