Fishtales

(OT: „Fishtales“, Regie: Evan Tramel, USA, 2017)

FishtalesOh nein, Ollie ist weg! Schlimmer noch: Als Cleo und Puffer ihren Oktopus-Freund das letzte Mal gesehen haben, wurde der gerade von einer Gruppe Haien gejagt! Klar dass die beiden kleinen Fische nun voller Sorge sind, was aus ihrem Freund wohl geworden sein mag. Auf der Suche nach ihm durchstreifen die zwei den weiten Ozean und machen dabei die Bekanntschaft von Crash, einem mutigen und unbekümmerten Manta. Der verspricht, sie während ihrer Reise zu begleiten. Gemeinsam treffen sie eine Reihe sonderbarer Meeresbewohner und lernen dabei viel über ihre Umwelt.

Wie sehr erste Eindrücke doch trügen können! Das Cover von Fishtales lässt darauf schließen, dass hier mal wieder jemand kräftig vom fetten Kuchen von Findet Nemo bzw. der Fortsetzung Findet Dorie stibitzen will. Eine Gruppe von Meeresbewohnern, welche den Ozean durchqueren müssen auf der Suche nach einem verlorengegangenen Freund. Das sollte eindeutig sein. Nicht dass es undenkbar oder grundsätzlich verwerflich wäre, bei anderen zu klauen. Nach der traumatischen Erfahrung mit dem Unterwasserdesaster Izzies Weg nach Hause hält sich die Begeisterung über eine weitere Kopie dann aber doch in Grenzen.

Hässlichkeit kennt keine Grenzen … vor allem unter Wasser
Hinzu kommt: Die ersten Szenen lassen Übles ahnen. Richtig Übles. Das Meer selbst hat keine Objekte oder auch nur Details, die das ewige, leere Blau ausfüllen könnten. Bis auf die Figuren natürlich. Figuren, auf die man zugunsten von noch mehr Nichts jedoch gern verzichtet hätte. Denn die beweisen, dass es immer noch hässlicher geht. Man muss schon mehrfach auf die Rückseite der DVD schauen, um sich zu vergewissern, dass es sich bei Fishtales tatsächlich um eine aktuelle Produktion handelt und nicht um ein Abfallprodukt eines 20 Jahre alten Videospiels. Die Animationen sind spärlich bis nicht vorhanden, die Meeresbewohner nicht als durch die Gegend schwebende Klopse.

Doch kurze Zeit später wird es plötzlich realistisch. Fotorealistisch sogar. Kein Wunder, die Computergrafiken des Einstiegs wurden zugunsten von tatsächlichen Unterwasseraufnahmen verdrängt. Wobei, manchmal schwimmen die CGI-Klötze vor dem realen Hintergrund – was sie kein Stück schöner macht und nicht sonderlich miteinander harmoniert. Diese Kombi aus kreierten und gefilmten Elementen ist jedoch nicht Teil eines Plans, Geld zu sparen oder neue Darstellungsformen zu entwickeln. Der Mischmasch ist durchaus inhaltlich begründet: Auch wenn Fishtales den Eindruck erwecken will, eine Geschichte zu erzählen, so handelt es sich hier dann doch in erster Linie um ein Edutainmentprodukt, kein narratives Werk.

Viele Begegnungen, viele Lehreinheiten
Genauer sieht es so aus, dass das Trio umherschwimmt, dabei auf Unterwasserbewohner trifft und entweder in Form eines Vortrags oder im Rahmen von Dialogen mehr lernt. Mal geht es um Moränen, dann wieder um Quallen, auch Korallen und Frösche stehen auf dem Lehrprogramm. Im Vergleich zu den meisten Animationsfilmen, die dann doch „nur“ auf Unterhaltung setzen, gibt es hier also tatsächlich noch ein Fishy Bag für den weiteren Weg. Ein kinderfreundliches selbstverständlich: Es wird wird von Jagen und Beute geredet, tatsächlich zur Sache geht es dabei jedoch nicht.

Das ist als Idee sympathisch, diverse Informationen dürften selbst den erwachsenen Zuschauern neu sein. Doch auch hier zeigt sich Fishtales von der plumpen Sorte. Die Gespräche bestehen meistens daraus, dass Cleo ihr Wissen teilt und Crash darauf wahlweise mit „awesome“, „grand“ oder „no way“ antwortet. Sinnvolle Verknüpfungen zwischen den einzelnen Szenen gibt es nicht. Zum Ende hin wird sogar der Anspruch aufgegeben, die Lehreinheiten an das Abenteuer zu binden – mitten im Ozean reden sie plötzlich über Flüsse. Und warum eine räuberische Moräne ein Quizspiel veranstalten sollte, anstatt die Winzigfische zu verspeisen, das können wohl nur die Meergötter beantworten. Eine richtige Dokumentation wäre da stimmiger gewesen, wenn den Machern schon die Ideen fehlten, wie sie Fakt und Fiktion glaubwürdig zusammenbringen können. Oder auch in Form kleinerer Beiträge innerhalb einer Sendung mit der Maus. Der ganz große Verlust ist es daher nicht, dass der Film bislang nicht in Deutschland erhältlich ist. Wer kleine (englischsprachige) Kinder hat und ihnen etwas übers Meer erzählen will, kann es aufgrund des erhöhten Informationsgehaltes dennoch mal mit dem US-Import versuchen.



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Was als abgekupferter und unsagbar hässlicher Animationsfilm beginnt, verwandelt sich bald in einen Edutainment-Beitrag über das Leben unter Wasser. Das ist teils recht informativ, auch wenn die Kombination von Fakt und Fiktion ziemlich plump ist, ein reiner Dokumentarfilm die bessere Wahl gewesen wäre.