Erbarmen

Erbarmen

 („Kvinden i buret“ directed by Mikkel Norgaard, 2013)

ERB_Plakat_RZ_01_Layout 1In 35 Sprachen übersetzt zu werden, das muss man als Schriftsteller erstmal schaffen. Wenn man dann noch regelmäßig die Bestsellerlisten stürmt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die ersten Filmstudios an deiner Tür klopfen. Verwunderlich ist da nur, warum es so lange gedauert hat, bis die Bücher von Jussi Adler-Olsen auf der großen Leinwand zu sehen sind, schließlich gehört der Däne neben Stieg Larsson zu den Aushängeschildern des Skandinavienhypes der letzten Jahre. Dafür haben die Fans des Krimiautors in den nächsten Jahren mehr als genügend Anlässe, das nachzuholen. Zehn Filme in zehn Jahren, so lautet der ehrgeizige Plan. Den Anfang macht mit Erbarmen der Roman, mit dem Adler-Olsen vor rund sechs Jahren seinen großen Durchbruch schaffte. Darin erzählt er, wie Carl Mørck – Hauptfigur einer bislang fünfteiligen Romanreihe – eigentlich zu seiner Position kam.

Eigensinnig, dickköpfig, ohne großen Respekt für die Obrigkeit – Carl (Nikolaj Lie Kaas) ist der Alptraum jedes Polizeichefs. Als ein vorschneller Einsatz gründlich in die Hose geht und ein Kollege Carls als Folge im Krankenhaus landet, sieht sein Vorgesetzter Marcus Jacobsen (Søren Pilmark) nur einen Ausgang: Q. Das ist so was wie das Sibirien des Polizeidezernats, nur weniger unterhaltsam. Alte Fälle liegen dort, Papierstapel auf Papierstapel, die Carl fein säuberlich ordnen und bearbeiten soll. Was kann der da schon anrichten?Erbarmen Szene 1

Vielleicht hätte Marcus damit auch recht gehabt, wäre der Strafversetzte dabei nicht auf einen Fall gestoßen, den er damals selbst gern gehabt hätte. Damals verschwand die junge Politikerin Merete Lnyggaard (Sonja Richter) spurlos von einer Fähre. Einziger Zeuge war der jüngere Bruder Uffe (Mikkel Boe Folsgaard), der seit seiner Kindheit aber nicht mehr spricht und geistig etwas zurückgeblieben ist. Selbstmord lautete das offizielle Urteil, doch Carl wittert, dass mehr an der Geschichte dran war. Dass hier doch eine Straftat vorlag, die nur nie aufgeklärt wurde. Und so macht er sich zusammen mit seinem Assistenten Assad (Fares Fares) dran, die Wahrheit herauszufinden – was einer Reihe von Leuten ziemlich gegen den Strich geht.

Die Wahrheitssuche an sich ist dabei der weniger spannende Teil von Erbarmen. Parallel zu den Ermittlungen wird nämlich erzählt, was sich seinerzeit wirklich zugetragen hat. Und auch wer hinter dem Verschwinden steckt, wird weit vor Schluss verraten. Wer Krimis schaut, um die eigenen grauen Zellen ein wenig zu fordern, hat hier – abgesehen von der Frage nach dem Warum – deshalb kaum etwas zu tun. Ebenfalls wenig interessant für erfahrene Spürhunde sind die Charaktere, die man in der Form schon oft genug gesehen hat.Erbarmen Szene 2

Dafür machen die Schauspieler dahinter ihre Sache gut. Nikolaj Lie Kaas ist zwar jünger als die Romanversion, darf hier aber zeigen, dass er schon reichlich Erfahrung in dem Genre gesammelt hat (u.a. in Der Kandidat, Illuminati und Kommissarin Lundt). Außerdem stimmt die Chemie zwischen ihm und Filmpartner Fares Fares. Die große Entdeckung ist aber Mikkel Boe Folsgaard, der als geistig zurückgebliebener Bruder eine richtig gute Figur abgibt. Da zudem die Atmosphäre schön düster geworden ist – von einigen markigen Sprüchen einmal abgesehen – darf man auf den Nachfolger Schändung gespannt sein, der bereits in Arbeit ist. Denn auch wenn sich Erbarmen von der Konkurrenz nicht so sehr abhebt, wie man es angesichts des großen Namens erwarten könnte: Solide Thrillerunterhaltung wird hier allemal geboten.

Erbarmen startet am 23. Januar im Kino



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Die Bestsellerverfilmung Erbarmen bietet solide Kost für Freunde skandinavischer Thriller. Viel gegrübelt wird nicht und auch die Figuren sind nicht allzu originell, dafür gefällt die düstere Atmosphäre und die guten Schauspieler.
6
von 10