Black Tea
© Pandora Film, Foto: Olivier Marceny / Cinéfrance Studios / Archipel 35 / Dune Vision
„Black Tea“ // Deutschland-Start: 19. Juni 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Kurz vor ihrer Hochzeit macht Aya (Nina Mélo) einen Rückzieher. Sie erklärt ihrem Verlobten, er werde mit ihr nicht glücklich werden und sie werde ihm nicht mehr länger im Wege stehen, dieses Glück zu erreichen. Viele Monate später lebt und arbeitet sie in Guangzhou, China, im Tee-Export des von Cai (Chang Han), der sie in die Feinheiten der unterschiedlichen Teesorten einführt. Zwischen den beiden entsteht schon nach kurzer Zeit eine Beziehung, Cai lädt sie zum Abendessen ein und gibt ihr sogar eine Führung durch die Teeplantagen außerhalb der Stadt. Die Beziehung der beiden bleibt Cais Familie natürlich kein Geheimnis, wobei besonders sein Sohn Li-Ben (Michael Chang) sich daran stört, dass sein Vater seine Mutter durch seine Heimlichtuerei verletzt. Außerdem begleiten Vorurteile die Beziehung von Aya und Cai sowie ein Geheimnis des Teehändlers, was dieser schon lange mit sich herum trägt und das ihn sehr belastet.

Eine andere Sicht auf die Welt

Sprache und Kommunikation sind nur zwei der Hauptthemen des mauretanischen Regisseurs und Produzenten Abderrahmane Sissako. Schon in seinem international ausgezeichneten Spielfilm Timbuktu kommunizierten die Figuren mittels mehrerer Sprachen, doch eine Verständigung kam nicht immer zustande, weil immer Vorurteile, Fanatismus oder Bürokratie im Wege stehen. Seinem Thema bleibt er auch in seinem aktuellen Film Black Tea treu, der unter anderem auf der Berlinale 2024 im Wettbewerb um den Goldenen Bären antrat. Sissakos Perspektive auf diese Themen ist aber nun eine andere, wenn er Sprache mit Globalisierung verbindet, die Menschen miteinander verbindet und eine Möglichkeit bietet, jene Vorurteile abzulegen.

„Tee braucht Zeit“ heißt es an einer Stelle in Black Tea. Immer wieder kehren wir zurück zu der Teezeremonie, die Aya und Cai zum festen Bestandteil ihres Miteinander gemacht haben, doch sie sind nicht die einzigen, die diese Tradition pflegen. Bräuche und Gepflogenheiten werden in Sissakos Film nicht zum Symbol für Fremdheit oder der Ausgrenzung anderer, sondern vielmehr eine Chance, den Anderen zu verstehen und sich näherzukommen, mehr noch als über die Sprache an sich. So wundert es nicht, dass auch Sissako sich sehr viel Zeit lässt für die Figuren, ihre Welt und ihre Beziehungen, wobei er nicht immer bei den Hauptfiguren verweilt und ebenso die Leben von Nebenfiguren verfolgt.

In Black Tea wird die Stadt Ghangzhou, oder vielmehr das Viertel der Stadt, in dem die Handlung spielt, zu einem Begegnungsort der Kulturen und einer Art globaler Utopie, bei der Beziehungen verhandelt und Geschäfte getätigt werden. Ein Händler, der die „Worte des Propheten“ nicht versteht, wird eben durch eine andere Formulierung vom Positiven des anstehenden Geschäfts überzeugt. Dass Sissako globalen Prozessen etwas Positives abgewinnen möchte, ist durchaus lobenswert, jedoch sind die Schlüsse, die Black Tea zieht, etwas arg naiv und leider wiederholen sie sich, weshalb sich diese Teezeremonie leider etwas in die Länge zieht.

Einander besser verstehen

Natürlich hat Sissako sich einen Ausweg gelassen, denn Black Tea mag thematisch dünn sein, aber ästhetisch und schauspielerisch kann man dem Film nichts vorwerfen. Vor allem visuell ist Black Tea eine wahre Augenweide und erinnert in manchen Einstellungen gar an die Filme Wong Kar-wais. Wenn die Figuren durch die Straßen und Gassen des Viertels ziehen, nutzt Sissako Effekte wie Überblendungen oder das Licht, um eine traumartige Wirkung zu erzielen, die so manches Bild zu einem kleinen Kunstwerk macht. In Verbindung mit den bereits erwähnten Themen des Films wird der Handlungsort so noch mehr zu einer Art Utopie oder Schutzraum, in dem sich die verschiedenen Kulturen treffen und einander ergänzen.

Die Beziehung der beiden Hauptfiguren betont diese Möglichkeit nochmals, auch wenn zwischen ihnen noch andere Hindernisse im Wege stehen, die eine Begegnung auf Augenhöhe lange verhindern. Nina Mélo und Chang Han überzeugen in ihren Rollen als zwei Menschen, die nach neuen Wegen suchen, einander besser zu verstehen, und diese in der Teezeremonie finden. Sissakos verlässt sich dabei auf kleine, präzise Gesten, sodass sein Film subtil bleibt und sich dem Zuschauer nicht aufdrängt, zumindest nicht über weite Strecken der Handlung.



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Black Tea
fazit
„Black Tea“ ist ein Drama über Kommunikation, Sprache und die Möglichkeit einer neuen Form der Verständigung. Regisseur Abderrahmane Sissako gelingt ein visuell sehr überzeugender, fast schon traumartiger Film, der jedoch thematisch etwas dünn bleibt.
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