Deep in the Wood
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Deep in the Wood

Deep in the Wood
„Deep in the Wood“ läuft im Rahmen des 30. Fantasy Filmfests vom 17. August bis 18. September

(„In fondo al bosco“ directed by Stefano Lodovichi, 2015)

Es klingt einfach zu schön, um wahr zu sein! Als eines Tages die Polizei eines kleinen italienischen Dorfes einen Jungen (Teo Achille Caprio) aufgreift, der nicht spricht, der keine Papiere bei sich hat und den niemand kennt, soll es sich tatsächlich um den fünf Jahre zuvor verschwunden Tommaso handeln – das zumindest ergibt ein DNA-Test. Während Vater Manuel (Filippo Nigro), der seinerzeit für das Verschwinden verantwortlich gemacht wurde, überglücklich ist, begegnen Mutter Linda (Camilla Filippi) und Großvater Pietro (Giovanni Vettorazzo) dem Kind mit sehr viel Misstrauen. Kann es wirklich Tommaso sein? Was ist damals mit ihm geschehen? Und weshalb können sie den Jungen nicht wiedererkennen?

Wälder sind für Horror- oder Mysterystreifen ein verlässlich dankbares Szenario, schließlich kann in den dunklen, undurchsichtigen Baumlabyrinthen niemand so genau sagen, was sich da für finstere Kreaturen verbergen. Das wissen natürlich auch die Besucher des Fantasy Filmfests, die in regelmäßigen Abständen mit Beiträgen versorgt werden, in denen das Grauen mitten im grünen Nirgendwo beginnt – seien es letztes Jahr The Hallow und Howl oder aktuell Into the Forest. Und auch Deep in the Wood, der 2016 auf dem Genrefestival zu sehen ist, spielt ein wenig mit den Urängsten, wenn wir einen finsteren Wald betreten.

Etwas ungewöhnlich ist hier nur, dass der Film in Italien spielt, das wir tendenziell eher mit Sonne und Urlaub in Verbindung bringen. Wer aber die ersten Minuten von Deep in the Wood hinter sich gebracht hat, wird nicht mehr daran zweifeln, dass auch in den Dolomiten Schreckliches vor sich gehen kann. Gerade der Einstieg ist dabei überaus atmosphärisch, wenn während des ohnehin furchteinflößenden Krampus-Festes jeder mit schrecklichen Masken herumläuft, das Dunkel der Berge und des Schnees nur durch Taschenlampen und Lagerfeuer erleuchtet werden.

Dieses Alptraumhaft-Dämonische wird anschließend leider wieder stark vernachlässigt, bis auf eine Szene, die dafür aber auch zu den stärksten der italienischen Produktion gehört. Stattdessen begibt sich Deep in the Wood auf Wege, die von vielen Klischees gesäumt sind, gleichzeitig aber auch etwas unerwartete Abschnitte mit sich bringen. Dass da irgendwas mit dem Jungen nicht stimmt, das ist bei diesem Filmfest quasi Pflicht, wird aber auch durch Regisseur und Ko-Autor Stefano Lodovichi schnell deutlich gemacht – durch unheimliche Musik, durch skeptische Begegnungen. Dass es mal wieder alte Männer sind, Hunde und geistig Zurückgebliebene, die in dem Jungen etwas Teuflisches ahnen, das regt dann zumindest bei Horrorfans aber nur ein müdes Gähnen, da hätte man sich durchaus ein bisschen mehr Mühe geben dürfen.

Interessanter ist da schon, welche Auswirkungen diese Erfahrung auf die Familie hat, die seinerzeit an dem Unglück zerbrochen ist. Ähnlich zur fantastischen Serie The Returned muss hier jemand im Leben integriert werden, um den man getrauert, den man verabschiedet hat, für den es eigentlich keinen Platz mehr gibt. Was als Mystery und Dämonenterror begann, wird so zu einem streckenweise einfühlsamen Familiendrama. Das ist einerseits interessant, letztendlich aber auch irgendwo unbefriedigend: Lodovichi kann sich für keins wirklich entscheiden, verliert sich selbst in einem Niemandsland, das auf Dauer weder genug Spannung noch genug Emotionen bietet. Noch dazu mündet Deep in the Wood in einem absurden Finale, das es tatsächlich schafft, keine der beiden Seiten zu befriedigen, am ehesten noch durch seine unfreiwillige Komik in Erinnerung bleibt. Und das ist schade um einen Film, der zwar einige gute Ideen und Zutaten hat, damit aber nicht wirklich etwas anzufangen weiß.



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Atmosphärischer Mysterythriller oder bewegendes Familiendrama? Die Geschichte um einen Jungen, der nach einigen Jahren wieder auftaucht, versucht beides, was aber nur manchmal gelingt, am Ende zu unentschlossen bleibt, um wirklich zu überzeugen.
5
von 10