Die Abenteuer des Pinocchio

Die Abenteuer des Pinocchio

(„Pinocchio“ directed by Enzo D’Alo, 2012)

Die Abenteuer des Pinocchio
„Die Abenteuer des Pinocchio“ erscheint am 23. April auf DVD und Blu-ray

Woher kommt diese Stimme? Als sich der ärmliche Zimmermann Geppetto eines Tages schlafen legen will, hört er plötzlich, wie ein Holzklotz in seiner Stube anfängt zu sprechen. Zunächst verwirrt, ist dieses ungewöhnliche Baumaterial für ihn ein Geschenk des Himmels. Schon lange war er einsam, warum also nicht eine Puppe aus dem Holz schnitzen und so doch noch den Sohn haben, den er sich immer gewünscht hat? Doch Pinocchio, so tauft er sein Werk, interessiert sich nur wenig für die Wünsche des alten Mannes, macht ausschließlich, was er will. Damit bereitet er Geppetto nicht nur eine Menge Kummer, er gerät auch selbst immer wieder in gefährliche Abenteuer.

Wie viele Versionen ein und desselben Stoffes braucht ein Mensch eigentlich? Diese Frage dürfte sich jeder schon einmal gestellt haben, wenn mal wieder eine neue Verfilmung eines Klassikers ins Haus steht. „Die Abenteuer des Pinocchio“ beispielsweise, jenes 1883 vom italienischen Autor Carlo Collodi veröffentliche Kinderbuch, wurde bereits über 20 Mal für Kino und Fernsehen adaptiert. Tat man dies früher oft in animierter Form, etwa beim Disney-Meisterwerk von 1940 oder der japanischen Zeichentrickserie von 1972, ging man inzwischen mehrheitlich dank fortgeschrittener Technik doch zum Real-Animations-Hybrid über. So gab es 2013 eine prominent besetzte deutsche Version, auch Disney arbeitet an einer Neuauflage.

Braucht es da tatsächlich 2015 noch eine neue Zeichentrickvariante? Das vielleicht nicht, aber dank seiner ungewöhnlichen Optik ist das neueste Werk von Animationsveteran Enzo D’Alo (Der blaue Pfeil, Wie Kater Zorbas der kleinen Möwe das Fliegen beibrachte) mehr als nur einen Blick wert. Wie Kreidemalereien sehen die Hintergründe aus, nicht übermäßig detailliert, aber wunderschön und märchenhaft – wie es sich für eine fantasievolle Geschichte wie die um die Holzpuppe mit der enormen Lügennase gehört. Und auch die gut animierten Figuren sind teils echte Hingucker gewesen. Pinocchio selbst ist weniger kindlich als in den bekannten Vorgängern, erinnert mit seinen langen Gliedmaßen und der bunten Kleidung eher an einen Harlekin. Ungewöhnlich sind auch die anderen Charaktere, deren Proportionen keine einheitliche Richtung haben, zusammen mit den farbenfrohen, geschwungenen Landschaften und den stilisierten Städten oft ins Surreale abdriften.

Inhaltlich ist hingegen alles beim Alten geblieben, abgesehen von kleineren Variationen werden dieselben Abenteuer wie üblich erzählt, neue Aspekte gibt es hier keine. Wer die Originalgeschichte liebt, darf sich daher auf das Wiedersehen mit Fuchs und Kater freuen, auf den Wal, das trügerische Kinderparadies, auf Fee und Grille. Einige der Episoden hätten durchaus noch ein wenig länger ausfallen dürfen, die knappe Laufzeit von 80 Minuten lässt nicht viel Raum für Entfaltung. Das zeigt sich besonders bei Pinocchio selbst, der im Laufe seiner Reise eigentlich eine Läuterung erfahren soll. Bei Die Abenteuer des Pinocchio geschieht das ein wenig plötzlich, statt einer nachvollziehbaren Entwicklung kommt seine Besserung hier aus heiterem Himmel.

Immerhin verzichtet D’Alo darauf, wie Disney seinerzeit den hölzernen Protagonisten zwecks besserer Vermarktung netter machen zu wollen, als er ist. Gerade zu Beginn ist er widerspenstig, selbstbezogen und ausgesprochen ungehorsam, was gerade Kindern gefallen dürfte. Denn so dürfen sie mit ihm mitfühlen, ihre Grenzen austesten und durch ihn und seine teils weniger erfreulichen Erfahrungen manche wertvolle Lebensweisheit mit auf den Weg nehmen. Wer also noch nicht genug von der bekannten Geschichte hat, jüngere Mitschauer in seinem Umfeld hat oder auch einfach einen klassischen und doch modernen Zeichentrickfilm sehen möchte, der wird beim unterhaltsamen Die Abenteuer des Pinocchio nichts falsch machen.

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Neue Aspekte gewinnt Enzo D’Alo dem bekannten Kinderbuch nicht ab, setzt den Klassiker aber flott und unterhaltsam um. Manchmal ist der Erzählton etwas zu hektisch, dafür verzaubern ungewöhnliche Figurendesigns und eine wunderschöne Kreideoptik.
7
von 10