Love After Love
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Love After Love (2017)

Love After Love
„Love After Love“ // Deutschland-Start: 1. August 2019 (Kino)

Angekündigt hatte es sich schon länger, schließlich litt er an Krebs. Und doch, so richtig vorbereitet war niemand auf den Tod von Glenn (Gareth Williams). Seine Frau Suzanne (Andie MacDowell) beginnt nach einer Weile, sich wieder mit anderen Männern zu treffen, was ihrem älteren Sohn Nicholas (Chris O’Dowd) so gar nicht gefällt. Dabei ist er selbst gerade kein Kind von Traurigkeit und hat nach seinem eigenen Beziehungsende gleich wieder eine neue Affäre. Sein jüngerer Bruder Chris (James Adomian) versucht hingegen, mit Stand-up-Comedy seine Gefühle zu verarbeiten, die Erfolge halten sich jedoch in Grenzen.

Love After Love ist ein Film, der dem Publikum – je nach Sichtweise – zu viel und gleichzeitig zu wenig zumutet. Denn Russell Harbaugh, der hier Regie führte und das Drehbuch mitschrieb, verzichtet darauf, den Menschen vor der Leinwand allzu viel erklären zu wollen. Mit einem schönen Picknick beginnt sein Spielfilmdebüt als Regisseur. Man sitzt zusammen, hat Spaß, liest sich etwas vor, genießt das Essen, während dabei beschwingte Musik zu hören ist. Wer die Leute im einzelnen sind, das wird nicht so genau erklärt, vergleichbar zu anderen Familiengeschichten wie etwa Familientreffen mit Hindernissen werden wir mitten ins Geschehen geworfen, so als wären wir schon immer ein Teil davon gewesen.

Der Tod kommt überraschend
Umso abrupter und schockierender der Übergang, wenn Glenn kurze Zeit später im Bett liegt, schwer und laut atmet, während die anderen drumherum stehen. Wie viel Zeit seither vergangen ist, das verrät Harbaugh nicht. Erst nach und nach dämmert den Zuschauern und Zuschauerinnen, dass der alte Mann wohl schon beim Einstieg schwer krank war. Und auch die Zusammengehörigkeit der einzelnen Figuren beginnt Kontur anzunehmen. Nach diesem Prinzip läuft der gesamte Film: Love After Love arbeitet sehr viel mit Auslassung und überlässt es anderen, die Zwischenschritte mit eigenen Schlussfolgerungen und Gefühlen zu füllen.

So viel Maß an Eigenverantwortung gefällt natürlich nicht jedem. Während Love After Love, das auf dem Tribeca Film Festival 2017 Premiere hatte, sehr wohlwollend von den Kritikern aufgenommen wurde, sind die Userwertungen auf imdb deutlich darunter angesiedelt. Von einem Crowdpleaser ist der Film weit entfernt, auch wenn er zwischenzeitlich versöhnlichere Töne anschlägt. Er verweigert sich aber gleichermaßen einer tränenreichen Befreiung. Gerade weil sich hier vieles im Inneren abspielt oder fern der Kameras, wird es eher weniger Kinobesucher*innen geben, die sich zum Griff nach den Taschentüchern genötigt fühlen.

Wohin mit den Gefühlen?
Das soll wiederum nicht bedeuten, dass Love After Love frei von Höhepunkten ist und nicht doch auch mal an die Nieren geht. Die rohen Gefühle der Familie, die sich ihren Weg bahnen und nach einem Ventil suchen, die lassen einen an der einen oder anderen Stelle schon mal etwas erschüttern. Stark ist auch eine Szene, wenn Suzanne eine neue Liebe in ihr altes Leben integrieren muss. Unsicherheit auf der einen Seite, Wut auf der anderen, darunter der Schmerz begraben, der sich offensichtlich über längere Zeit angesammelt hat. Schließlich gab es die Familie schon vor dem Tod des Vaters. Und so wie der Film nicht alles ausformuliert, so hadern auch die einzelnen Mitglieder mit den richtigen Worten.

Zum Ende hin verlässt Harbaugh dann aber doch ein wenig der Mut zur Lücke, wenn manches direkter angesprochen wird, als man es zu dem Zeitpunkt noch erwarten konnte. Aber das bleibt eine Ausnahme in einem Film, der selbst eine Ausnahme in dem Bereich Drama ist. Love After Love zeigt schön auf, wie schwierig so eine Familiendynamik sein kann, welche Auswirkungen der Wegfall eines Familienmitglieds haben kann, aber auch – und das ist das Erschreckende – wie unbeirrt das Leben weitergeht. Denn da gibt es immer einen Tag nach dem heute, eine Liebe nach der Liebe.

OT: „Love After Love“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Russell Harbaugh
Drehbuch: Russell Harbaugh, Eric Mendelsohn
Musik: David Shire
Kamera: Chris Teague
Besetzung: Chris O’Dowd, Andie MacDowell, James Adomian, Gareth Williams



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Love After Love (2017)
Fazit
In „Love After Love“ muss sich eine Familie nach dem Tod des Vaters noch einmal komplett neu orientieren und hat dabei ihre liebe Not. Das Drama fällt durch seinen Mut zur Lücke auf, wenn vieles nicht direkt angesprochen wird und die Gefühle oft spürbar unter der Oberfläche brodeln.
7
von 10