Damned If You Do Damned If You Dont Come ti muovi, sbagli
© Fandango

Damned If You Do, Damned If You Don’t

Damned If You Do Damned If You Dont Come ti muovi, sbagli
„Damned If You Do, Damned If You Don’t“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Was tut ein verzweifelter Professor für italienische Literatur, nachdem er seiner Frau, mit der er zwei Kinder hat, mit einer Studentin fremdgeht? Natürlich, er nimmt einen über 1.500 Kilometer langen Marsch von Heidelberg bis nach Rom auf sich, um seine Angetraute wieder für sich zu gewinnen. Für Helmut (Tom Wlaschiha) ist es nämlich keine Option, Verantwortung zu übernehmen und mit den Konsequenzen seiner Taten zu leben, obwohl Sofia (Greta Scarano) verständlicherweise nichts mehr mit ihm zu tun haben möchte und die erste Zeit nach der verständlichen Trennung bei ihrem Vater (Gianni Di Gregorio) verbringt, der eigentlich nur sein Dolce Vita im Ruhestand genießen will. Durch die neue Dynamik im Haushalt wird aber auch dessen Leben durcheinandergebracht, vor allem von seinen Enkelkindern und einer emotional volatilen Flamme in Form von Giovanna (Iaia Forte).

Alpenüberquerung, German Style

Damned If You Do, Damned If You Don’t ist in erster (und auch einziger) Linie eine leichte, leicht kopflose romantische Komödie mit zwei vorherrschenden Themen: Zum einen die Coming-of-(Old)-Age Story des Großvaters, der dank der unvorhersehbaren Geschehnisse seine Gemütlichkeit hinterfragen muss, zum anderen die Redemption-Arc Helmuts. Bei einer dieser Storys liegt ein großes Problem inne: Während das meiste rund um den Nonno relativ sympathisch, charmant und wholesome gestaltet ist, was nicht zuletzt am überzeugenden Schauspiel Gianni Di Gregorios liegt, fördert Helmuts verzweifelter Versuch, wieder mit Sofia zusammenzukommen, erhebliches Stirnrunzeln zutage. In einem buchstäblichen Gang nach Canossa möchte er Reue bezeugen, wirkt aber eher wie ein trotziges Kind, das kein Nein akzeptieren möchte. Von nachwirkender Romantik oder Leidenschaft keine Spur.

Gerade in den Momenten, in denen er zu Fuß über die Alpen schreitet wie einst Hannibal, nur ohne Kriegselefanten, dafür mit einem willkürlich herbeigelaufenen Wolf namens Stern, offenbart sich surrealer, plumper Blödsinn, der sich nicht mit der viel eher menschelnden Geschichte des Großvaters vermengen möchte. Alpen, Wolf, Rom – ist das noch Allegorie oder ein gefühlsblinder, aus der Zeit gefallener Schlag mit dem Vorschlaghammer, eine konservative Reminiszenz an vermeintlich bessere Zeiten, in denen Männer noch mit mehr Mist davonkamen als eh schon? Selbst wenn der Schaden längst angerichtet ist, wird dies mit einem „man wird ja noch Fehler machen dürfen“ abgetan, denn die Verzeihung für etwaige Taten geht bereits mit der auf sich selbst genommenen Bürde einher. Am Ende ist der Mann dem anderen Mann sogar näher als seine eigene Tochter; der Großvater unterstützt hinter dem Rücken Sofias Helmuts Vorhaben, denn er sei ja „eigentlich ein guter Kerl“.

Charmanter Klamauk mit fadem Beigeschmack

Hinter einer süß anmutenden Erzählung ohne ersichtliche Hintergedanken versteckt sich so die Message, dass der Wille einer erwachsenen Frau, einer Mutter von zwei Kindern, quasi unwichtig sei, solange die Männer sich darüber einig sind, nichts falsch gemacht zu haben. Wie die Emanzipation von einem missbräuchlichen Partner trotz etlicher Rückschläge richtig geht, präsentierte in diesem Jahr der brasilianische Film The Best Mother In The WorldDamned If You Do, Damned If You Don’t scheint eher fremdgehende Männer in einer „nach mir die Sintflut“ Ideologie zu bestärken; schließlich lässt sich alles wettmachen, solange man nur die eigens ermessenen Längen geht, damit eine Frau einem verzeiht. Auch wenn Tom Wlaschiha seine Rolle gewohnt souverän, teilweise schmierig, teilweise sympathisch, vollends von irgendwelchen Realitäten entrückt, spielt, hätte dieser gesamte Part, der ab einem gewissen Zeitpunkt im Film überhandnimmt, gestrichen werden können. So präsentiert die Geschichte rund um den Großvater um einiges wohlwollendere, charmantere Ansätze, die in sich geschlossen oftmals für Feel-Good-Momente sorgen.

Die Interaktionen von Gianni Di Gregorio mit seinem temperamentvollen Butler, mit den wirbelwindartigen Enkelkindern, mit seiner moderner denkenden Tochter, mit seiner erst für bare Münze genommenen Liebschaft, zeugen von viel Herz und Verständnis fürs Älterwerden, für die Entschleunigung in einer sich immer rapider nach vorne bewegenden Welt, die beispielsweise in der Zusammenkunft der Kumpel-Vierertruppe in einem Café einfach mal Pause macht. Leider werden auch diese Aspekte nicht genügend erforscht, denn Helmut, dessen moralisch verwerfliche Liaison in den ersten paar Minuten abgespeist wird, muss ja „seine“ Familie zurückgewinnen, als hätte er niemals die Auswirkungen, mit einer Studentin zu schlafen, vorhersehen können. In Damned If You Do, Damned If You Don’t kristallisieren sich um die drei-vier verschiedene Filme heraus, die in der 97 Minuten dauernden Laufzeit natürlich nicht so ausgearbeitet werden können, wie sie das Potenzial dazu hätten. So bleibt eine zwar harmlos ansehbare, aber sich selbst und das Publikum gaslightende Produktion über; eine, die vorgibt, eine leichtfüßige Dolce-Vita-Hommage und heroische Liebesgeschichte zu sein, der es jedoch umfassend an Substanz mangelt und deren Aussagen gar antifeministisch herüberkommen.

Credits

OT: „Come ti muovi, sbagli“
Land: Italien, Frankreich
Jahr: 2025
Regie: Gianni Di Gregorio
Drehbuch: Marco Pettenello, Gianni Di Gregorio
Musik: Ratchev & Carratello
Kamera: Maurizio Calvesi
Besetzung: Gianni Di Gregorio, Greta Scarano, Tom Wlaschiha, Iaia Forte

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Damned If You Do, Damned If You Don’t
fazit
Die Prämisse sowie das Schauspiel in „Damned If You Do, Damned If You Don’t“ sind vielversprechend, der metaphorische Balken, der den Zuschauer*innen allein mit Helmuts Bitt- und Bußgang vor den Latz geknallt wird, leider ernüchternd bis nervig. Ein ausschließlicher Fokus auf die Beziehungen des wirklich sympathisch aufspielenden Großvaters hätte dem Film um einiges besser getan, als das karikaturhafte Anschneiden mehrerer Themenkomplexe, von denen am Ende hauptsächlich die allumfassende, immerwährende männliche Überheblichkeit, gerade gegenüber Frauen, im Gedächtnis bleibt.
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