Anonymous Anonymus
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Anonymus

Anonymous Anonymus
„Anonymus“ // Deutschland-Start: 10. November 2011 (Kino) // 16. Mai 2012 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Noch regiert Elisabeth I. (Vanessa Redgrave) mit eiserner Hand über England, die Macht der Monarchin ist unangefochten. Doch wie soll es danach weitergehen? Schließlich hat sie keinen Sohn und damit keinen Nachfolger. Einige in ihrem Umfeld planen deshalb voraus und wollen den schottischen König James VI. (James Clyde) auf dem Thron sehen. Damit sie möglichst viel Unterstützung im Volk haben, setzen sie auf den beliebten Autor William Shakespeare (Rafe Spall), dessen Stücke gerade die Massen begeistern. Er soll ihnen dabei helfen, die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen. Dabei ahnen sie jedoch nicht, dass die Werke gar nicht von ihm stammen, sondern Edward de Vere (Rhys Ifans), Graf von Oxford, der aufgrund seiner adligen Abstammung nicht unter seinem Namen schreiben darf …

Sprunghafte, alternative Geschichtsschreibung

Auch wenn die Menschen heutzutage an die sonderbarsten Verschwörungstheorien glauben – etwa eine gefakte Mondlandung, die Invasion von Echsenmenschen und Computerchips, die uns kontrollieren sollen –, ganz neu ist das Phänomen nicht. Schon früher glaubten die Menschen an die unglaublichsten Sachen, um alternative Erklärungen zu finden. Eine solche behandelt Anonymus, wenn darin in Frage gestellt wird, ob William Shakespeare seine Stücke wirklich selbst geschrieben hat. Zwar ist der Konsens, dass der Autor auch wirklich der Autor war. Die Zweifler führen jedoch immer wieder Argumente an wie etwa den enormen Wortschatz in den Stücken, der zu groß sein soll für einen einzigen Menschen. Schon im 18. Jahrhundert wurden diese Diskussionen geführt, wobei die unterschiedlichsten Namen kursierten. Im 20. Jahrhundert war es gerade Edward de Vere, der von manchen als wahrer Urheber identifiziert wurde – so wie eben in dem Film.

Allerdings sollte man hier keine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Theorien und Argumenten erwarten. Daran ist man schlichtweg nicht interessiert. Stattdessen ist Anonymus ein etwas sonderbarer Mix aus Zeitporträt und Intrigantenstadl, bei dem man nie so ganz sagen kann, wovon er eigentlich erzählen will. Das liegt auch an der Erzählstruktur. So beginnt die Geschichte in der Gegenwart, wo ein nicht namentlich genannter Erzähler das Thema vorstellt, bevor wir dann in die Vergangenheit springen. Es ist nicht der einzige Sprung, immer wieder wird die Zeitebene gewechselt. In Kombination mit den Unmengen an Figuren, die irgendwie in das Ganze verwickelt sind, ist es nicht einfach, den Überblick zu bewahren. Selbst wer eine Zusammenfassung der Handlung liest, könnte Verständnisprobleme haben.

Unausgegoren, aber unterhaltsam

Das könnte auch mit dem Mann auf dem Regiestuhl zusammenhängen. So kennt man Roland Emmerich primär als Filmemacher, der auf inhaltlich dünnes Bombastkino setzt – siehe etwa Independence Day oder 2012 – Das Ende der Welt. Bei Anonymus gibt es aber keine Spezialeffekte, mit denen das Publikum abgelenkt werden kann. Tatsächlich ist das Historiendrama ein überraschend „kleines“ Werk, sowohl im Hinblick auf das Budget wie auch die Handlung. Zwar gibt es die besagten Intrigen und falschen Identitäten, es ist also nicht so, dass da gar nichts geschieht. Dennoch, es geht primär um die Geschichte, keine Aktionen, was man eher weniger mit dem deutschen Regisseur in Verbindung bringt. Sein Ausflug ins Narrative war dann auch ein Fiasko: Trotz der vergleichsweise geringen Kosten wurde der Film zu einem Verlustgeschäft.

Das heißt aber nicht, dass das Ergebnis deswegen schlecht ist. Teilweise macht der Film schon Spaß. Beispielsweise ist Rafe Spall in der Rolle des täuschenden Barden wunderbar. Überhaupt macht dieser Teil der Geschichte Spaß, wenn es um die besagte alternative Urheberschaft geht. Hätte sich Anonymus darauf konzentriert und auch stärker das humoristische Potenzial genutzt, anstatt den besagten Mix zu verfolgen, der selbst bei der Tonalität uneinheitlich ist, hätte das hier richtig unterhaltsam werden können. So bleibt eine seltsam unausgegorene Kuriosität, die schon einen Blick wert ist, aber eben mehr verwirrt als begeistert.

Credits

OT: „Anonymous“
Land: Deutschland, USA
Jahr: 2011
Regie: Roland Emmerich
Drehbuch: John Orloff
Musik: Thomas Wander, Harald Kloser
Kamera: Anna Foerster
Besetzung: Rhys Ifans, Vanessa Redgrave, Joely Richardson, David Thewlis, Xavier Samuel, Sebastian Armesto, Rafe Spall, Edward Hogg, Jamie Campbell Bower, Derek Jacobi

Bilder

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Anonymus
fazit
„Anonymus“ greift die umstrittene Urheberschaft von William Shakespeare auf und macht daraus ein intrigantes Historiendrama. Der Film verzettelt sich dabei in mehreren Zeitebenen und Strängen, verwirrt mehr, als dass er begeistert. Aber auch wenn er als etwas geradlinigere Komödie wohl besser funktioniert hätte, ist das Ergebnis schon unterhaltsam.
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