Scary Stories to Tell in the Dark
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Scary Stories to Tell in the Dark

Scary Stories to Tell in the Dark
„Scary Stories to Tell in the Dark“ // Deutschland-Start: 31. Oktober 2019 (Kino)

Halloween 1968 in einer US-Kleinstadt: Eigentlich wollten Stella (Zoe Colletti), Auggie (Gabriel Rush) und Chuck (Austin Zajur) nur dem Bully Tommy (Austin Abrams) einen Streich spielen. Doch der ist nicht ganz dafür zu haben, mal selbst das Opfer zu sein. Und so verfolgt er die drei erst zu einem Autokino, wo sie die Bekanntschaft von Ramón (Michael Garza) machen. Später begegnen sie sich auch in einem verlassenen Haus wieder, das früher einmal einer reichen Familie gehört hat und in dem jetzt ein Geist umhergehen soll. Tatsächlich machen die Jugendlichen dort eine unheimliche Erfahrung. Doch das ist nichts im Vergleich zu dem Schrecken, als Stella ein seltsames Buch mitnimmt, das später ein Eigenleben entwickelt …

In den letzten Jahren hat es einen echten Run auf unheimliche Filme und Serien gegeben, in denen Kinder die Protagonisten waren und die in der Vergangenheit spielen. Die bekanntesten Werke waren natürlich Stranger Things und Es, die neuzeitlichen Schrecken mit viel 80er-Jahre-Nostalgie verbanden. Dazu kommen Geheimtipps wie Boys in the Trees oder Super Dark Times, in denen wir – ebenfalls mit jungen Figuren – in die 90er zurückkehren. Ein wenig ebbt diese Welle inzwischen zwar schon wieder ab, was aber nicht den einen oder anderen Filmemacher davon abhält, es noch einmal zu versuchen.

Zurück in die Vergangenheit
Scary Stories to Tell in the Dark ist in der Hinsicht gleich eine doppelte Zeitreise. Zum einen ist der Film in den späten 60ern angesiedelt, zu einer Zeit, als es tatsächlich noch Autokinos gab und Recherchen in der Bibliothek stattfanden, anstatt auf dem Handy in die Google-Suchmaske etwas hineinzuhauen. Und auch die Vorlage ist etwas älter, genauer aus den 80ern und 90ern: In seinen gleichnamigen Büchern versammelte Alvin Schwartz seinerzeit zahlreiche Gruselgeschichten, die viel auf Mythen und Folklore basierten und sich an ein jüngeres Publikum richteten. Typische Geschichten, wie man sie sich an einem Lagerfeuer erzählen konnte.

Zum Teil ist dieses Erbe auch in der Filmversion noch zu spüren. Zumindest hat Scary Stories to Tell in the Dark immer etwas wohlig Altmodisches an sich, mit den kurzen, oft etwas bizarren Schauergeschichten. Allerdings wurden diese in einen größeren Zusammenhang gestellt, indem das Drehbuchteam Dan Hageman und Kevin Hageman eine Rahmengeschichte drumherum schrieb – eben die um das gefundene Horrorbuch. Das funktioniert einigermaßen, selbst wenn dabei schon jede Menge Klischees bedient werden und noch dazu eine Reihe von Fragen offen bleiben. Allzu viel nachdenken sollte man darüber nicht, wie so oft bei diesem Genre ist der Inhalt oftmals nur zweckmäßig. Hauptsache, man bekommt gut Angst.

Mehr interessant als spannend
Das wird, wie bei den Büchern auch, bei einem jüngeren Publikum häufiger der Fall sein als bei Erwachsenen. Regisseur André Øvredal (The Autopsy of Jane Doe) gelang ein zwar stimmiges 60er-Jahre Setting und eine kontinuierlich unheimliche Atmosphäre. So richtig spannend ist der Film jedoch nicht. Dafür sind die einzelnen Stationen dann doch zu vorhersehbar, trotz der grotesken „Monster“. Dafür wird auch nicht genug getan, um die Figuren zu vertiefen. Stella kommt noch am ehesten einem Charakter gleich mit ihrem Traum, selbst Horrorgeschichten zu schreiben. Tommy ist wenigstens mit dem Label „Bully“ versehen. Der Rest der Clique ist aber so farblos, dass weder von ihnen als Menschen, noch von ihren sich manifestierenden Ängsten richtig viel zurück bleibt.

Interessanter ist dafür ein anderer Aspekt, der sich um den Hintergrund des Buches dreht. Auch wenn das eigentliche Schicksal dahinter erneut nur dem Genrestandard entspricht, so hat der Abschlussfilm vom Fantasy Filmfest 2019 doch einiges zu sagen darüber, wie wir durch die Geschichten anderer zu dem werden, der wir sind. Selbst wenn wir es nicht sind. Gerade in Zeiten von Fake News, in der Erzählungen zur Realität werden, wenn man nur beharrlich auf diesen besteht, ist Scary Stories to Tell in the Dark bei all den Retro-Anleihen ein erstaunlich aktueller Film. Wenn sich am Ende alle von diesem Fluch der Fremdbestimmung befreien, dann ist das mal mehr als nur der Kampf gegen irgendwelche Dämonen. Es ist auch der Kampf darum, wer die Deutungshoheit über uns selbst hat.



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„Scary Stories to Tell in the Dark“ kombiniert einige der bekannten Schauergeschichten der zugrundeliegenden Bücher und packt diese in eine durchgehende Rahmenhandlung. Das funktioniert, erzeugt auch eine schön unheimliche 60er Jahre Stimmung, bleibt aber doch zu sehr an Klischees und macht zu wenig mit den Figuren. Dafür ist der eher für ein jüngeres Publikum gedachte Horrorfilm ein schöner Beitrag dazu, wie Erzählungen die Welt bestimmen.
6
von 10