Ein Dorf sieht schwarz
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Ein Dorf sieht schwarz

(„Bienvenue à Marly-Gomont“ directed by Julien Rambaldi, 2016)

Ein Dorf sieht schwarz
„Ein Dorf sieht schwarz“ läuft ab 20. April 2017 im Kino

Seinen Abschluss hat Seyolo Zantoko (Marc Zinga) in der Tasche, seiner Karriere als Arzt steht nun nichts mehr im Wege. Dafür aber zurück in den Kongo? Nein, eine wirkliche Perspektive ist das für ihn nicht. Er würde lieber in Frankreich bleiben, wo er auch studiert hat. Eine Stelle findet er dann auch tatsächlich. Dummerweise ist die jedoch in Marly-Gomont, einem kleinen Dorf im Norden des Landes. Ein Provinzleben ist aber so ziemlich das letzte, wovon seine Frau Anne (Aïssa Maïga), ihr Sohn Kamini (Bayron Lebli) sowie Tochter Sivi (Médina Diarra) geträumt haben. Und auch die Einwohner des Dorfes fremdeln ein wenig mit den Neuankömmlingen. Denn Schwarze gab es Mitte der 70er in Marly-Gomont einfach nicht.

Wo Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Ansichten aufeinandertreffen, entsteht Reibung, kann großes Drama entstehen, aber auch große Komik. Das weiß wohl niemand besser als französische Filmemacher, die aus dem eigentlich bekannten Prinzip der Culture-Clash-Komödie einen Exportschlager gemacht haben. Angefangen bei Willkommen bei den Sch’tis – dem erfolgreichsten französischen Film aller Zeiten in der Heimat – über Nichts zu verzollen bis zu Willkommen in der Bretagne, die Liste ist lang. Nun also auch Ein Dorf sieht schwarz, das trotz fehlender bekannter Namen letztes Jahr in der Grande Nation beachtliche Einspielergebnisse vorweisen konnte.

Konfliktpotenzial auf zwei Ebenen
Richtig viel anders macht die Komödie im Vergleich zu den zahlreichen Kollegen dabei nicht. Ein bisschen wird variiert, indem nicht nur die Unterschiede zwischen den afrikanischen Einwanderern und den ländlichen Urfranzosen thematisiert werden, sondern auch die zwischen Stadt und Provinz – Der Landarzt von Chaussy lässt grüßen. Das bedeutet im Klartext, dass eben nicht nur bunte Folklore auf bodenständigen Alltag trifft, sondern auch Großstadtarroganz auf provinzielle Sturheit. Witzig dabei ist, dass die Rollen hier etwas gegen die Erwartungen verteilt sind. Nicht die vermeintlich zurückgebliebenen Afrikaner sind es, die sich der modernen Zivilisation verweigern, sondern die hoch entwickelten Franzosen. Wunderbar entlarvend ist beispielsweise der Moment, wenn die versnobte Anne auf dem Markt wie ein Kleinkind angesprochen wird, was sie entrüstet von sich weist.

Es ist dann auch eher der alltägliche Rassismus, der in Ein Dorf sieht schwarz porträtiert wird. Wenn die Bewohner von Marly-Gomont ihre Vorurteile pflegen, dann nicht aus Überheblichkeit oder Hass. Vielmehr ist es Unwissen, Bequemlichkeit, ein Beharren auf Traditionen und die damit einhergehende Angst vor Änderungen, welche sie antreibt. Regisseur und Drehbuchautor Julien Rambaldi vermeidet es dann auch, die ländliche Bevölkerung zu sehr verurteilen zu wollen. Sie bekommt natürlich ihr Fett ab. Aber das trifft zum Teil eben auch auf die afrikanischen Einwanderer zu, vor allem eben Anne, die aus ihrer Ablehnung der Provinz kein Geheimnis macht. Lediglich Lavigne (Jonathan Lambert), der als Gegenkandidat für das Bürgermeisteramt antritt, ist ein echter Antagonist. Die eine Figur in dem Film, der keine sympathischen Eigenheiten zugestanden werden.

Klassisch trifft auch hoch aktuell
Doch auch er ist kein verblendeter Fanatiker. Vielmehr nutzt er Ängste seiner Mitbürger für seinen Wahlkampf, Rassismus aus Profitgier nicht aus Überzeugung. An der Stelle wird die Verfilmung einer wahren Geschichte aus den 70ern plötzlich hoch aktuell: Ein Dorf sieht schwarz zeigt, wie schnell Stimmung erzeugt werden kann und dass Fakten oft wenig relevant sind. Die Parallelen zur aktuellen politischen Lage sind unverkennbar, bleiben am Ende aber doch eher angedeutet. An echter Satire oder Schärfe ist Rambaldi nicht interessiert. Stattdessen erzählt er eine klassische Feelgood-Geschichte, die bei der allmählichen Annäherung der zwei Parteien bekannten Bahnen folgt. Das Ausblenden echter Konflikte kann man bedauern. Spaß macht die sympathische Komödie aber. Und so ein bisschen Happy End, gerade bei einem derart sensiblen Thema, schadet ja auch nicht. Zumal man hier, anders als bei Willkommen bei den Hartmanns, die Schere zwischen Biss und Kitsch nicht ganz so weit auseinandergehen ließ.



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Eine schwarze Familie im provinziellen Frankreich der 1970er, da sind Konflikte vorprogrammiert. Trotz aktueller Bezüge hält sich der satirische Teil aber in Grenzen, stattdessen setzt die auf Ausgleich und Annäherung bedachte Komödie auf Alltagssituationen und Wohlfühlfaktor.
7
von 10