Compulsion

Compulsión

(OT: „Compulsión“, Regie: Ángel González, Spanien, 2017)

„Compulsion“ // Deutschland-Start: 24. Juli 2020 (DVD/Blu-ray)

Ihre Beziehung steckt in einer Krise. Eine junge Frau (Marina Esteve) verdächtigt ihren Mann (Paco Manzanedo), hinter ihrem Rücken eine Affäre zu führen. Nach anfänglichem Zögern entscheidet sie sich, ihm heimlich zu einem seiner vermeintlichen Geschäftstermine zu folgen und erwischt ihn bei einer unsittlichen Verabredung mit einer verführerisch gekleideten, jungen Frau (Susana Abaitua). Nachdem der erste Schock verdaut ist, bleibt sie den beiden auf den Fersen und folgt dem Auto ihres Mannes bis hin zu einem abgelegenen Grundstück in den Bergen. Dort geht sie ihrer ungestillten Neugier nach und springt über den Zaun. Vorsichtig erkundet sie das verlassene Anwesen, nur um bald das grausame Geheimnis ihres Liebsten zu entlüften.

Low-Budget-Hochspannung
Ganz im Stil von Tesis von Alejandro Amenábar, Großmeister des spanischen Kinos, setzt Jungregisseur Ángel González in seinem Debüt Compulsión auf klassische Thrill-Elemente: wenig Dialog, suggestive Bilder, lange Szenen, einen eindeutigen Erzählstrang ohne viel Klimbim sowie eine klare Konfrontation zwischen Gut und Böse, zwischen Mann und Frau. Mit diesen Mitteln erzeugt er einen kleinen, überaus spannenden Horrorthriller.

Die Atmosphäre ist von Anfang an zu spüren. Man fühlt sich unwohl. Es liegt etwas in der Luft. Das Geheimnis des Ehemanns wird dem Zuschauer bereits in der Eröffnungssequenz vor der eigentlichen Hauptstory vorgestellt. Je tiefer man in die Geschichte vordringt, desto größer wird das Gefühl der Bedrohung. Dadurch, dass man als Zuschauer genau weiß, was die argwöhnische Ehefrau auf dem verlassenen Grundstück erwartet, wird eine große Anspannung generiert. Die Musik, das beklemmende Setting in der Einsamkeit der spanischen Berge und die in die Länge gezogenen Szenen tragen außerdem dazu bei, dass man wortwörtlich auf der Stuhlkante sitzt und den kaltblütigen Ehemann hinter jeder Ecke erwartet. Ein paar unerwartete Jump Cuts lassen die beinahe unerträgliche Spannung explodieren.

Das darauf folgende Katz-Maus-Spiel ist packend inszeniert und mit rasanter Kameraarbeit verwirklicht. Die beiden Schauspielerinnen Marina Esteve und Susana Abaitua überzeugen in ihren Rollen und schaffen es, Verzweiflung genauso wie Kampfgeist glaubhaft zu vermitteln. Die Brutalität wird realistisch aus geschickten Winkeln dargestellt und das blutige Make-up überzeugt und erregt echten Ekel. Einzig und allein die Motivation hinter den Grausamkeiten des Ehemanns wird nie geklärt. Allerdings sollte das nicht als negativ bewertet werden, denn spätestens in der Abschlusssequenz erfährt man eine angedeutete Erklärung und bleibt als Zuschauer mit einem unguten und mulmigen Gefühl zurück. Wissenswert ist dabei, dass die Dreharbeiten in nur zehn Tagen abgeschlossen wurden. Das macht den Beitrag vom HARD:LINE Festival und den Regisseur, der aus dem geringen Budget und der kurzen Zeit wirklich alles herausgeholt hat, umso interessanter.

Schauspiel, Tempo, Nachvollziehbarkeit
Dennoch müssen ein paar Punkte abgezogen werden. Die beiden Damen des kleinen Casts beleben ihre Rollen mit Leidenschaft und Talent. Leider ist das Schauspiel des Bösewichts gerade in den Dialogen teilweise hölzern und überzogen. Die wenigen Male, die in Compulsión überhaupt gesprochen wird, fallen eher auf die ungenügende Seite des Spektrums. Glücklicherweise kann man Paco Manzanedo wegen seines schmierigen und zuwideren Aussehens trotzdem als grausamen Bösewicht akzeptieren und die rohe Brutalität der Figur macht die mangelnde Redekunst schnell wett.

Das Tempo und die künstlichen Längen könnten für manch einen problematisch werden. Wenn man dem Film nur halbherzig folgt, könnte man nach der Hälfte die Lust verlieren und würde damit das blutige Finale und das schöne Nachspiel verpassen. Ein paar Paukenschläge mehr hätten der Handlung im Mittelteil gut getan. Hinzu kommt, dass gerade gegen Ende die Motivation der Charaktere nicht mehr ganz nachvollziehbar ist. In der finalen Konfrontation wird die Handlung nicht so schön abgerundet, wie man es sich gewünscht hätte.



(Anzeige)

Ein kleiner, feiner Horrorthriller aus Spanien, der den gewillten Zuschauer garantiert begeistert wie verstört. Trotz kleiner Längen und dem einen oder anderen Mangel: Regisseur Ángel González sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.
7
von 10