Free Fire
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Free Fire

(„Free Fire“ directed by Ben Wheatley, 2016)

Free Fire
„Free Fire“ läuft ab 6. April 2017 im Kino

Eigentlich war das Geschäft ja keine große Sache. Die irischen Gangster irischen (Cillian Murphy) und Frank (Michael Smiley) wollen von Ord (Armie Hammer) und Vernon (Sharlto Copley) Gewehre kaufen. Kommt vor. Und mit Justine (Brie Larson) haben sie eine ebenso attraktive wie kompetente Mittelsfrau, welche die beiden Parteien zusammenbringen soll. Dummerweise ist es bei den anderen mit der Kompetenz aber nicht so weit her. Oder mit der Selbstbeherrschung. Schon vorher war die Stimmung recht angespannt gewesen. Als dann auch noch die Gehilfen Harry (Jack Reynor) und Stevo (Sam Riley) aufeinandertreffen, die noch eine Rechnung miteinander offen haben, haben die Handelspartner plötzlich einen ganz anderen Verwendungszweck für die Waffen …

Ein Actionfilm? Ernsthaft? So unterschiedlich seine letzten Filme gewesen sein mögen, auf eines war bei Ben Wheatley doch zumindest Verlass: Man wusste im Nachhinein nicht so recht, welches Genre das eben eigentlich war. Sightseers wanderte irgendwo zwischen schwarzer Komödie und Horror umher, A Field in England war die elegant-unheimliche Subversion eines Historiendramas, High-Rise in gleichen Teilen Satire, Science-Fiction und Thriller. Da war ein klar definierter Actionstreifen so ziemlich das Letzte, was man von dem englischen Regisseur erwarten konnte. Tatsächlich ist Free Fire dann auch der geradlinigste seiner bisherigen Filme, der für ein Massenpublikum bekömmlichste. Aber das muss bei ihm ja nicht viel heißen. Denn eigensinnig genug ist Spielfilm Nummer sechs ohne Zweifel. Etwas, das einem bekannt vorkommt. Gleichzeitig aber auch wieder nicht.

Und wenn sie nicht gestorben sind …
Eine verrückte Schießerei in Miami, von der Wheatley durch ein Polizeiprotokoll erfahren hatte, soll den Startschuss für den Film abgegeben haben. Eine Schießerei, bei der alles drunter und drüber ging, gerade auch weil die Beteiligten nicht sofort an ihren Verletzungen starben, sondern munter weiterballerten. Das tun dann auch die Figuren in Free Fire: Wie der Titel schon verrät, ist hier alles und jeder zum Beschuss freigegeben. Und das nutzen die Protagonisten dann auch durchaus. Denn wo anfangs die Fronten noch klar verteilt sind, verschwimmen die mit der Zeit. Spontan wechselnde Allianzen und verletzte Eitelkeiten sorgen dafür, dass der Verlauf des Films sich deutlich von üblichen Hollywood-Feuergefechten unterscheidet. Denn hier weiß man ausnahmsweise tatsächlich nicht, was geschehen wird. Wer heil aus der Sache herauskommt. Wheatley hetzt rund zehn Personen gleichzeitig aufeinander, die mehr oder weniger gleichberechtigt sind. Eindeutige Protagonisten gibt es nicht, Helden schon gar nicht.

Die Spannung, wie die Geschichte ausgeht, lässt einen dann auch vergessen, wie simpel diese eigentlich gestrickt ist. Das Ensemble mag beeindruckend groß sein, sorgsam ausgearbeitet ist es nicht. Von einigen winzigen Details einmal abgesehen erfahren wir nichts über die Gegenspieler. Und auch beim Schauplatz gibt sich der Film spartanisch: Fast neunzig Minuten lang spielt Free Fire in einer einzigen Lagerhalle. Dort begegnen sich die Figuren. Dort bekriegen sie sich. Das tun sie übrigens nicht nur mit dem umfassenden Waffenarsenal – etwa 6000 Schuss Munition werden während des Films abgefeuert –, sondern vor allem auch verbal. Wheatley und seine Ehefrau Amy Jump, die bei fast allen Werken ihres Mannes das Drehbuch (mit-)verfasste, schrieben ihren Streithähnen Dialoge auf den Leib, die mindestens ebenso einschneidend wie die Waffen sind.

Wenig Anspruch, viel Spaß
Anspruchsvoll ist an Free Fire natürlich nichts. Ein gut gelaunter Actionstreifen mit einer Menge (schwarzem) Humor, mehr hat Wheatley tatsächlich nicht abgedreht. Aber einer, der so wahnsinnig viel Spaß macht, dass selbst Nicht-Actionfans den Film ins Auge fassen sollten. Denn dieses wird hier gleich vielfach belohnt: Wie schon High-Rise zuletzt, so ist auch Wheatleys neuer vollgepfropft mit blendend gelaunten Stars und mit einem audiovisuellen Stilbewusstsein veredelt, wie man es nur selten serviert bekommt. Wenn der Engländer in die USA der späten 70er reist, bringt er so viel Zeitkolorit mit, so viel Lässigkeit und Coolness, dass dieses Action-Komödien-Kammerspiel trotz der vielen bekannten Elemente etwas ganz besonderes wird.



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Ungewohnt gradlinig ist der neue Film von Ben Wheatley, inhaltlich simpel, wie es nur geht. Aber auch unverschämt unterhaltsam: In dem stilvollen, 90 Minuten dauernden Kammerspiel wechseln sich Feuer- und Wortgefechte ab, auch des unvorhersehbaren Ablaufs wegen blickt man gespannt auf das verrückte Treiben.
7
von 10