
Seitdem sie von ihrem Großvater eine halbe Kanzlei geerbt hat, ist Lisa Liebling (Luise von Finckh) am Probieren, wie sie sich als Anwältin einbringen kann. Mitinhaberin Dr. Talia Jahnka (Gabriela Maria Schmeide) ist davon eher weniger angetan, sie kann weder mit dem Idealismus noch der Unbekümmertheit ihrer jungen Kollegin viel anfangen. Dabei haben sie alle genug zu tun. Während Liebling die Juraprofessorin Petra Jacobi (Leslie Malton) bei einem Fall von Rufschädigung vertritt, muss sich Jahnka um Erzieherin Amira Asadi (Rana Farahani) kümmern, die nach einer schlampigen Behandlung im Krankenhaus gesundheitliche Probleme hat. Ihr Angestellter Cem Oktay (Emre Aksizoglu) wiederum versucht, dem Straßenmusiker Peter „Kruste“ Krustkowski (Fridolin Sandmeyer) zu helfen, der einen Platzverweis wegen Ruhestörung erhalten hat …
Kampf der Weltansichten
Eine Zeit lang schien man bei der ARD den Freitagabend primär für neue Reihen reservieren zu wollen, die vom Berufsalltag der unterschiedlichsten Frauen erzählen. Ein Beispiel hierfür war Kanzlei Liebling Kreuzberg, das im Herbst 2024 ausgestrahlt wurde. Dabei handelte es sich um eine Art Fortsetzung der beliebten Serie Liebling Kreuzberg, die von 1986 bis 1998 gesendet wurde. Bei der Neuauflage dreht sich alles um eine junge Anwältin, die Enkelin des ursprünglichen Protagonisten, der seinerzeit von Manfred Krug gespielt wurde. Die Resonanz auf die neue Version war gemischt, gerade auch, weil man sich sehr betont politisch korrekt gab. Da gab es schon einige böse Reaktionen beim Publikum. Offensichtlich ist man dennoch von dem Konzept überzeugt, weshalb es 14 Monate später weitergeht, diesmal sogar mit zwei Filmen. Zuerst wird Bewährungsprobe gezeigt, die Woche drauf folgt Nachbarschaftshilfe.
An der Grundidee hat sich dabei nicht viel geändert. Noch immer geht es um die besagte Kanzlei, bei der jetzt zwei Frauen das Sagen haben, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Während die eine pragmatisch ist, sich an Regeln hält und die wirtschaftliche Realität im Blick hat, da ist die andere Idealistin – und zum Teil erschreckend weltfremd. Manchmal darf man sich schon ein wenig ärgern, wie Liebling da Regeln missachtet unter der Angabe, sie wolle doch bloß das Richtige tun. Kanzlei Liebling Kreuzberg: Bewährungsprobe zeigt da eine etwas befremdliche Einstellung dazu, wozu Gesetze da sind. Der moralinsaure Ton ist auch noch da, wenngleich man ihn ein bisschen abgeschwächt hat im Vergleich zum doch recht aufdringlichen Vorgänger.
Naiv, aber nicht verkehrt
Überhaupt ist man dieses Mal stärker darum bemüht, ein wenig Ambivalenz zu schaffen. Beispielsweise zeigt sich das anhand der Anwaltsgehilfin Senta Kurzweg (Anja Franke), ein Überbleibsel der Original-Serie, die sich mit einem neuen Programm herumschlägt. Dieses bringt tatsächlich Vorteile, anderes lässt sich nur durch persönliche Verbindungen lösen. Es braucht also das Alte und das Neue. Außerdem verzichtet Kanzlei Liebling Kreuzberg: Bewährungsprobe auf ausschließlich antagonistische Figuren, sowohl Professorin Jacobi wie auch die Krankenhausvertretung sind nicht völlig schlecht. Sie müssen nur manchmal auf ihre Fehler aufmerksam gemacht werden. Schade ist, dass Liebling keine vergleichbaren Erkenntnisse mitbekommt, obwohl sie die geringste Erfahrung von allen hat und selbst unverantwortlich handelt.
Natürlich darf man Kanzlei Liebling Kreuzberg: Bewährungsprobe auch vorwerfen, dass das alles ein bisschen naiv idealisierend ist, wenn dann doch irgendwie alles gut ausgeht. Da diesmal drei Fälle innerhalb von anderthalb Stunden abgehandelt werden müssen, werden wichtige Themen wie Gentrifizierung und persönliche Verantwortung zudem ein bisschen arg schnell abgehandelt, ohne ihnen die notwendige Tiefe zu geben. Dennoch ist es nicht verkehrt, wie hier zumindest versucht wird, sich für mehr Miteinander und Zusammenarbeit einzusetzen und nach gemeinsamen Wegen zu suchen. Selbst wenn das nicht immer realistisch ist, ist das willkommen – und weniger anstrengend als beim letzten Mal.
OT: „Kanzlei Liebling Kreuzberg: Bewährungsprobe“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Andreas Menck
Drehbuch: Andrej Sorin
Musik: Paul Eisenach
Kamera: Julia Jalnasow
Besetzung: Luise von Finckh, Gabriela Maria Schmeide, Emre Aksizoglu, Anja Franke, Roswitha Schreiner, Nhung Hong, Christian Kuchenbuch, Rana Farahani, Fridolin Sandmeyer, Leslie Malton, Matti Schmidt-Schaller
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