
Kristina Lurz (Silke Bodenbender) will es in der deutschen Politik zu etwas bringen. Dafür ist sie auch bereit, klein anzufangen. Sehr klein: Sie ist seit Kurzem Bürgermeisterin der wenig bekannten Kleinstadt Waldsee. Als die Bundesregierung Pilotprojekte für indische IT-Fachkräfte in Deutschland sucht, sieht sie ihre Chance gekommen, auch über die Stadtgrenzen auf sich aufmerksam zu machen. Außerdem arbeitet ihr Mann Lennart (Christian Erdmann) ohnehin im örtlichen IT-Unternehmen und könnte einen Erfolg gut gebrauchen. Zwei Fliegen mit einer Klappe also. Lennarts Chef Dr. Joachim Kraft (Jörg Schüttauf) ist auch durchaus angetan von der Idee. Andere in Waldsee sind weniger enthusiastisch, dass da auf einmal lauter Ausländer rumlaufen sollen. Und als wäre das nicht schon Stress genug, wird die Stadt plötzlich von jemandem erpresst …
Sommerkomödie mit bekannten Namen
Eigentlich regiert momentan ja wieder das Sommerloch im deutschen Fernsehen, die öffentlich-rechtlichen Sender bringen dann überwiegend nur noch Wiederholungen oder irgendwelche Lizenztitel. Es gibt aber eine Ausnahme: Das ZDF will offensichtlich den Donnerstagabend sein Publikum mit neuen Komödien erheitern. Los ging es dabei mit Andere Eltern: Die 1. Klasse, einer späten Fortführung der Serie, bei der es um Eltern geht, die sich angesichts des Fachkräftemangels als Lehrkräfte versuchen. Mit Ein ganz großes Ding steht nun eine weitere Eigenproduktion aus dem humorvollen Segment an. Dieses Mal gibt es keine zugrundeliegende Serie oder eine andere Franchiseform. An bekannten Namen mangelt es aber nicht. So spielen eine Reihe von Leuten mit, die man aus dem Kino oder dem Fernsehen kennt. Und auch hinter der Kamera finden sich einige illustre Filmschaffende.
Zu diesen zählt auch Drehbuchautor Ralf Husmann. Diesen dürften die meisten bis heute mit der Kultserie Stromberg rund um eine Versicherungsabteilung in Verbindung bringen. Später war er unter anderem für die Scheidungsserie Merz gegen Merz verantwortlich. Dieses Jahr folgte der Fernsehfilm Die Bachmanns, auch dieser handelte von einem auseinandergebrochenen Ehepaar. Insofern wundert es dann nicht wirklich, wenn im Mittelpunkt von Ein ganz großes Ding mal wieder ein Paar steht, bei dem der Haussehen schiefhängt. Während sich aber die beiden obigen Titel auf den zwischenmenschlichen Aspekt konzentrierten, ist bei der neuen Komödie des versierten Autors gar nicht wirklich sicher, wovon er eigentlich erzählen will.
Amüsant, aber ohne Fokus und Biss
So liegt anfangs der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um einen dieser Filme handelt, bei denen eine provinzielle Bevölkerung auf Menschen aus anderen Kulturkreisen stoßen. Die französische Komödie Die Barbaren – Willkommen in der Bretagne etwa erzählte kürzlich von einer Kleinstadt, die ukrainische Geflüchtete aufnehmen möchte, stattdessen aber welche aus Syrien bekommt. Ken Loach, der große Meister des englischen Sozialdramas, machte in seinem letzten Werk The Old Oak eine kriselnde Minenstadt zum Schauplatz einer solchen Begegnung. Ein ganz großes Ding geht dann aber doch in eine andere Richtung. Zum einen geht es hier eben um keine Geflüchteten, sondern eine gewollte Zuwanderung von Fachkräften – was aber genauso für rassistische Ressentiments sorgt. Zum anderen spielen diese IT-Wunderleute in der Handlung keine wirkliche Rolle. Dafür treten sie zu spät auf.
Stattdessen werden die Familienprobleme und die Zuwanderungsthematik mit ein bisschen Kleinstadtsatire sowie der Erpressung verbunden, welche etwas in die Krimirichtung gehen. Teilweise ist das tatsächlich amüsant, wenn die eher weniger eindrucksvollen Gangster Munny (Hinnerk Schönemann) und Callahan (Sebastian Schwarz) mitmischen. Auch das spielfreudige Ensemble hat seinen Anteil daran, dass der Film um einiges besser ist als der von der Vorwoche. Der große Wurf ist Ein ganz großes Ding aber leider nicht geworden. Neben dem fehlenden Fokus ist es vor allem der eher zahme Humor, welcher der Komödie schadet. Da waren genug Themen, bei denen mehr Biss gutgetan hätte, gerade im Hinblick auf die satirischen Ansätze.
OT: „Ein ganz großes Ding“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Francis Meletzky
Drehbuch: Ralf Husmann
Musik: Patrick Reisinger, Francesco Wilking
Kamera: Moritz Schultheiß
Besetzung: Silke Bodenbender, Christian Erdmann, Hanna Plaß, Inga Dietrich, Alexander Hörbe, Nico Holonics, Jörg Schüttauf, Sebastian Schwarz, Hinnerk Schönemann, Leo Knižka, Joshua Seelenbinder
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