
Seit dem Tod seiner Frau muss sich Taylor Wyatt (Tony Hale) allein um seine Kinder kümmern. Während sein Sohn Jack (Kue Lawrence) den Verlust gut zu verkraften scheint, macht ihm seine Tochter Amber (Bianca Belle) Sorgen. Immer wieder zeichnet sie grauenerregende Monster in ihr Skizzenbuch oder fällt durch düstere Fantasien auf. Dabei würde Taylor gern einen Schlussstrich ziehen. Er versucht sogar, mit Hilfe seiner Schwester Liz (D’Arcy Carden) sein Haus zu verkaufen. Doch dann kommt es zu einem seltsamen Zwischenfall: Der abenteuerlustige Jack entdeckt bei seinen Streifzügen durch den Wald einen Teich, der magische Kräfte zu haben scheint. Erst repariert dieser sein Handy und heilt seine Wunden. Als jedoch Ambers Skizzenbuch im Wasser landet, entwickeln die Figuren darin ein Eigenleben …
Farbenfrohe Fantasiewesen
Wer hat sich nicht als Kind irgendwelche Sachen vorgestellt und davon geträumt, das alles wahr werden zu lassen? Ob wir nun in unserer Vorstellungskraft Abenteuer erleben, fremde Orte erkunden oder sonderbaren Kreaturen begegnen, in dem Alter gehört das einfach dazu. Was aber, wenn diese Fantasien wahr werden? In der Realität geschieht das eher seltener, für Filme ist das aber ein dankbares Szenario. In der Kinderbuch-Adaption Harold und die Zauberkreide haben wir es zwar nicht mit einem Kind zu tun, sondern einem Mann mit kindlichem Gemüt. Dafür kann der Protagonist mit seiner Kreide etwas zeichnen, das dann tatsächlich existiert. Sketch geht in eine ähnliche Richtung, wenn hier die Zeichnungen eines Mädchens zum Leben erwachen. Doch trotz offensichtlicher Gemeinsamkeiten geht der Film in eine ganz andere Richtung – und ist auch um Welten besser.
Dabei ist die Produktion hier deutlich günstiger als der obige Hollywood-Kollege, kostete nicht einmal ein Zehntel. Auf eine bekannte Besetzung muss man auch verzichten. Das fehlende Budget macht sich natürlich bemerkbar, die zu Leben erwachten Kreaturen sehen schon ziemlich billig aus. Was normalerweise aber ein Manko ist, macht hier sogar einen Teil des Charms aus. Es soll ja gar nicht darum gehen, dass irgendwelche beeindruckenden Kreaturen auftauchen. Stattdessen streifen in Sketch Kinderzeichnungen umher, die von Natur aus unförmig und unfertig sind, irgendwie bizarr und teilweise komisch. Wesen, die aus einer beliebigen Anordnung von Extremitäten und Augen bestehen. Und Farben, vielen Farben. Amber hat die Palette der ihr zur Verfügung stehenden Stifte schon zu nutzen gewusst, was Auswirkungen auf die Figuren wie auch die Welt hat, die unter einer dicken Farbschicht begraben wird.
Ein ernster Kern
Doch es geht dabei eben nicht nur darum, irgendwelche Kreaturen auferstehen zu lassen, in einer Mischung aus Terror und Komik. Regisseur und Drehbuchautor Seth Worley, der hiermit sein Langfilmdebüt vorlegt, geht es in Sketch eigentlich um etwas anderes. Er erzählt in seinem Film von einer Familie, die mit einem schweren Verlust zu kämpfen hat und dafür unterschiedliche Mechanismen gewählt haben. Während Vater und Sohn Stärke beweisen wollen und sich damit nur vor ihrer eigenen Trauer verstecken, lebt die Tochter diese in ihren schrecklichen Bildern aus. Die Zeichnungen werden zu einem Ventil dafür, das zu verarbeiten, wofür sie keine Worte findet. Für die sie auch keine Abnehmer findet, da niemand mit ihr darüber spricht.
Sketch ist daher nicht allein auf Unterhaltung aus. Das Familienabenteuer, das beim Toronto International Film Festival 2024 Weltpremiere hatte, will dem Publikum mit den Fantasien auch einen Rat für die reale Welt mitgeben: Lasst eure Gefühle zu, so kompliziert, so traurig, so wütend sie auch sein mögen, anstatt sie in euch zu vergraben. Der Film richtet sich damit zwar prinzipiell an ein jüngeres Publikum, passend zu den Hauptfiguren. Aber auch Taylor, der mit der Situation ebenso sehr zu kämpfen hat, darf durch die Begegnung mit den Zauberwesen etwas über sich und seine Aufgabe als Vater lernen – und vielleicht das eine oder andere Elternteil im Publikum inspirieren, selbst in sich hineinzuhören.
OT: „Sketch“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Seth Worley
Drehbuch: Seth Worley
Musik: Cody Fry
Kamera: Megan Stacey
Besetzung: Tony Hale, D’Arcy Carden, Bianca Belle, Kue Lawrence, Kalon Cox
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