Sie nannten ihn Jeeg Robot
© Pandastorm Pictures

Sie nannten ihn Jeeg Robot

(„Lo chiamavano Jeeg Robot“ directed by Gabriele Mainetti, 2015)

Ein Held? Nein, das ist Enzo Ceccotti (Claudio Santamaria) nun wirklich nicht. Der hält sich lieber mit kleinen Gaunereien übers Wasser. Daran ändert sich auch nichts, als einer seiner Einsätze gewaltig in die Hose geht, sein Nachbar dabei draufgeht und er nach einer Begegnung mit radioaktivem Müll plötzlich Superkräfte hat. Denn die nutzt er lieber, um Bankautomaten aus der Wand zu reißen. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen: Nicht nur, dass die Polizei nun hinter ihm her ist, auch Fabio (Luca Marinelli) würde den vermummten Räuber gern kennenlernen. Schließlich ist der selbst Verbrecher und leider schwer verschuldet, da können übermenschliche Kräfte nicht schaden. Derweil hat Enzo aber noch eine andere Verfolgerin: Alessia (Ilenia Pastorelli). Die ist die psychisch labile Tochter des Nachbarn, glaubt an die Existenz japanischer Superhelden und hätte gern, dass Enzo ihr bei der Suche nach ihrem verschwundenen Vater helfen kann.

Ugh, noch ein Superheldenfilm? Als wäre es nicht genug, dass uns Marvel und DC Comics jedes Jahr mit einem halben Dutzend Adaptionen vergnügen, langweilen und ärgern, muss es da wirklich noch ein No-Name-Beitrag sein? Aus Italien? Nicht, dass unsere südlichen Filmfreunde uns nicht so manche Genreperle geschenkt hätten. Gerade die Mafia kommt doch immer mal wieder gern vorbei, zeigte uns kürzlich beispielsweise in Suburra ihr schön dreckiges Geschäft. Effektreiches Blockbusterkino, das ist jedoch weniger die Stärke von Bella Italia.

Glücklicherweise hatte Regisseur und Drehbuchautor Gabriele Mainetti das auch gar nicht vor, als er sein Spielfilmdebüt drehte. Sicher, die eine oder andere Explosion gibt es. Und die sieht so billig aus, wie man es bei einem nur sehr mühsam finanzierten Streifen erwarten kann. Aber Sie nannten ihn Jeeg Robot will das eben auch gar nicht sein, ein normaler Superheldenfilm. Schon, dass Enzo in einer verdreckten Bude haust und eigentlich ständig Pornos schaut, macht ihn für die Heile-Welt-Heldenschar aus Hollywood untauglich. Gleichzeitig ist er aber auch nicht mit Deadpool vergleichbar, dafür fehlt es ihm sowohl als Selbstironie und Schlagfertigkeit. Oder anderen Fähigkeiten, die man bewundern könnte.

Humor ist natürlich trotzdem drin beim Beitrag vom Fantasy Filmfest 2016, der sich im Wettstreit um den Fresh Blood Award nur knapp dem iranischen 80er-Jahre-Grusler Under the Shadow geschlagen geben musste. Schon der Verweis auf Jeeg Robot, eine hierzulande völlig unbekannte 70er-Jahre-Animeserie von Go Nagai (Goldorak – Kampf der Welten) ist etwas eigenwillig. Willkürlich. Und die Figuren sind es auch. Die erwachsene Alessia wünscht sich nichts sehnsüchtiger als ein eigenes Prinzessinnenkleid, Fabio ein bisschen Anerkennung. Und die setzt er notfalls mit Gewalt um. Viel viel viel Gewalt.

Und so wankt Sie nannten ihn Jeeg Robot dann auch mehrfach zwischen brutal und komisch umher, zwischen trashig und sogar traurig. Denn gleich wie grotesk und abstoßend die verschiedenen Pro- und Antagonisten auch sind, es sind oft bemitleidenswerte Kreaturen, die sich wie Alessia nie von Traumata erholt haben. Die wie Fabio mit drastischen Mitteln versuchen, von anderen bewundert zu werden. Die Geschichte an sich gibt natürlich nicht so wahnsinnig viel her. Die Sache mit dem radioaktiven Müll spielt beispielsweise keine Rolle, ist nur eine von vielen anderen Comics entliehene, völlig unironisch verwendete Ursache für übermenschliche Kräfte. Und dass der verbissene Einzelkämpfer Enzo sich später doch noch ein Herz fasst, das ist dann doch sehr viel konventioneller, als der Film es anfangs sein will. Aber auch wenn die italienische Variante nicht ganz so subversiv ist, wie sich das manch einer vielleicht erhoffen würde, eine wohlig dreckige Alternative zu dem computerglattgeblügelten Amerikaimport ist sie ohne Zweifel.



(Anzeige)

„Sie nannten ihn Jeeg Robot“ macht sicher nicht alles anders als die große Superheldenkonkurrenz aus Hollywood, manches aber schon. Dreckiger, skurriler und trauriger lautet hier das Motto, wenn kaputte Figuren von Prinzessinnen, Casting Shows und Pornos träumen und sich dazwischen gegenseitig blutig schlagen.
7
von 10