
25 Jahre haben sich Jürgen (Markus John) und Gloria (Catrin Striebeck) schon nicht mehr gesehen, seitdem sie ihre Familie verließ, um woanders noch einmal von vorne anzufangen. Jetzt begegnen sie sich wieder, nicht ganz zufällig: Die gemeinsame Tochter Willie (Lou Strenger) will einen Abschlussfilm für ihr Studium an der Filmhochschule drehen, der eben ihre Familie zum Thema haben soll. Doch das ist nicht so einfach wie gedacht, da doch eine Menge alter Wunden wieder aufbrechen. Dass auch Jürgens zweite Frau Uta (Johanna Gastdorf) und Willies Adoptiv-Bruder André (Florian Geißelmann) dabei sind, macht die Sache nicht einfacher. Während Willies Freund Männi (Jean Paul Baeck) die Kamera auf die Familie richtet, eskaliert die Situation zunehmend …
Vergessener Filmspaß
Die meisten dürften Found Footage mit Horrorfilmen in Verbindung bringen. Schließlich war es dieses Genre, welches das Prinzip der gefundenen Aufnahmen in Filmen etablierte. Dann und wann haben sich aber auch Beiträge aus anderen Genres daran versucht, vor allem im Komödienbereich finden sich Beispiele. Das bekannteste dürfte der US-Hit Project X sein, wo es um eine böse eskalierende Party von Schülern ging. Aber auch die französische Variante Project: Babysitting, hier ist es eine Feier zum 30. Geburtstag, ist amüsant. Mit Seid einfach wie ihr seid kommt nun ein deutscher Versuch in die Kinos, das inzwischen eher in Vergessenheit geratene Konzept zu komödiantischen Zwecken zu nutzen.
Dabei ist der Film schon ein bisschen älter, lief bereits Anfang 2023 beim Max Ophüls Preis. Dass er bald drei Jahre später einem größeren Publikum zur Verfügung gestellt wird, muss man zwar nicht verstehen, ist prinzipiell aber eine gute Nachricht. Das liegt zumindest zum Teil an dem Found-Footage-Prinzip. Das ist hier schon naheliegend, da das Thema Film eine größere Rolle spielt als bei anderen Werken, die mit dieser Methode arbeiteten, um den damaligen Trend irgendwie zu nutzen. Hier läuft die Kamera nicht aus fadenscheinigen Gründen mit. Die Aufnahmen sind tatsächlich Sinn und Zweck des Unterfangens, bei Seid einfach wie ihr seid sollte ein Film entstehen. Da hält man eben weiter auf das Geschehen, selbst dann, wenn gerade alles den Bach runtergeht. Das Prinzip Hoffnung eben. Zum Teil zumindest ist das hier ein Film über das Filmemachen.
Zwischen Satire und Familienalltag
Wobei man in der Hinsicht keine zu großen Erwartungen haben sollte. Dann und wann baut Regisseurin und Drehbuchautorin Alice Gruia zwar schon eigene Kommentare ein, wenn es an einer Stelle beispielsweise heißt, der Abschlussfilm würde für Festivals gedreht, was mit einem bissigen „also für niemanden“ quittiert wird. Seid einfach wie ihr seid kann manchmal schon auch als Satire auf Filmschaffende verstanden werden, die eine Kombination aus Authentizität und Kunst suchen, dabei aber von beidem keine Ahnung haben. Denn wer so etwas wie den Film im Film produziert, der sollte sich vielleicht doch lieber eine andere Lebensaufgabe suchen. Erst als Mockumentary, also als Pseudo-Dokumentation, wird diese Unzulänglichkeit sehenswert. Nur hätte man das eben noch weiter zuspitzen können.
Die eigentliche Geschichte innerhalb dieses missglückten Filmversuchs ist ohnehin weniger bemerkenswert. Seid einfach wie ihr seid erzählt von einer dysfunktionalen Familie, bei der viele nicht miteinander können, aber auch keine wirklichen Anstalten machen, die Probleme aus dem Weg zu räumen. Manchmal ist auch das witzig. Manchmal ist es eher anstrengend, wenn die Konflikte ein Selbstzweck sind, anstatt damit viel zu erzählen. In der Summe ist das Werk eine deutsche Komödie, die sicherlich interessanter und cleverer ist als viele andere, die einem so vorgesetzt werden – auch wenn der Film wie der Film im Film eher für ein Festival-Publikum geeignet ist. Wer sich selbst dazu zählt und etwas anderes sehen möchte, sollte dieser kleinen Produktion eine Chance geben.
OT: „Seid einfach wie ihr seid“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Alice Gruia
Drehbuch: Alice Gruia
Kamera: Thorsten Schönrade
Besetzung: Lou Strenger, Catrin Striebeck, Markus John, Johanna Gastdorf, Florian Geißelmann, Jean Paul Baeck
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