Remember
© Tiberius Film

Remember

(„Remember“ directed by Atom Egoyan, 2015)

Remember
„Remember“ läuft ab 31. Dezember im Kino

Seine Frau ist tot, sein Körper gehorcht ihm kaum noch, seine Erinnerungsvermögen verschlechtert sich rapide – Zev (Christopher Plummer) sieht so langsam dem Ende seines Lebens entgegen. Doch bevor es so weit ist, hat er noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen: Vor 70 Jahren hat er seine Familie in Auschwitz verloren, der Täter soll noch immer am Leben sein und mit einer falschen Identität in den USA leben. Mithilfe von Notizen, die ihm sein Freund und Leidensgenosse Max (Martin Landau) mitgegeben hat, macht sich der demenzkranke Rentner auf die Jagd nach den Mördern von einst. Doch das ist eben nicht so einfach, wenn man ständig vergisst, wo und wer man ist.

Wenn ältere Menschen auf Verbrecherjagd gehen, hat das oft etwas Putziges an sich, nicht ohne Grund wurden seinerzeit die Miss-Marple-Filme mit Margaret Rutherford als Krimikomödien angelegt. Und hier ist das noch einmal verschärft worden, denn wer würde einen 90-Jährigen als Racheengel ernst nehmen, der einen Zettel braucht, um überhaupt zu wissen, wer sein Opfer ist? Bei Remember wurde dieser komische Widerspruch zwischen körperlich-geistiger Realität und unbarmherziger Selbstjustiz jedoch bewusst ignoriert, vielmehr bewegen wir uns hier im Grenzbereich zwischen Drama und Thriller.

Eigentlich werden hier sogar drei separate Filme in einem erzählt, die sich über mehrere Genres hinweg erstrecken. Der eine handelt davon, wie Unrecht nicht in Vergessenheit geraten darf, egal wie viel Zeit verstreicht. Von Trauer, von Verlust, von Verantwortung. An dieser Stelle erinnert Remember an viele andere Streifen, die gerade im Zusammenhang mit dem Holocaust eine schmerzliche Spurensuche beinhalten. Das ist jedoch nicht die einzige Quelle für emotionale Szenen, denn realer Verlust geht hier mit dem der eigenen Vergangenheit und Selbständigkeit einher, wie es eben auch andere Demenzdramen wie Still Alice thematisieren. Der Thrillerteil wiederum weckt Erinnerungen an Memento, wo ebenfalls Notizzettel eines vergesslichen Mannes den Weg zur Lösung weisen.

So unkonventionell wie Christopher Nolans Debüt ist man hier aber nicht, weder inszenatorisch noch inhaltlich. Sieht man einmal davon ab, dass hier sehr unterschiedliche Elemente etwas ungewohnt kombiniert werden, ist vieles doch eher altbekannt. Ein bisschen lässt Remember dann auch die für einen Thriller notwendige Spannung vermissen, abgesehen von einigen interessanten Wendungen zum Schluss bleibt der Film überraschungsarm. Dass ein nicht mehr ganz zurechnungsfähiger Rentner nicht unbedingt die ideale Figur für Actionszenen ist, dürfte ebenfalls klar sein, Regisseur Atom Egoyan zog dann auch eine ruhige, personenbezogene Erzählweise vor, die glücklicherweise ihre Möglichkeiten nicht überschreitet.

Das ist nicht aufregend, auch nicht übermäßig abwechslungsreich, aber doch kurzweilig genug, dass man bis zum Ende dabeibleibt, um zu erfahren, wie die Suche denn nun ausgeht. Pluspunkte sammelt Remember zudem mit seiner prominenten Besetzung und der Sprache: In der Originalversion wird immer mal wieder zwischen Englisch und Deutsch gewechselt, wie man es erwarten kann, wenn gebürtige Deutsche nach einem langen Leben im Ausland wieder aufeinandertreffen.



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In „Remember“ treffen Kriegs- und Demenzdrama auf einen Rachethriller. Das ist eine ungewöhnliche Mischung, die trotz eines ruhigen Tempos und bekannter Einzelbestandteile gut die Zeit vertreibt und dabei noch prominent besetzt ist.
6
von 10