Der Horrorfilm The Black Phone – Sprich nie mit Fremden erzählte 2021 von dem Jungen Finney (Mason Thames), der von dem Grabber (Ethan Hawke) entführt und in seinen Keller gesperrt wird. Am Ende gelingt es ihm mit der Hilfe anderer verstorbener Kinder, mit denen er per Telefon spricht, aus dem Gefängnis zu entkommen und dabei auch seinen Entführer zu töten. Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Denn in Black Phone 2 müssen er und seine Schwester Schwester Gwen (Madeleine McGraw) sich erneut dem Teufel in Menschengestalt stellen, wenn sie eine Spur zu einem entlegenen christlichen Camp führt – und zu ihrer verstorbenen Mutter. Zum Kinostart am 23. Oktober 2025 haben wir uns mit Regisseur und Co-Autor Scott Derrickson unterhalten. Im Interview spricht er über die Inspirationen für den zweiten Teil, die Überwindung von Ängsten und mit welchem toten Menschen er gern telefonieren würde.
Könntest du uns etwas über die Entstehungsgeschichte von Black Phone 2 verraten? Ich muss gestehen, dass ich nach dem Ende des ersten Teils nicht erwartet hatte, dass es einen zweiten geben würde.
Das hatte ich auch nicht. Erst als der erste Film schon draußen war, kam Joe Hill, auf dessen Kurzgeschichte Black Phone basierte, mit der Idee auf mich zu, dass der Grabber aus der Hölle anrufen könnte. Das war gleichzeitig naheliegend und interessant. Er hatte aber auch eine Idee, wie der Grabber in die Geschichte von Gwen und Finneys Mutter passen könnte. Das war faszinierend, ich hatte vorher überhaupt nicht an diese Möglichkeit gedacht. Das war die Ausgangsidee für unseren kreativen Prozess. Außerdem dachte ich: Wenn ich ein paar Jahre warte, dann kann ich einen High-School-Horrorfilm drehen. Die Kombination aus diesen beiden Punkten war es, was mich überzeugte, den zweiten Teil zu machen.
Und habt ihr über die Möglichkeit nachgedacht, einen Film über die beiden zu machen, ganz ohne den Grabber? Die übersinnlichen Fähigkeiten der beiden sind ja nicht an ihn gebunden.
Ich habe noch nicht über einen dritten Film nachgedacht. Für mich ist es wichtig, mich immer auf einen Film zu konzentrieren. Wenn du immer schon auf eventuelle zukünftige Filme schaust und ein Franchise machen willst, dann schränkst du dich zu sehr selbst ein. Manchmal sind solche Cinematic Universes notwendig für manche Geschichten oder Studios. Aber für mich ist das nichts, ich will lieber nur einen Film auf einmal machen.
Dann kommen wir zum zweiten Teil zurück. Warum habt ihr euch für dieses eisige Setting entschieden? Die Geschichte hätte schließlich überall spielen können.
Mit dem ersten Film wollte ich ausdrücken, wie sich der Ort anfühlte, an dem ich selbst aufgewachsen bin, als ich zwölf Jahre alt war: eine Arbeiterfamilie-Nachbarschaft in Nord-Denver. Ich glaube, dass es uns ganz gut gelungen ist, dem Publikum dieses Gefühl zu vermitteln. Ich hatte aber kein Interesse, zu dieser Welt zurückzukehren und dasselbe zu zeigen, nur vier Jahre später. Also habe ich überlegt, welche Erfahrungen mich damals selbst geprägt haben. Und eine besonders prägende Erfahrung waren diese christlichen Wintercamps in den Rocky Mountains, zu denen ich jedes Jahr gegangen bin. Unsere Geschichte spielt im Jahr 1982 also zu einer Zeit, als Freitag der 13. und die ganzen anderen Slasherfilme herauskamen, die in solchen Camps spielen. Aber keines davon war ein Wintercamp und ich dachte, dass das ein Setting ist, das sehr kraftvoll ist und mit dem ich eine starke Reaktion beim Publikum erzeugen kann, wenn wir es richtig machen.
Du hast bereits erwähnt, dass du wieder mit deinem Cast arbeiten willst, wenn sie älter sind. Wie war es, mit Mason und Madeleine zusammenzuarbeiten, jetzt, da sie keine Kinder mehr sind?
