Whitney
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Whitney

Whitney
„Whitney“ // Deutschland-Start: 8. Februar 2019 (DVD)

Es ist ein altbekanntes Märchen – eine junge, wunderschöne Frau entdeckt ihr unbeschreibliches Talent und geht ihren Weg steil nach oben bis an die Spitze von Ruhm und Erfolg, bis sie sich aus der gefährlichen Spirale aus Geld und Drogen nicht mehr retten kann und sich im freien Fall in Richtung Abgrund wiederfindet. So auch bei Whitney, das aus dem bewegten Leben von Sängerin Whitney Houston erzählt, von ihrer Geburt bis zu ihrem tragischen Tod. Doch Whitney kratzt nicht nur an der Oberfläche, sondern wühlt sich durch all die öffentlich bekannten Fakten hindurch bis zu den wahren Hintergründen und Umständen, die Whitney Houstons Geschichte haben entstehen lassen.

Whitney versus Nippy
Regisseur Kevin Macdonald porträtiert in seiner Dokumentation zwei Charaktere in einer Person – zum einen die uns allen bekannte Whitney, eine Person des Show Business, ein selbstbewusster Superstar. Zum anderen die von ihren Liebsten genannte „Nippy“, eine verletzliche Frau voller Dämonen und traumatisiert von sexuellem Missbrauch. Private Archivaufnahmen zeigen eine brillante Sängerin, die ihre Bestimmung auf der Bühne fand und ansonsten nicht viel brauchte, außer ihre Familie. Diese lebensfrohe, liebevolle und witzige junge Frau zu sehen und dabei genau zu wissen, wie tragisch ihr weiteres Leben verlief, versetzt einem einen leichten Stich ins Herz. Insbesondere ab dem Zeitpunkt, an dem Whitney ihre große Liebe in Rapper Bobby Brown findet, müssen wir hilflos dabei zusehen, wie sie dem Teufelskreis verfällt.

Ein intimes Porträt des Superstars
Neben dem privaten Videomaterial nutzt Macdonald auch Archivaufnahmen von den politischen Ereignissen und Gegebenheiten, die zu der jeweiligen Zeit die Welt bewegten, um Whitneys Karriereverlauf zeitlich einzuordnen. Darüber hinaus erzählen Whitneys Freunde und Familienmitglieder von ihren Erinnerungen; sie sitzen frontal vor der Kamera und blicken dem Zuschauer quasi direkt in die Augen. Dadurch entsteht ein sehr intimes Bild der unnahbaren Sängerin. Wir tauchen mehr ein in die Details und lernen die Menschen kennen, die Einfluss auf sie hatten, in positivem und auch negativem Sinne. Neben Whitneys Mutter Cissy Houston, ehemalige Backgroundsängerin von Aretha Franklin, ihren Brüdern, die ihr die Welt der Suchtmittel eröffneten, spricht unter vielen anderen auch Ex-Mann Bobby Brown in die Kamera. Was hat er wohl zu sagen zu all den Missbrauchsvorwürfen, Drogeneskapaden, zu Tochter Bobbi Kristinas Geschichte, die nicht hätte tragischer enden können?

„Drogen hatten nichts mit Whitneys Leben zu tun“, ins Deutsche übersetzt, ist sein einziges Statement dazu. Über Drogen werde er nicht reden – die Off-Stimme des Interviewpartners merkt daraufhin hörbar perplex an, dass die letzten Jahre ihres Lebens und ihr Tod somit also nicht besprochen werden können, worauf Brown antwortet, Whitney sei nicht an Drogenmissbrauch gestorben – worauf der Regisseur wiederum subtil mit einer langen Atempause reagiert.

Whitneys Image wird aufpoliert
Denkt man an Whitney Houston, kommt einem neben der legendären Stimme direkt die Erinnerung an Drogenkonsum und das weltbekannte Interview mit Diane Sawyer in den Sinn. Whitney wurde konfrontiert mit Fotos von sich selbst, nur noch Haut und Knochen, und wurde direkt gefragt, ob ihre Gewichtsabnahme an Alkohol oder Drogen läge. In diesem Moment gab sie zu, zu konsumieren. „Crack is wack!“ rief sie – ein Versuch, nicht als Crack-Junkie dazustehen. Denn wer so viel Geld hat, nimmt nur den guten Stoff. Von diesem Moment an bröckelte Whitneys Ruf und die Fassade fiel langsam in sich zusammen. Wir sehen ein Konzertvideo eines Fans, aufgedunsen und mit einer von Drogen zerstörten Stimme krächzt sie vor sich hin und brachte einige Fans dazu, den Saal zu verlassen. Eine Szene aus einer Comic-Serie zieht das Ganze dann endgültig ins Lächerliche, bis MacDonald den Spieß rumdreht und verdeutlicht, dass dieser Teufelskreis, in dem sie steckte, weiß Gott nicht zum Lachen ist.

Diese talentierte Entertainerin darf nicht als lächerliches Drogenwrack in unseren Erinnerungen bleiben, immerhin hält sie noch immer den Rekord von sieben aufeinanderfolgenden Nummer 1 Hits und hat alle mit einer unvergleichlichen Stimme verzaubert. Macdonald lüftet einige Geheimnisse, die davor völlig unbekannt waren und die zu dieser zerbrechlichen Seele beigetragen haben. Mit dem Wissen bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Whitney Houston ist eine Legende, eines der größten musikalischen Talente aller Zeiten. Sie hat einige falsche Entscheidungen im Leben getroffen, doch wurde sie auch von den engsten Vertrauten betrogen. Die Menschen, die sie hätten beschützen müssen, konnten nicht widerstehen, sie auszubeuten und zu missbrauchen. Whitney räumt mit einem negativ behafteten Image auf und stellt den Ruf der brillanten magischen Stimme wieder her.



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Wir wissen alle, wie Whitneys Story zu Ende ging - diese Dokumentation zeigt genau, wie es dazu kommen konnte und gibt vielen Beteiligten eine Stimme, sich dazu zu äussern. Sehr interessant, aufklärend, musikalisch und tragisch.