Luna

Luna (II)

LunaBei der Geburtstagsparty für Lunas (Laëtitia Clément) Freund Ruben (Julien Bodet), in einem alleinstehendem Gebäude, trifft die sichtlich angetrunkene Freundesgruppe auf Alex (Rod Paradot), der gerade dabei ist, die Wände mit Graffiti vollzusprühen. Nach einem kurzen Wortgefecht kommt es zum Übergriff. Einige der Jungs halten ihn fest, während ihn Ruben sexuell erniedrigt. Auch Luna sieht zu, hilft sogar, ihm die Hose herunterzuziehen. Alles geht sehr schnell und dann machen sich die Halbstarken aus dem Staub, als wäre nichts gewesen. Wenige Tage später heuert Alex bei Lunas Arbeit auf der Farm an. Sie wird misstrauisch, befürchtet das Schlimmste und sagt ihren Freunden, unter anderem Ruben, sofort Bescheid. Alex scheint sich jedoch nicht an sie erinnern zu können, was womöglich an ihrer neuen Frisur liegt, und so spielt sie die schöne Bekanntschaft, die ihm erklärt, wie man das Gemüse richtig erntet und irgendwie süß ist. Die beiden kommen sich näher, aber Ruben will die Angelegenheit bereits auf seine Weise lösen. Kann das gut gehen?

Überfliegt man die Beschreibung des Films, könnte man mit einem Mix aus Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast und den Flirtabenteuern aus der guten alten BRAVO rechnen. Nicht ganz so düster und bei weitem nicht so stupide schlägt das Filmdebüt der französischen Regisseurin Elsa Diringer einen eher realistischen Ansatz an. Luna ist dem chauvinistischen Ruben mit Haut und Haaren verfallen, der sie nicht einmal zur Abtreibung des gemeinsamen Kindes begleitet, bzw. irgendeine Ausrede findet, nur um wenig später wieder bei ihr aufzuschlagen. Von Sex kann nach der Abtreibung am selben Tag keine Rede sein, weswegen sie ihm wenigstens einen Blowjob geben soll – ein echter Charmeur. Vor seinen Kumpels mimt er den großen Macker, flirtet sogar vor Lunas Augen mit anderen Mädchen und um den kleinen Welpen, den sie ihm zum Geburtstag geschenkt hat, will er sich schon gar nicht kümmern. Aber kämpfen soll der Kleine später können, zubeißen und eben ein echter Killer sein. Das kommt bei seiner Clique super an. Luna sucht derweil Rat bei ihrer besten Freundin Chloé (Lyna Khoudri), die ganze Wahrheit mag sie ihr aber nicht erzählen. So findet sie sich gefangen in einem selbstgewobenem Netz aus Unsicherheit und Lügen, bis sie sich auf Alex einlässt.

Der wirkt zwar etwas eigenbrötlerisch, wagt aber dennoch den ersten Schritt und schlägt Luna vor, sie nach der Arbeit nach Hause zu bringen. Trotz starker Zweifel willigt sie am Ende ein und die Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Er ist einfühlsam, witzig, zuvorkommend. Für ihn ist sie die Nr. 1. Sie kann sich hingegen nicht vollständig auf die Beziehung einlassen und schon gar nicht mit ihm in der Öffentlichkeit gesehen werden. Sie meidet Chloé, gibt sogar Ruben mit ihrer neu gewonnenen Wertschätzung den Korb, nur um am Ende vor der selben Wahrheit zu stehen, die sie immer wieder an den einen Abend zurückdenken lässt. Alex scheint das traumatische Erlebnis nicht viel auszumachen, so scheint es. Eines Tages trifft er auf einen der Jungen, der ebenfalls mithalf und gerät in einen regelrechten Blutrausch, bis ihn Luna samt Verstärkung von dem am Boden liegenden Jungen losreißen können. Das offenbare Finale ist unausweichlich und wäre die auf einer Lüge aufgebaute Liebe nicht schon genug, darf der eigentliche Übeltäter, Ruben, selbstverständlich nicht fehlen. Wie wird Alex reagieren? Kann er ihr verzeihen? Wie wird das Aufeinandertreffen von ihm und Ruben verlaufen? Und woher hat er plötzlich die Waffe? Das und mehr erfahrt ihr nächstes Mal bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten … oder so ähnlich.

Alles beim alten
Die Atmosphäre ist überraschend stickig, die Thematik von sexueller Machtstellung ergreifend nah und die Szenerie erfrischend dreckig. Trotzdem kann sich Luna nicht von Genre gleichen Bewerbern absetzen, ohne ständig Parallelen zu suchen. Vor allem das Drehbuch und der damit verbundene Handlungsfaden sind spätestens nach den ersten zehn Minuten jedem bekannt und so erwartet man das aufschlussreiche Ende, welches achtzig Minuten später genau das bestätigt, was man so oder so ähnlich bereits erahnt hatte. Es ist und bleibt nur eine nette Liebesgeschichte, vom bösen Ex und dem guten Jüngling, gepaart mit einer Lüge, die die Beziehung am Ende auf die Probe stellen wird. Ein Coming of Age Beispiel, wie es das Lehrbuch heutzutage zu tausenden bereits ausgespuckt hat. Kann man mögen, muss man aber nicht und so reiht sich das verheißungsvolle Grundgerüst einer französischen Teenietragödie in ein Meer aus „gesehen und vergessen“ Filme der gleichen Machart ein. C’est dommage!



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Der Titelverteidiger „Schon zu oft gesehen“ trifft auf den Underdog „Na das sieht ja mal interessant aus“ und am Ende gewinnt, wie so oft, der haushohe Favorit. Stehen die Weichen zunächst noch auf ein Teeniedrama, welches nicht davor zurückscheut, härtere Themen wie Missbrauch und Abtreibung anzusprechen, werden dem Ganzen schnell die Ketten angelegt, bevor man sich im bekannten Larifari der Filmkultur verliert. Ein Filmdebüt mit Knurren, aber ohne Biss.
5
von 10