
Als kleiner Junge entdeckt Robert Cole (Tom Payne) seine seltene Gabe, als er nur durch Berührung den Tod seiner eigenen Mutter vorausahnen kann. Auf sich allein gestellt und hilflos schließt er sich einem fahrenden Bader (Stellan Skarsgård) an. Dieser lehrt ihn neben Jahrmarktquacksalberei auch rudimentäre medizinische Grundlagen. Je älter Rob wird, desto bewusster werden ihm die Grenzen dieser Praktiken. Als der Bader erblindet, wendet sich Rob in seiner Verzweiflung an einen jüdischen Medicus. Beeindruckt von dessen medizinischem Verständnis beschließt er, in den Fernen Osten aufzubrechen, um ein Schüler des legendären Philosophen und Mediziner Ibn Sina (Ben Kingsley) zu werden.
Europäischer Überraschungserfolg
1986 veröffentlichte der amerikanische Novelist Noah Gordon seinen Roman The Physician, zu deutsch Der Medicus. Während sein Buch in den USA wenig Anklang fand, avancierte es in Europa und speziell in Deutschland zum Bestseller. Nach über sechs Millionen verkauften Exemplaren war eine Adaption für die große Leinwand nur eine Frage der Zeit. Trotzdem dauerte es 27 Jahre, bis Der Medicus von Regisseur Philipp Stölzl in die deutschen Kinos kam.
Adaptierte Adaption
Für eine spielfilmgerechte Adaption der 845-seitigen Romanvorlage musste Philipp Stölzl einige Kürzungen vornehmen. Rob Coles Vorgeschichte, seine Reise nach Persien und die Stilisierung des Kontrasts zwischen primitiver europäischer Medizin und der persischen Überlegenheit bleiben weitgehend erhalten. Sekundäre Handlungsstränge, Nebenfiguren sowie religiöse und kulturelle Konflikte wurden jedoch stark komprimiert und teilweise weggelassen. Der Pathos des Romans verkörpert eine komplexe historische Romanerzählung, während der Film eher einer sensationalisierten Abenteuergeschichte entspricht.
Genau wie das Buch ist Der Medicus jedoch durchzogen von historischer Ungenauigkeit. Ein elementarer Handlungspunkt ist der Ausbruch der Pest. Die erste bestätigte Epidemie des Schwarzen Todes war jedoch nicht, wie der Film seine Zuschauer glauben lässt, im 11. Jahrhundert, sondern fast 300 Jahre später. Darüber hinaus war es Christen nicht verboten arabische Städte zu bereisen. Die Häufigkeit der historischen Anachronismen und verzerrten kulturellen Darstellungen, auch wenn sie aus dem Roman übernommen wurden, hinterlässt Irritation. Die fiktionale Geschichte des europäischen Medicus hätte problemlos ohne diese fragwürdigen kreativen Entscheidungen umgesetzt werden können. Abseits dessen ist der medizinische Blickwinkel auf das metaphorisch dunkle Zeitalter hingegen interessant und innovativ.
Hollywood at home
Für die Realisierung seines fiktionalisierten Historienepos konnte Regisseur Philipp Stölzl ein hochkarätiges Ensemble gewinnen. Neben Hollywoodgrößen wie Stellan Skarsgård und Ben Kingsley ist es jedoch Hauptdarsteller Tom Payne, der in seiner ersten großen Rolle als ebenbürtiger Gegenpart überrascht. Sein Charisma hilft dem Medicus, seine inhaltlichen und narrativen Schwächen auszugleichen. Blass bleibt hingegen Emma Rigbys Rebecca, die jedoch auch keinerlei Spielraum für Charakterentwicklung bekommt. Immerhin Stölzls Inszenierung liefert Schauwerte einer Hollywood Produktion. Der filmische Wechsel von Europa nach Asien liefert eine willkommene visuelle Abwechslung und besticht durch opulente Szenenbilder aus den Dreharbeiten in der marokkanischen Wüste.
OT: „The Physician“
Land: Deutschland
Jahr: 2013
Regie: Philipp Stölzl
Drehbuch: Jan Berger
Vorlage: Noah Gordon
Musik: Ingo Ludwig Frenzel
Kamera: Hagen Bogdanski
Besetzung: Tom Payne, Emma Rigby, Stellan Skarsgård, Ben Kingsley, Oliver Martinez, Makram Khoury, Elyas M’Barek
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