Divine Comedy
© Amin Jafari
Divine Comedy
„Divine Comedy“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Im Ausland kann der Filmemacher Bahram (Bahram Ark) seine Werke problemlos auf Festivals und in Kinos zeigen – in seiner Heimat, dem Iran, hingegen nicht. Immer wieder wurde er Opfer der Zensur oder konnte seine Werke nicht offiziell zeigen, was er mit seinem neuen Film endlich ändern will. Ein Termin beim Kultusministerium beginnt zwar zunächst noch ganz freundlich und mit viel Lob für seine Arbeit, doch der zuständige Beamte sieht keinerlei Möglichkeit, Bahrams Film in der dieser Form in den iranischen Kinos zu zeigen. Enttäuscht kehrt der Regisseur zu seiner Produzentin Sadaf (Sadaf Asgari) zurück, die ihn aber ermutigt, so schnell nicht aufzugeben und es über andere Wege zu versuchen. Auf ihrer Vespa fahren sie durch Teheran, um dort nach einem Kino für den Film zu suchen, aber die Suche ist nicht ohne Hindernisse. Angefangen bei einem Kinobetreiber, der leider auch Ambitionen hat, Schauspieler zu werden, bis hin zu einer tierlieben Unternehmerin durchleben sie viele skurrile Begegnungen.

Lachen als Widerstand

Wenn ein System so absurd ist und gegen einen arbeitet, hilft manchmal nur Humor, damit man diese Ungerechtigkeit ertragen kann. Regisseur Ali Asgari hat im Laufe seiner Karriere selbst zahlreiche Konflikte mit den iranischen Behörden erlebt, denn bereits seine frühen Kurzfilme More Than Two Hours oder The Baby durften im Iran nicht gezeigt werden und hatten von den Behörden keine offizielle Drehgenehmigung. Dass er sie dennoch auf Festivals außerhalb seiner Heimat zeigte, wurde als politischer Akt gewertet, wie später auch später bei seinen Filmen Disappearance oder zuletzt Irdische Verse. Sein neuer Film Divine Comedy ist damit wohl eines seiner persönlichsten Werke, in dem er viele seiner Erfahrungen mit der iranischen Zensur und dem politischen System verarbeitet hat. Mit starkem Bezug auf Dante Alighieris Göttliche Komödie zeigt er in seinem neuen Film die unterschiedlichen Realitäten seines Landes, die Willkür und die Kontrolle sowie die Manipulation menschlicher Moral und Integrität.

Wie schon in Irdische Verse weiß man auch in Divine Comedy als Zuschauer nicht, ob man lachen oder bestürzt sein soll. Natürlich sind die einzelnen Begegnungen des Regisseurs und seiner Produzentin bizarr und komisch, jedoch wird einem immer wieder deutlich, dass Asgaris Film einen sehr realen und erschreckenden Kern hat. Die Suche der beiden Hauptfiguren nach einem Kino für ihren gemeinsamen Film gleich der Suche von Asterix und Obelix nach dem berühmtem Passierschein A38 in Asterix erobert Rom. Bahram erfährt nie offene Ablehnung oder gar Gewalt – denn diese Konzepte verstecken sich geschickt hinter leeren Worthülsen, Höflichkeitsfloskeln oder Vertröstungen.

Was bei den beiden Galliern unterschiedliche Formulare und Schalter sind, die sie letztlich in das Labyrinth eines Systems einführen, ist in Asgaris Film nicht reduziert auf eine einzelne Institution, sondern auf eine Wahrnehmung der Welt als Spiegel eines bürokratischen und letztlich menschenfeindlichen Systems. Alle Menschen – nicht nur die Kunstschaffenden – sind gezwungen, sich Schlupflöcher zu suchen, von denen einige besonders kreativ sein mögen, einige andere den Einzelnen aber in moralisch fragwürdige Positionen bringen. Divine Comedy wirkt gerade deshalb bisweilen wie ein Episodenfilm, bei dem jedoch die Protagonisten gleich bleiben, wobei einige Momente natürlich besser funktionieren als andere.

Entkomme der Matrix

Divine Comedy ist in vielerlei Hinsicht ein Weiterdenken der Idee von Irdische Verse. Als Bahram in der Kulturbehörde des Iran vorspricht, nutzt Asgari sogar dieselbe Ästhetik wie in seinem vorherigen Film. Nur Bahram sieht man, während der Minister oder dessen Beauftragter unsichtbar bleiben und man nur ihre Stimme hört. Dieser beteuert, man sei stolz auf Bahram, er sei schließlich einer der führenden Regisseure weltweit und auf vielen Festivals gern gesehen, weshalb sein Entgegenkommen vom System doch nur eine Lappalie ist. Es ist ein seltsamer Widerspruch, den Bahram zwar erkennt, gegen den er jedoch – wie die Figuren in Irdische Verse – einfach nicht ankommt.

Die Mächtigen bleiben im Hintergrund während die Menschen ihre Prinzipien oder ihre moralische Integrität verraten müssen, nur um einem System zu gefallen, dem sie schließlich doch egal sind. Man kommt nicht umhin an einen Regisseur wie Abbas Kiarostami zu denken, der Zeit seines Lebens immer wieder mit der Zensur im Iran in Konflikt geriet – nach seinem Ableben jedoch schmückte sich das System damit, einen solchen Künstler gehabt zu haben. Asgari und viele seiner Kollegen gehören zu einer Generationen, die sich dieser Heuchelei mehr als bewusst sind – Lachen ist ihre Medizin zu diesem omnipräsenten Widerspruch.

In den Hauptrollen überzeugen Bahman Ark und Sadaf Asgari, die Nichte des Regisseurs. Ihre Figuren stehen repräsentativ für den bereits genannten Widerspruch einer Generation, die sich weltoffen geben will, aber von einem autoritären Regime immer wieder in ihre Schranken gewiesen wird. Anders als Neo und Trinity in Matrix – dem einstigen Lieblingsfilm Bahmans – gelingt ihnen das Entkommen aus der Scheinwelt nicht vollends, denn schließlich müssen sie immer wieder in diese zurückkehren und nach ihren Regeln spielen. Speziell Ark betont den Kampf eines Menschen, der seine moralische und künstlerische Integrität nicht aufs Spiel setzen will, doch einsehen muss, dass er einen absurden, aussichtslosen Krieg führt.

Credits

OT: „Komedie Elahi“
Land: Iran, Italien, Frankreich, Deutschland, Türkei
Jahr: 2025
Regie: Ali Asgari
Drehbuch: Ali Asgari, Alireza Khatami, Bahram Ark, Bahman Ark
Musik: Hossein Mirzagholi
Kamera: Amin Jafari
Besetzung: Bahman Ark, Sadaf Asgari, Hossein Soleimani, Mohammad Soori, Amirreza Ranjbaran, Faezeh Rad

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Divine Comedy
fazit
„Divine Comedy“ ist eine Komödie mit einigen tragisch-absurden Tönen über das autoritäre politische System des Iran und die Scheinwelt, die es für seine Bürger kreiert. Regisseur Ali Asgari gelingt ein komischer und sehr erhellender Einblick in die täglichen Widersprüche und moralischen Konflikte von Menschen, die versuchen, trotz der Auflagen der Zensur Kunst zu machen. Ohne Zweifel wird auch dieser Film es schwierig haben im Iran – doch das weiß Asgari sicherlich und entkommt damit der Matrix.
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