Back to Maracana
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Back To Maracana
„Back To Maracanã“ // Deutschland-Start: 18. Juli 2019 (Kino)

Der 40-jährige Roberto (Asaf Goldstein) hat gerade kein besonders großes Glück im Leben. Beruflich ist er gescheitert und muss wieder bei seinem Vater Samuel (Antônio Petrin) einziehen. Seine Beziehung ist ohnehin schon lange vorbei, seine Ex-Frau hat längst einen neuen. Selbst die Beziehung zu seinem Sohn Itay (Rom Barnea) könnte besser sein. Zu sagen haben sich die beiden praktisch nichts, zumal der Junge im Gegensatz zu seinem Vater und Großvater nichts mit Fußball anfangen kann. Dennoch reisen die drei aus Tel Aviv nach Brasilien, um beim Finale der Weltmeisterschaft dabei zu sein – der große Wunsch des todkranken Samuel.

Fußball kann Leute zusammenbringen, die sonst im Leben nicht miteinander sprechen würden. Die Erfahrung machen wir spätestens, wenn eines der großen internationalen Turniere ansteht – sei es EM oder WM – und alle ein bisschen näher zusammenrücken, bei Grillgut und Bier, vielleicht auch auf öffentlichen Plätzen „unsere“ Jungs anfeuern. Dann dürfen selbst die Deutschen mal ein bisschen Nationalstolz zeigen. Back To Maracanã greift auf diese verbindende Mittel zurück, wenn auch etwas anders, als man vielleicht erwarten könnte. Dafür sind die Beziehungen zwischen den Figuren einfach zu verworren.

Und jetzt alle zusammen!
Dass eine israelische Familie nach Brasilien fährt, um sich dort die Spiele anzuschauen, ist erst einmal ein ungewohntes Szenario. Warum dann nicht gleich eine brasilianische Familie nehmen? Die Erklärung liegt in der eigenen Biografie von Jorge Gurvich verborgen: Der Regisseur und Co-Autor stammt selbst aus Argentinien, wanderte später nach Israel aus und ist riesiger Fußballfan. Tatsächlich war ein Vorfall in seiner Familie Anlass, um die Geschichte der Auswanderer und Fußballnarren zu erzählen. Dass er aus seinen Protagonisten Brasilianer machte, eigentlich erbitterte Konkurrenten der Argentinier, ist angesichts der WM in Brasilien schlüssig. Es ist vor allem auch ein versöhnliches Zeichen in einem Film, der viel von Versöhnung spricht.

Natürlich ist Fußball der Anlass, dass die drei die weite Reise antreten. Natürlich ist Fußball auch die große Leidenschaft der Familie – vom Jüngsten einmal abgesehen. Und doch ist Fußball nicht alles, nicht einmal für den vernarrten Samuel. Wenn er im Laufe der 90 Minuten erkennen muss, dass es doch noch etwas Wichtigeres gibt, dann mag das nicht die Offenbarung sein. Es wird vielleicht auch den einen oder anderen im Publikum irritieren, dass sich ein Fußballfilm so von seinem Thema abwendet. Aber irgendwie ist es doch ganz schön, etwas fürs Herz.

Es gibt Wichtigeres im Leben
Von dem Fußballteil sollte man dann auch nicht allzu viel erwarten. Darüber gesprochen wird zwar viel, es laufen auch eine Menge Leute durch die Gegend, die stolz die passenden T-Shirts tragen. Eigentlich ist Back To Maracanã aber ein Film über eine Familie, in der irgendwie alles im Argen liegt. Die Alten haben Geheimnisse, die sie nicht teilen, die Jungen interessieren sich für niemanden. Gesprochen wird ohnehin nicht miteinander, von Lob ganz zu schweigen. Wenn die Figuren es nicht ständig erwähnen würden, man käme gar nicht auf die Idee, dass sie miteinander verwandt sind. Dafür haben sie das alles zu sehr schleifen lassen, sich nicht genug um alles gekümmert.

Am Ende appelliert Gurvich genau dafür: Legt mal das Handy beiseite, schaltet den Fernseher aus, selbst wenn da gerade ein wichtiges Spiel läuft, und kümmert euch um die, die direkt um euch herum sind. Das ist alles nicht originell, eher harmlos, ein bisschen ergibt sich Back To Maracanã auch der wohlmeinenden Beliebigkeit. Wer aber dafür empfänglich ist, findet hier nette Bestätigung, umrahmt von netten Bildern Brasiliens. Ein Film, der sicherlich nicht den Nervenkitzel eines Endspiels hervorruft oder in einer anderen Form mitreißend ist, dafür aber gut tut und für den Sommer passende leichte Unterhaltung bereithält. Die ein bisschen zum Nachdenken anregt, auch was den Umgang mit der Vergangenheit angeht, und anschließend zu Bier und Grillen einlädt, selbst wenn gerade keine Fußball-WM ansteht.



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In „Back To Maracanã“ wird die Fußball-WM in Brasilien zum Aufhänger, damit drei Generationen einer Familie auf Reise gehen und zueinander finden. Das ist alles nicht originell und lässt das Fußball-Thema schnell fallen, bietet aber doch ein bisschen was fürs Herz und ermuntert dazu, auch die eigene Familie nicht zu vergessen.
6
von 10