Cha Cha
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Cha-Cha

Cha Cha
„Chacha“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Cha-Cha (Marika Ito) ist Illustratorin bei einer kleinen Design-Agentur – und scheint sich überhaupt nicht um jegliche Konventionen der japanischen Mehrheitsgesellschaft zu scheren. Ihre Outfits sind bunt zusammengewürfelt, ihre Zeichnungen erinnern an den Kunstunterricht der achten Klasse, ihre Persönlichkeit ist das Epitom von Quirligkeit. Trotzdem oder gerade deswegen, weil sie ihr Dasein einfach rockt, ist sie beim ähnlich exzentrischen Chef (Takashi Fuji) beliebt, ihre Kollegin Rin (Sawako Fujima) ist neidisch auf sie, und sie beginnt eine turbulente Beziehung mit dem Kellner Raku (Taishi Nakagawa).

Spiel mit Klischees

Mit Cha-Cha, der seine Europapremiere auf der Nippon Connection 2025 feierte, legt Regisseurin und Drehbuchautorin Mai Sakai anfänglich eine locker-leichte Rom-Com vor, doch bald fängt die farbenfrohe Fassade zu bröckeln an. Cha-Cha sieht erstmal optisch aus wie ein perfekt durchgestyltes J-Drama: glatt, pastellig, überbelichtet. Die sanften Farben, die durchgentrifizierten Innenräume von trendy Cafés, das geordnete Chaos der Design-Agentur, die TikTok-würdigen Drapierungen des wirklich lecker aussehenden Essens – es gibt wahrlich nichts, woran das Auge bei diesem Film anecken könnte. Quasi die Real Life Version eines Animes, werden auch charakterliche Tropen bis aufs Maximum ausgereizt: Cha-Cha ist sorgenfrei, quirky und bubbly, was die eher verklemmte und auf Ordnung bedachte Rin nervt, während Cha-Chas Liebschaft Raku ein eher stiller Bad Boy ist. Mit dieser Konstellation werden in jeder Anime-Saison ungefähr zwölf Slice-of-Life Serien veröffentlicht.

Das Schauspiel ist jedoch so sympathisch und auf den Punkt gebracht, die Klischees zwar überdreht, aber gerade noch so menschlich, dass sie nicht karikaturenhaft wirken, dass die Figuren nicht nerven (bis auf teilweise Rin, die sich so in ihren eigenen Gedanken und Vorstellungen verstrickt, dass sie für alle um sie herum eine Backstory parat hat, ohne zu wissen, was wirklich abgeht, und sich nicht einmal davor scheut, Cha-Cha zu stalken). Apropos „nicht wissen, was wirklich abgeht“: Cha-Cha legt mit dieser überspitzten Darstellung von Rom-Com-Stereotypen erst einmal eine unterhaltsame falsche Fährte, die in keiner Weise darauf vorbereitet, was in der zweiten Hälfte dieser Romanze passiert.

Twist aus dem Nichts

Während man denkt, die Charaktere seien auf eine Hihihaha-Weise einfach nur ein bisschen crazy, stellt sich heraus, dass sie ernsthaft vollkommen verrückt sind. Anfangs belächelt man die klischeehaften Figuren, die gerade noch so am Cringe vorbeischrammen, dafür, dass sich ja kein Mensch im echten Leben ernsthaft so verhalte; gegen Ende hofft man, dass kein Mensch sich im echten Leben ernsthaft so verhalte. In Twists, bei denen selbst ein M. Night Shyamalan aus allen Wolken fallen würde, zeigt sich die wahre Natur dieser Ansammlung an trotteligen Schusseln. Die Tonalität sowie der Look verändern sich, was die Stärken von Mai Sakais filmischen Ideen hervorbringt. Insgesamt könnte Cha-Cha jedoch noch weiter gehen, denn eine angezogene Handbremse sowohl im Storytelling als auch in der Darstellung der Charaktere macht sich immer wieder bemerkbar.

Gleichzeitig ist das auch etwas, was diesen Film so unvorhersehbar und sympathisch macht: Gerade noch eingelullt in die schönen Pastelltöne und makellosen Set-Designs, setzt Cha-Cha zur rücksichtslosen Blutgrätsche an. Trotz des gemächlichen Pacings und der wirren Beziehungsstruktur unter den Figuren (Cha-Cha ist verliebt in Raku, Rin ist verliebt in den Boss, denkt allerdings, dass der Boss seiner Familie mit Cha-Cha fremdgehe, Raku ist verliebt in die Englischlehrerin Peo, die jedoch einen Freund hat…) wird Mai Sakais romantisch-psychotische Dramödie nicht langweilig oder anstrengend. Die Aneinanderreihung von Szenen, bei denen man zwischendurch schlicht nicht mehr mitkommt, sowie die unvollendet wirkende Ausarbeitung des Plots und der Hauptrollen setzen der Seherfahrung einen kleinen Dämpfer.



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Cha-Cha
fazit
Ist mit „Cha-Cha“ gut Cha-Cha-Cha tanzen? Womöglich, doch währenddessen werden die Schritte zigmal verwechselt, man stolpert über seine eigenen Beine und am Ende tritt die Tanzpartnerin einem nochmal gegen das Schienbein. Spaßig ist Mai Sakais unkonventioneller Ritt durch Beziehungen voller Missverständnisse allemal, selbst wenn das Rundeste daran Rakus Mont-Saint-Michel-Omelette ist.
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