
Erika Hagenbruch (Cornelia Heyse) hat gerade richtig zu kämpfen. So ist es erst einige Wochen her, dass ihr Mann gestorben ist, weshalb sie eigentlich dringend Ruhe zum Trauern bräuchte. Stattdessen macht die Bank Druck, dass sie endlich ihre Schulden zurückbezahlt, sonst droht ihr eine Pfändung! Lisa Liebling (Luise von Finckh) will dabei natürlich nicht tatenlos zusehen, sondern setzt alles daran, der alten Bekannten ihres Großvaters zu helfen. Dr. Talia Jahnka (Gabriela Maria Schmeide) hat ebenfalls mit einem persönlichen Fall zu kämpfen. So braucht ihre alte Schulfreundin Sarah „Sally“ Busch (Ulrike Krumbiegel) dringend Hilfe, als in deren Tanzschule ein Unfall geschieht und der verunglückte Tanzschüler Marek Majewski (Lucas Lentes) sie mit Klagen überzieht, da er wegen seines gebrochenen Beins seine Hochzeit verschieben muss …
Weniger missionarisch
Dass man auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gern von alten Erfolgen profitieren würde, zeigt das Beispiel Kanzlei Liebling Kreuzberg. Im Herbst 2024 wagte sich die ARD an den Versuch, die beliebte Serie mit Manfred Krug, die von 1986 bis 1998 ausgestrahlt wurde, fortzusetzen. Anstelle des verstorbenen Schauspielers soll Luise von Finckh in der Rolle der Enkelin den stolzen Namen fortführen. Der Einstieg war aber umstrittenen. So wollte man sich ganz modern geben und präsentierte deshalb eine idealistische Nachwuchsanwältin, die zwar die Eigenwilligkeit des Opas geerbt hat, sich aber deutlich sozialer gibt. Das kam nicht bei allen gut an, auch weil die Protagonistin nervig sein konnte. Der zweite Teil Bewährungsprobe, mit dem nach einem Jahr Pause die Reihe weiterging, war da schon bekömmlicher. Und auch bei der dritten Folge Nachbarschaftshilfe wird das weiter entschärft.
Das soll nicht heißen, dass aus der jungen Liebling ein völlig neuer Mensch geworden wäre. Sie will immer noch die Welt besser machen und denjenigen beistehen, die von anderen unterdrückt und ausgenutzt werden. Sie tut das aber mit weniger missionarischem Eifer. Dass sie in Kanzlei Liebling Kreuzberg: Nachbarschaftshilfe gegen eine Bank antritt, die einer trauernden alten Frau alles wegnehmen will, macht die Sache natürlich einfacher. Denn bei einem solchen Feindbild dürften die meisten Zuschauer und Zuschauerinnen gern mitziehen. Wenn die Protagonistin bei dem Kampf für Gerechtigkeit ein bisschen mauschelt, hilft ebenfalls dabei, sie etwas menschlicher werden zu lassen – zumal sie damit dem Großvater ähnlicher wird, bei dem man Gemeinsamkeiten bislang schon suchen musste. Eine wirkliche Auseinandersetzung, ob diese Vorgehensweise gerechtfertigt ist, bleibt dabei jedoch aus.
Gefälliger, aber auch beliebiger
Allgemein hat man das mit den inhaltlichen Auseinandersetzungen reduziert. Ursprünglich schien die Reihe auch auf dem starken Kontrast zwischen den beiden Hauptfiguren fußen zu wollen, die nicht nur verschiedenen Generationen entstammen, sondern bei so ziemlich allem unterschiedlicher Meinung waren. Das wäre an und für sich eine gute Gelegenheit gewesen, tatsächlich mal Gräben zu überwinden, indem Argumente beider Seiten verarbeitet werden. Zuerst zeigte man sich da aber einseitig, wenn es vor allem die ältere Partnerin war, die dazulernen sollte. In Kanzlei Liebling Kreuzberg: Nachbarschaftshilfe ist von dem Konflikt dann auch fast gar nichts mehr zu spüren. Dass man irgendwann zusammenwächst, war zwar zu erwarten. Aber so schnell? Das irritiert dann doch.
Das Ergebnis ist auch etwas gemischt. Auf der einen Seite gibt es nur noch wenig, worüber man sich aufregen müsste. Allenfalls die schon sehr klischeehaft gezeichneten Gegenspieler hätten so wirklich nicht sein müssen. Nur ist Kanzlei Liebling Kreuzberg: Nachbarschaftshilfe auf dem Weg zu mehr Gefälligkeit auch beliebiger geworden. Da ist jetzt einfach nur noch wenig, das den Film von den vielen anderen Anwaltsgeschichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unterscheiden würde. So ganz hat die Reihe daher noch immer nicht ihren Weg gefunden. Sollte es weitere Filme geben, wäre es schön, wenn man einen Mittelweg aus plakativer Konfrontation und Gefälligkeit finden könnte, der etwas aussagt, ohne gleich zu sehr belehren zu wollen.
OT: „Kanzlei Liebling Kreuzberg: Nachbarschaftshilfe“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Petra K. Wagner
Drehbuch: Andrej Sorin, Eva Lia Reinegger
Musik: Paul Eisenach, Jonas Hofer, Maddalena Barbieri
Kamera: Peter Polsak
Besetzung: Luise von Finckh, Gabriela Maria Schmeide, Emre Aksizoglu, Anja Franke, Roswitha Schreiner, Nhung Hong, Christian Kuchenbuch, Ulrike Krumbiegel, Cornelia Heyse, Lucas Lentes, Pia Barucki, Roland Bonjour, Winnie Böwe
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