Alice through the Looking-Glass 1966

Alice Through the Looking Glass (1966)

(„Alice Through the Looking Glass“ directed by Alan Handley, 1966)

Alice through the Looking-Glass 1966Das Leben kann so unfair sein! Da geben ihre Eltern daheim schon einmal eine Party und Alice (Judi Rolin) darf nicht dabei sein. Stattdessen solle sie im Wohnzimmer beim Schachspiel warten. Zu ihrer großen Überraschung taucht dort jedoch der rote König (Robert Coote) auf, der das Mädchen einlädt, die Welt hinter dem großen Spiegel zu erkunden. Was sich die notorisch Ungeduldige und Neugierige nicht zweimal sagen lässt. Dort trifft sie nicht nur auf die Frau des Königs (Agnes Moorehead), sondern auch auf das weiße Königspaar (Ricardo Montalbán, Nanette Fabray). Von denen erfährt Alice, dass sie selbst eine Königin werden kann, wenn sie ans andere Ende des Reiches reist. Einfach wird das jedoch nicht, denn der teuflische Jabberwocky (Jack Palance) treibt im Spiegelland sein Unwesen.

Lewis Carrolls zweiter Roman über die abenteuerlustige Alice, das 1871 erschienene „Through the Looking Glass“ spielte filmtechnisch gesehen immer nur eine Randrolle. Zwar bedienten sich viele Filme einzelner Figuren und Elemente, vor allem Humpty Dumpty und Tweedledee/Tweedledum sind regelmäßige Gäste in Adaptionen. Die eigentliche Rahmenhandlung wurde jedoch meistens dem ungleich populäreren Fall durch den Kaninchenbau geopfert. Theoretisch dürfte die 1966 produzierte Fassung also ein echtes Geschenk für die Liebhaber der literarischen Vorlage sein, zumal sie im Gegensatz zu früheren Versionen auch problemlos erhältlich ist. Praktisch jedoch hat der Film nur das Grundgerüst mit dem Buch gemeinsam, ein Großteil wurde verändert oder neu hinzugedichtet.

Schon der Einstieg, dass Alice durch den roten König eingeladen wurde, war so nicht in „Through the Looking Glass“ gewesen. Dort wurde noch die unbändige Fantasie des Mädchens zur Triebfeder des Abenteuers. Eine Lappalie? Vielleicht, aber doch auch symptomatisch für einen Film, in dem die Heldin teilweise überraschend unwichtig ist. Bevor es auf die Reise geht, haben nämlich erst einmal die beiden Königspaare das Sagen, wechseln sich minutenlang mit diversen Tanz- und Gesangsnummern ab. Alice Through the Looking Glass ist dann auch weniger ein narrativer Film als vielmehr eine Ansammlung von Musicalnummern. Die Lieder sind zwar durchaus gefällig, aber in ihrer Harmlosigkeit nicht wirklich erwähnenswert.

Und das gilt auch für den Rest des Films. Während die Schauspieler ordentlich agieren, ist das geringe Budget der TV-Produktion allzu deutlich. Die Kostüme sind teils ganz hübsch, die Kulissen sind aber sehr schlicht, erinnern eher an ein Theaterstück. Auf Spezialeffekte muss man gleich ganz verzichten. Und noch etwas verweist auf die Fernsehwurzeln von Alice Through the Looking Glass: Wie in einer Sitcom werden viele Dialoge und auch einige der Lieder mit Gelächter vom Band unterlegt. Und wie in einer schlechten Sitcom ist das auch hier der einzige Hinweis darauf, dass die Stelle gerade hätte komisch sein sollen. Versuche des Humors gibt es, sogar nicht gerade selten. Der gelegentlich aufblitzende Sprachwitz des Buches ist dabei noch vergleichsweise erfolgreich. Die plumpen Slapsticknummern hingegen werden allerhöchstens bei einem jungen Publikum mit einem Lachen belohnt, welches sich aus Prinzip daran erfreuen kann, wenn Erwachsene sich auf der Bühne zum Idioten machen.

Das irritiert ebenso wie die Fremdcharaktere, die ihren Weg hierher gefunden haben. Warum man beispielsweise diverse Hexen aus Märchen und „Der Zauberer von Oz“ ins Spiegelland verfrachtet hat, bleibt ein ebenso großes Rätsel wie die Figur des Hofnarren Lester (Roy Castle), der Alice mit Rat und Tat zur Seite steht. Auch das trägt dazu bei, dass aus dem eigentlich sehr eigenständigen Mädchen eine deutlich weniger spannende Figur wird. Als Adaption des Romans ist Alice Through the Looking Glass daher kaum zu empfehlen. Wenn überhaupt kommen nostalgisch veranlagte Liebhaber von Musicals auf ihre Kosten, denen nette Musik und große Kostüme wichtiger sind als der Inhalt.



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Mit dem Original hat „Alice Through the Looking Glass“ nur noch wenig zu tun, stattdessen ist die Geschichte der Aufhänger für eine Aneinanderreihung von Musicalnummern. Die sind zwar gefällig, aber wenig bemerkenswert, die billigen Kulissen und das Gelächter vom Band schmälern das Vergnügen zudem deutlich.
5
von 10