Angelique

Angélique

(„Angélique“ directed by Ariel Zeitoun, 2013)

AngeliqueIhre eigene Meinung oder Wünsche? Die spielen keine große Rolle. Wenn Angélique de Sancé (Nora Arnezeder) den Grafen Joffrey de Peyrac von Toulouse (Gérard Lanvin) heiratet, dann aus Pflichtbewusstsein ihrer Familie gegenüber, die ohne die arrangierte Ehe vor dem Aus steht. Auch wenn sich ihre Begeisterung über den auserwählten Gatten in Grenzen hält – deutlich älter soll er sein, geradezu unmenschlich hässlich und dann auch noch ein Hinkebein haben – willigt sie am Ende doch ein. Entgegen ihrer Erwartungen stellt sich der Graf aber nicht nur als ungemein vermögend heraus, sondern auch als gebildet, einfühlsam und richtig charmant. Doch das sich einstellende Glück wird auf eine harte Probe gestellt: Der reiche und völlig unabhängige de Peyrac ist den Leuten um König Ludwig XIV. (David Kross) ein Dorn im Auge. Und auch Angélique hat mächtige Feinde, denn sie hütet ein Geheimnis, von dem niemand etwas erfahren darf.

Der Erfolg gibt ihm recht? Nicht, wenn es nach Anne Golon geht. Die war nie sonderlich glücklich mit den Filmadaptionen ihrer „Angélique“-Romanreihe aus den 60ern gewesen, obwohl sie ein großes Publikum ansprachen und immerhin fünf Teile umfasste. Aus diesem Grund erteilte sie euch jedem Versuch eine Absage, die Geschichten erneut zu verfilmen. Und von denen dürfte es im Lauf der Zeit genug gegeben haben, schließlich haben sich die Bücher bislang 150 Millionen Mal verkauft. Erst als der Regisseur Ariel Zeitoun an sie herantrat, dessen frühere Filme die französische Autorin schätzte, willigte sie ein.Angelique Szene 1

Der hatte daraufhin die undankbare Aufgabe, in Konkurrenz mit einem Klassiker treten zu müssen und eine enttäuschte Schriftstellerin zufrieden zu stellen, er musste zudem aus dem Material der vierten Romane einen zusammenhängenden Film kreieren. Dass das nicht einfach ist, liegt auf der Hand, viele scheitern regelmäßig daran, auch nur einen Band werksgetreu umzusetzen. Doch das Ergebnis ist besser, als man erwarten konnte, selbst ohne Vorkenntnisse der literarischen Vorlage werden Zuschauer die Geschichte von Angélique gut folgen können.

Ganz ohne Probleme ist das Stückwerk aber nicht. Nicht nur, dass hier von Ereignis zu Ereignis gehetzt wird und einen hin und wieder das Gefühl beschleicht, nicht wirklich alles zu wissen. Es wird auch mitunter das Genre gewechselt. Anfangs wähnt man sich noch an einem typischen historischen Gesellschaftsdrama um eine unabhängige Frau – „Madame Bovary“ und Co. lassen grüßen. Danach wird Angélique zu einer Geschichte um wahre Liebe, die kein Äußeres kennt (damit hier kein Zweifel aufkommt, wurde das Alter des Grafen sogar um satte 20-30 Jahre im Vergleich zum Roman erhöht). Zwischenzeitlich sind wir schon nah dran am Politthriller, wenn es um die Intrigen, die politischen Machtkämpfe und geheimen Seilschaften im Frankreich des 17. Jahrhunderts geht. Und zum Ende sind wir auf einmal mitten im Mantel- und Degenbereich, Massenkämpfe, Verfolgungsjagden und maskierte Retter inklusive.Angelique Szene 2

Durch dieses muntere Bäumchen-wechsel-dich-Spiel weiß man nie so recht woran, man ist, eine richtige Zielgruppe hier auszumachen fällt ungemein schwer. Romanzenliebhaber werde sich beispielsweise am düsteren Verlauf und der Gewalt stören, Actionfreunde an der zwischenzeitlich doch recht kitschigen Liebesgeschichte und der theatralischen Musik. Doch trotz dieser Uneinheitlichkeit und der Tendenz zum Plakativen, unterhaltsam ist Angélique größtenteils schon. Ein Vorteil des ständigen Zeitraffers ist, dass man erst gar nicht in die Verlegenheit gerät, sich länger zu langweilen. Und auch die hübschen Kostüme und die atmosphärischen Innenaufnahmen sollten all die zufriedenstellen, die gern in Filmen einige Jahrhunderte in die Vergangenheit reisen. Ob man wirklich fast 60 Jahre hätte darauf warten müssen, um den Roman in der Form umzusetzen, darf bezweifelt werden. Für sich genommen ist der Kostümschinken aber durchaus in Ordnung.

Angélique läuft ab 12. Juni im Kino



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Der häufige Genrewechsel und die gehetzte Erzählweise machen es dem Zuschauer nicht immer einfach. Doch die Verfilmung der berühmten Romanreihe ist unterhaltsam und gefällt durch die schöne Ausstattung und Innenaufnahmen.
6
von 10