Dessau Dancers
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Dessau Dancers

(„Dessau Dancers“ directed by Jan Martin Scharf, 2014)

Dessau Dancers DVD
„Dessau Dancers“ ist seit 30. Oktober auf DVD erhältlich

Inspiriert durch eine Fernsehsendung und den Film Beat Street steht für den 18-jährigen Frank (Gordon Kämmerer) fest: Er will Breakdancer werden. Das ist Mitte der 80er in der DDR zwar nicht allzu üblich, bei seinem Kumpel Alex (Oliver Konietzny), Schwarm Matti (Sonja Gerhardt) und dem etwas sonderbaren Michel (Sebastian Jäger) findet er aber dennoch gleich drei tanzwütige Mitstreiter. Nur die Partei steht dem ausgerechnet aus den USA herüberschwappenden Phänomen misstrauisch gegenüber. Erst als sie ihre Darbietungen in „Akrobatischer Volkstanz“ umbenennen und ihnen der ehemalige Sportlehrer Hartmann Dietz (Rainer Bock) als Mentor zur Seite gestellt wird, bekommen sie die offizielle Genehmigung und dürfen lostanzen – zu von oben festgelegten Bedingungen.

Auch wenn Breakdance bis heute nie wirklich gestorben ist, die meisten dürften diese Tanzrichtung doch mit den 80ern verbinden, als weltweit Jugendliche in teils akrobatischen Einlagen die Straßen unsicher machten. Heute noch einen Film zu dem Thema machen zu wollen, braucht da schon einen etwas anderen Aufhänger. Und eben den fand Jan Martin Scharf, der bei Dessau Dancers Regie führte und auch an der Geschichte beteiligt war, in der DDR: Nicht nur, dass diese ebenfalls ein Relikt der 80er ist, das streng reglementierte Leben im damaligen Osten und eine auf freien Ausdruck ausgelegte Tanzform, das sorgt quasi automatisch für komische Reibereien.

Tatsächlich ist Dessau Dancers über weite Strecken eine Mischung aus Tanzfilm und Komödie. Als ersterer überzeugt der Film auch, nach den gewollt holprigen Anfängen wirbeln die jugendlichen Protagonisten durchaus beeindruckend durch die Straßen Dessaus. Und natürlich ist es auch amüsant, Breakdance-Freigeist mit DDR-Konformismus verbinden zu wollen. Wie bei Sushi in Suhl vor drei Jahren prallen hier zwei Welten aufeinander, die eigentlich so gar nichts miteinander gemeinsam haben. Wenn stämmige ältere Männer mit dicken Zigarren verständnislos auf die Jugendbewegung starren und nur dank fadenscheiniger Argumente sowie absurder Interpretationen dem Ganzen ihren Segen geben, dann ist das schon sehr nett.

Später reicht Scharf das jedoch nicht mehr und funktioniert seinen Film zu einem allgemeinen Kampf zwischen Individualität und Anpassungswahn um. Das ist gut gemeint, an vielen Stellen aber doch ein bisschen zu sehr mit dem Holzhammer erzählt – hier wird alles dafür getan, dass der Zuschauer die Botschaft auch wirklich versteht. Auch bei den Figuren wird stark auf das Plakative gesetzt: So richtig interessant ist keine der Persönlichkeiten, über ihren jeweiligen dramaturgischen Zweck hinaus gibt es nichts zu sagen. Haben sie nichts zu sagen. Gerade bei einem Film, dem es eigentlich darum geht, die Individualität zu feiern, ist es verwunderlich und auch irgendwo schade, dass man sich derart auf Klischees und erzählerische Normen versteifte – bis hin zur obligatorischen Liebesgeschichte. Bewegend oder wirklich informativ ist Dessau Dancers daher weniger, aber doch eine nette Unterhaltung, die nostalgisch veranlagte Zuschauer zudem mit authentischer 80er-Jahre-Musik bei Laune hält.



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Breakdance und DDR? Das passt nicht wirklich zusammen. „Dessau Dancers“ nutzt diesen Kontrast dann auch für diverse amüsante Kontraste, überzeugt auch durch seine Tanzszenen. Später versteift der Film sich jedoch zu sehr auf einen auch mit Klischees beladenen Kampf für Individualität.
6
von 10