Cold Ground

(OT: „Cold Ground“, Regie: Fabien Delage, Frankreich, 2017)

Immer wieder erreichen Meldungen von brutal ermordeten Tieren die weltweiten Nachrichten. Abgezogene Häute, ausgeweidete Körper und abgetrennte Köpfe sind nur der Beginn einer langen Liste an Gräueltaten, für die bislang kein Schuldiger gefunden wurde. Als an der französischen Grenze zur Schweiz ebenfalls Tiere verschwinden, machen sich Melissa (Gala Besson) und Daniel (Fabrice Pierre) prompt auf den Weg, um den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Mit der insgeheimen Hoffnung auf eine spektakuläre Geschichte, die ihre journalistische Laufbahn für immer prägen könnte. Vor Ort ist ein Teil der dort stationierten Wissenschaftler noch nicht von der letzten Expedition zurückgekehrt. Gemeinsam mit den verbliebenen Mitgliedern beginnt kurz darauf der Aufstieg und die Suche nach den Vermissten. Die ersten blutigen Funde lassen nicht lange auf sich warten und der Jäger scheint ganz in der Nähe – allerdings ist er nicht allein.

Kaum stirbt die Kuh des Nachbarn, kommen Wissenschaftler und Journalisten von nah und fern, um in den Eingeweiden nach Spuren auf einen neuartigen Killer zu suchen. Ein Virus, ein Tier oder vielleicht doch nur das Werk pubertärer Hobbysatanisten? Die Drehbücher der Found-Footage-Abteilung kennen seit langem keine kreativen Grenzen mehr. Selbst unschuldige Nutztiere fallen dem gar unersättlichen Genre zum Opfer, um die umstrittene Wackelkameraoptik dem übersättigten Clientele zum Fraß vorzuwerfen. Bei dem Fallbeispiel Cold Ground würden sich jedoch selbst die Schreiberlinge der Paranormal Activity Reihe die Haare zerraufen. Ist das noch Kunst oder kann das weg?

Zu früh gemosert
Zugegebenermaßen ist der eingangs erklärte Plot weitaus interessanter, als der gesunde Menschenverstand erwarten würde. Überall auf der Welt scheint es diese unaufgeklärten Tiermorde zu geben. Gerade die verbliebenen Wissenschaftler übermitteln ein gutes Bild des globalen Interesses an der Fallauflösung. Deutsche, Engländer, Amerikaner und Franzosen haben sich zusammengetan, um diesem Phänomen auf den Zahn zu fühlen, welches nicht erst seit gestern zu bestehen scheint. Seit Jahrzehnten soll jemand oder etwas auf der Welt sein Unwesen treiben. Ein Killer mit Nachahmern oder macht hier ein Mörder eine Weltreise der besonderen Art? Um so wichtiger ist es, immer schön mit der Kamera draufzuhalten. Der nächste Pulitzer Preis ist nur eine Kameraeinstellung weit entfernt.

Das kommt einem doch bekannt vor
Die Einführung macht Hunger auf mehr, aber kaum beginnt der Marsch durch das Winterwunderland, droht die frisch gewonnene Neugierde im kalten Schneesturm zu gefrieren. Was folgt, ist eine Wandertour à la The Blair Witch Project. Es wird gelaufen, bis die Nacht einbricht, dann gibt es Momente der Stille im Zelt, gefolgt von Geräuschen, die mit jeder Nacht zunehmen. Gespickt wird der bekannte Pegel-Horror mit gelegentlichen Funden. Vom gehäuteten Hasen bis zum verstümmelten Wissenschaftler gibt das Make-up-Team sein Bestes, um dem monotonen Anstieg einen Funken Bedrohlichkeit einzuhauchen. Dieser Versuch gipfelt in einem schlussendlichen Aufeinandertreffen mit den Jägern. Ein Mix aus Werwolf und tollwütigem Schneehasen, dem ein gewisser Retrocharme einhergeht, heutzutage aber nur müde belächelt werden dürfte.

Auf Eis gelegter Grusel
Allgemein versucht der Beitrag vom HARD:LINE Festival den Monsterklassiker von damals aufleben zu lassen. Zum Rudel radikaler Schneerammler gibt es deshalb den künstlichen Kamerafilter, der an die 70er Jahre erinnern soll sowie ein schickes Filmplakat. Letzteres stellt in diesem Trio noch die authentischste Liebeserklärung zum anvisierten Look dar, während der Rest enttäuscht. Es ist den Machern hochanzurechnen, dass sie den Film nach einer misslungenen Indiegogo-Kampagne trotzdem auf die Beine gestellt haben. Ein niedriges Budget und begrenzte Zeit entschuldigen das fertige Produkt leider nicht, welches nicht nur horrorfrei, sondern vor allem gähnend langweilig daher gestapft kommt.



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Der Film versucht seine eigenen Wege zu gehen, nur um am Ende auf die üblichen Trampelpfade zurückzukehren, die man in vielerlei Hinsicht schon besser und weitaus gruseliger gesehen hat. Ein aufgesetzter Retrolook rundet das Gesamtbild aus irrelevanter Handlung und langweiligem Schneegestöber ab.
4
von 10