Das war schon ein Risiko. Kinderschauspieler werden nicht zwangsläufig besser, wenn sie älter werden. Manche werden sich zu sehr ihrer selbst bewusst. Aber die beiden waren damals so reif für ihr Alter und so starke emotionale Motoren, dass ich optimistisch war, dass sie es schaffen das umzusetzen, was das Drehbuch von ihnen verlangte. Und das haben sie. Ich liebe Mason. Ich liebe Maddie. Das sind wundervolle Kinder.
Ein Element, das ich bei beiden Filmen mag, ist das Sprechen mit Toten über ein Telefon. Wenn du eine beliebige tote Person anrufen könntest, wen würdest du aussuchen?
Meinen Vater. Ich werde das nicht weiter vertiefen. Eine Sache aber: An dem Tag, an dem er beerdigt wurde, hat meine Schwester nachts drei Telefonanrufe bekommen. Am anderen Ende der Leitung hat niemand gesprochen, da war nur ein Klopfen. Meine Schwester ist aber bis heute davon überzeugt, dass sie in dieser Nacht mit ihm kommunizieren konnte. Das war vermutlich einer der Gründe, warum ich diese Filme überhaupt machen wollte.
Dann lass uns über Angst sprechen, weil das ein wichtiges Thema in den beiden Filmen ist. Black Phone 2 handelt auch davon, sich Ängsten zu stellen und sie zu überwinden. Nun ist Angst aber erst einmal nicht verkehrt. Wenn du einem Mann mit einer Teufelsmaske im wahren Leben begegnest, wäre es vermutlich keine gute Idee, in seinen Lieferwagen zu steigen. Wie schafft man die Balance aus einer guten und einer schlechten Angst?
Das stimmt: Angst ist ein Warnsystem für die Gefahren in der realen Welt. Aber diese übertriebene Angst, die wir in uns tragen, kann uns lähmen. Und wenn wir diese dann zu unterdrücken versuchen, kann dies gravierende Folgen für uns haben. Finney ist durch diese Angst und die furchtbaren Erlebnisse, die er hatte, zu einem anderen Menschen geworden. Er ist so wütend geworden. Viele Jugendliche sind wütend und versuchen damit, ihre Ängste zu überspielen. Und es sind diese Ängste, die dazu führen können, dass du dich selbst kaputtmachst, Beziehungen kaputtmachst oder auch andere Menschen. Diese Ängste musst du überwinden.
Angst ist ja eigentlich auch ein sehr unangenehmes Gefühl, das wir so gar nicht wollen. Und doch gehen wir ins Kino und schauen uns Horrorfilme an, um Angst zu haben. Warum tun wir das? Warum wollen wir Angst haben in diesem Kontext?
Angst ist eines der machtvollsten Gefühle, die du haben kannst. Wenn wir Angst suchen an einem Ort, bei dem wir wissen, dass uns nichts passieren kann, dann können wir an diesem Gefühl teilhaben, an diesem Thrill. Das ist wie in einer Achterbahn, wo du das Gefühl haben kannst, dass du sterben wirst, während klar ist, dass du das nicht wirst. Du hast diese Aufregung, wenn etwas gefährlich ist, obwohl keine wirkliche Gefahr droht. Vor allem aber gibt dir Horror-Kunst, egal ob das jetzt Filme, Bücher oder sogar Bilder sind, die Möglichkeit, dich dem zu stellen, wovor du Angst hast. Horror-Kunst bereitet dich darauf vor, den Horror zu konfrontieren, der in der wirklichen Welt wartet. Für mich war das so, sowohl als Filmemacher wie auch als Zuschauer oder Leser. Wir erschaffen keinen Horror, sondern machen es möglich, dem realen Horror zu begegnen, auf eine Weise, wie es sonst nicht möglich wäre. Deswegen denke ich, dass dieses Medium und dieses Genre so wichtig sind.
Nachdem du dich so viel damit beschäftigt hast, so viele Menschen erschreckt hast und die Tricks von Horrorfilmen kennst: Findest du noch immer welche, die dir Angst machen?
Oh ja! Jeder Film, an dem ich arbeite, macht mir Angst. Sonst würde ich ihn gar nicht machen. Natürlich ist da jeder anders. Es gibt sicher auch Filmemacher, die wie Puppenspieler auftreten und andere manipulieren. Für mich ist es hingegen wichtig, etwas zu finden, das mir selbst Angst macht. Mich selbst damit zu konfrontieren, wird so zu einer kathartischen Erfahrung. Horrorfilme haben mir sehr dabei geholfen, meine eigenen Ängste zu überwinden. Am Anfang meiner Filme steht immer meine eigene Angst.
Vielen Dank für das Interview!
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