House of Cards – Die komplette erste Miniserie

House of Cards – Die komplette erste Mini-Serie

(„House of Cards“ directed by Paul Seed, 1990)

House of Cards – Die komplette erste MiniserieWer bislang meinte, es gebe nichts Furchterregenderes als die Rache einer verschmähten Frau, sollte einmal die Bekanntschaft von Francis Urquhart (Ian Richardson) machen. Der ist Mitte 60 und nach außen hin die Verkörperung des ehrwürdigen, englischen Gentleman. Doch wehe, du wagst es, ihm irgendwie in die Quere zu kommen. Dann könnt es dir ergehen wie Henry Collingridge (David Lyon). Der schaffte es 1990 Margaret Thatcher als Vorsitzender der Konservativen zu beerben. Und auch für den Posten des Premierministers reicht es, wenngleich mit deutlichen Stimmverlusten im Vergleich zu seiner Vorgängerin.

Als Urquhart, ein wichtiger Stützpfeiler der Parteimoral, beim neuen Kabinett keine Beachtung findet, beschließt der Politiker, es seinem Vorsitzenden heimzuzahlen. Hinter den Kulissen knüpft er ein ganzes Netz aus Intrigen, die alle den Sturz von Collingridge zum Ziel haben. Wenn Urquhart keine Aufstiegschancen unter dem neuen Premier hat, dann muss der eben weg, koste es, was es wolle. Und wenn der Platz frei wird, könnte er ihn eigentlich auch gleich selbst übernehmen. Kein Mittel ist ihm fremd, kein Skandal, er nutzt alles und jeden, der ihm nützlich sein könnte, um sein Vorhaben umzusetzen – ohne dass jemand ahnt, dass er dahintersteckt. Und eine der wichtigsten Waffen in seinem Schlachtplan ist die junge Reporterin Mattie Storin (Susannah Harker), die zu dem Elder Stateman aufblickt wie zu einem Vater und alles für ihn tun würde.House of Cards – Die komplette erste Miniserie Szene 1

Wem Titel und Beschreibung bekannt vorkommen, wird wahrscheinlich von dem amerikanischen Remake gehört. Die reine Web-TV-Serie mit Kevin Spacey und Robin Wright ist bei Publikum wie Kritikern gleichermaßen beliebt und gilt als eines der derzeitigen Aushängeschilde amerikanischer Serienkunst. Was viele dabei nicht wissen: House of Cards ist nicht neu, sondern eine Adaption der englischen Miniserie von 1990 bzw. dem gleichnamigen Roman von Michael Dobbs. Der war einst selbst erfolgreicher Politiker in England und arbeitete sowohl unter Thatcher als auch auch ihrem Nachfolger John Major für die britische Regierung.

Wenn ein solcher Insider einen Roman über Intrigen und schmutzige Machenschaften in der Politik schreibt, ist das natürlich pikant – und sehr, sehr unterhaltsam. Eigentlich als abgeschlossene Geschichte angedacht, ließ der Gelegenheitsautor nach dem großen Erfolg der BBC-Serie zwei weitere Bücher folgen, die ebenfalls verfilmt wurden. Hierzulande eher wenig bekannt, genießt die erste Adaption in ihrem Heimatland bis heute Kultstatus. Vor allem ein Ausdruck fand dort Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch: „You might very well think that; I couldn’t possibly comment.“ Wann immer Urquhart der Journalistin etwas verraten möchte, ohne es ausdrücklich zu tun, gebraucht er diesen Satz.

Freunde gepflegten Taktierens und bösartiger Machtspiele werden hier deshalb ihre helle Freude haben, umso mehr, da Urquhart bei Kollegen, Feinden und der Presse über jeden Zweifel erhaben ist. Ein freundlicher, etwas steifer Traditionalist im fortgeschrittenen Alter, der jedem zur Seite steht, loyal bis zum Ende, von allen geschätzt, harmlos – so der Anschein. Doch hinter diesem unscheinbaren Äußeren verbirgt sich ein skrupelloser Machtmensch, der selbst langjährigen Freunden einen Dolchstoß versetzt, wenn er sich einen Vorteil verspricht. Dieser starke Kontrast ist immer wieder für Lacher gut, auch wenn einem die gerade zum Ende hin zunehmend im Hals steckenbleiben. Was anfangs dank des bösen Humors auch als Satire durchginge, wird später zu einem reinrassigen, durchaus spannenden Thriller.House of Cards – Die komplette erste Miniserie Szene 2

Bemerkenswert auch, wie House of Cards den Zuschauer zu einem Mitwisser macht, fast schon zu einem Komplizen: Immer wieder wendet sich Urquhart der Kamera zu, kommentiert das Geschehen, so als wäre er in Begleitung eines Reporterteams, dem er die Hintergründe erzählt. Was er vorhat, steht also nie in Frage, sondern vielmehr: Wie weit wird er gehen? Warum er diese Seitenkommentare macht, wird jedoch nie verraten, die Kamera nie als solche in die Geschichte gebaut. Eine reine Mockumentary à la Mann beißt Hund oder Stromberg ist House of Cards also nicht, eher erinnern diese Einschübe an Nebenanmerkungen in Theaterstücken etwa bei Shakespeare, so wie auch die Figur des Urquhart aus einem verloren gegangenen Stück des Barden hätte stammen können.

Dass für die Hauptrolle auch noch der anerkannte Shakespearedarsteller Ian Richardson gewonnen werden konnte, rundet die machiavellistische Intrigenschau erst ab. Mit seiner zurückhaltenden Art, seiner vornehmen Sprache und dem verschmitzten Grinsen wiegt er die Öffentlichkeit immer wieder in Sicherheit. Doch während er vor der Kamera über Ehre spricht, Verpflichtung und Loyalität, laufen gleichzeitig – auch das ist ein witziger Running Gag der Serie – im Hintergrund immer wieder Ratten durchs Bild. Und erinnern uns damit, dass hinter der schönen Fassade das Hässliche lauert, das Verdorbene und das Unmoralische.

House of Cards – Die komplette erste Mini-Serie ist seit 25. März auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Hierzulande weniger bekannt, bildet House of Cards die Vorlage für die gleichnamige amerikanische Erfolgsserie. Und die überzeugt bis heute durch fiese Intrigenspiele, bösen Humor und eine Hauptfigur, die ihren skrupellosen Machtwillen hinter einem unscheinbaren Äußeren verbirgt.
8
von 10