Drei Gesichter
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Drei Gesichter

Drei Gesichter
„Drei Gesichter“ // Deutschland-Start: 26. Dezember 2018 (Kino) // 31. Mai 2019 (DVD)

Es ist ein schockierendes Video, das der Regisseur Jafar Panahi (Jafar Panahi) da eines Tages erhält und das er an die Schauspielerin Behnaz Jafari (Behnaz Jafari) weitergeben soll. Darauf zu sehen ist eine junge Teenagerin namens Marziyeh (Marziyeh Rezaie), die sich nichts sehnlicher wünscht, als an eine Schauspielschule zu gehen. Die Familie der Iranerin will davon jedoch nichts wissen und verbietet ihr, diesem Traum nachzujagen. Da alle Überzeugungsversuche gescheitert sind, auch ihre vorherigen Appelle an Jafari, ihr zu helfen, sieht sie nun keinen anderen Ausweg mehr: Sie hat sich entschlossen, sich das Leben zu nehmen. Doch ist die Erhängung, die auf dem Video zu sehen ist, auch wirklich real? Gemeinsam machen sich Panahi und Jafari auf den Weg, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Seit acht Jahren steht der iranische Regisseur Jafar Panahi aufgrund seiner regimekritischen Filme inzwischen unter einem Berufsverbot, auch das Land darf er nicht verlassen. Das hindert ihn aber nicht daran, weiterhin fleißig Filme zu drehen, die anschließend ins Ausland geschmuggelt werden, wo sie sich gerade auf Festivals großer Beliebtheit erfreuen. Nachdem 2015 Taxi Teheran auf der Berlinale debütierte und dort auch den Goldenen Bären erhielt, stand bei Drei Gesichter eine Premiere bei den Filmfestspielen von Cannes 2018 auf dem Programm und lief dort auch im offiziellen Wettbewerb.

Eine Fahrt, viele Geschichten
Wer den vorangegangenen Film von Panahi gesehen hat, der weiß dann auch schon ziemlich genau, was einen hier erwartet. Denn noch immer nutzt der Regisseur und Co-Autor ein Szenario, das es ihm erlaubt, durch die Gegend zu fahren und dabei die unterschiedlichsten Leute und deren Geschichte kennenzulernen. Beim letzten Mal war es eine Taxifahrt, die den inkognito arbeitenden Filmemacher die Möglichkeit gab, alle paar Minuten neue Figuren einzuführen. Dieses Mal gibt es mit dem Handyvideo zwar einen Aufhänger für eine durchgehende Geschichte. Aber auch Drei Gesichter ist letztendlich ein Episodenfilm ohne durchgehende Handlung, die Suche nach der verschwundenen Jugendlichen über weite Strecken ein klassischer MacGuffin.

Wobei das Thema Film natürlich schon immer mal wieder aufgegriffen wird, auch außerhalb der schauspielerischen Ambitionen der Jugendlichen. Wenn ein Regisseur und eine Schauspielerin gemeinsam durch die Gegend fahren – beide spielen sich hier selbst –, dann gibt es immer wieder Gelegenheiten, auch darüber mal zu sprechen. Und Panahi wäre nicht Panahi, wenn er dem Ganzen nicht mit einem Augenzwinkern begegnen würde. So manche Begegnung zeigt sich etwas enttäuscht, als klar wird, wer denn da unterwegs ist und weshalb. Denn in der iranischen Provinz haben sie ganz andere Sorgen und Bedürfnisse als Filme schauen.

Einblicke en route
Die Kunst des Filmemachers ist es, davon ausgehend jede Menge über sein Land zu verraten. Gerade auch das Verhältnis zwischen Männern und Frauen wird mit der Reise verknüpft, denn viel zu sagen haben die Frauen dort nicht. Obwohl sie es durchaus versuchen: An einigen Stellen zeigen die Bewohnerinnen, wie gewitzt sie eigentlich sind, wie aktiv, jedoch an der Sturheit der Männer scheitern. Die zeigen sich auch in anderer Hinsicht als überaus konservativ, wenn sie an Regeln festhalten, die irgendwie keinen Sinn ergeben – darunter ein wunderbar skurriles Hupkonzert. Überhaupt finden sich in den durchaus ernsten Ausführungen über das Land und die Leute immer wieder kleinere heitere Stellen, welche die vielen Herausforderungen und Probleme des Iran zwar nicht vergessen machen, ihnen aber mit Humor begegnen.



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Wenn in „Drei Gesichter“ eine verzweifelte Jugendliche wegen eines gescheiterten Schauspielwunsches ein Selbstmordvideo dreht, dann ist das der Auftakt für eine Reise durch den provinziellen heutigen Iran. Den insgesamt ernsten Themen beispielsweise dem Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau begegnet dieser lose Roadtrip mit Humor, trauriger Alltag wird mit kleinen Absurditäten angereichert.
7
von 10