Oslo Stories Sehnsucht
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Oslo Stories: Sehnsucht

„Oslo Stories: Sehnsucht“ // Deutschland-Start: 22. Mai 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Zwei Schornsteinfeger (Jan Gunnar Røise, Thorbjørn Harr) verbindet über ihre gemeinsame Arbeit hinaus eine engere Freundschaft, als beiden vielleicht bewusst ist. Bei einer gemeinsamen Pause erzählt einer der beiden seinem Freund von einem skurrilen wiederkehrenden Traum. Er befindet sich auf einer Party und David Bowie bemerkt ihn und schaut ihn auf eine ganz bestimmte Weise an – begehrend, fast lüstern. Dieser greift diesen Traum auf, um zu berichten, dass er einen Tag zuvor eine ähnliche Erfahrung hatte, die für den mit einer Frau verheirateten Mann in Sex mit einem männlichen Kunden endete. Für ihn lediglich eine Erfahrung, nicht mal ein richtiges Experiment, mehr ein zufälliges Geschehen, von dem er nachträglich auch seiner Frau berichtete. Seine Heterosexualität steht für ihn ebenso wenig in Frage wie seine Ehe. Schließlich wäre es nur Fremdgehen wenn er es seiner Frau verheimlicht hätte.

Träume, Leidenschaft, Liebe, Verlangen. SEX.

Nach Oslo Stories: Liebe und Oslo Stories: Träume schließt der Regisseur und Drehbuchautor Dag Johan Haugerud mit Oslo Stories: Sehnsucht, international einfach nur Sex, seine thematische Trilogie ab. Wie bisher verzichtet er dabei bis auf eine Ausnahme auf wiederkehrende Charaktere. Erneut sind die Figuren ein Mittel zum Zweck, sie und die Handlung ein Konstrukt um Fragen aufzuwerfen ohne dabei eine Wertung abzugeben. Dabei wählt er eine ähnliche Dynamik wie zuvor in Oslo Stories: Liebe. Wie der erste Teil der Reihe dreht sich Oslo Stories: Sehnsucht um zwei Protagonisten welche sich aus ganz unterschiedlichen Ausgangssituationen letztendlich ähnliche Fragen stellen.

In beiden Männern entsteht eine neue Art von Verlangen, nur einer der beiden gibt diesem Verlangen jedoch bereitwillig nach. Konkret thematisiert Haugerud anhand der beiden Schornsteinfeger Fragen nach ihrer Sexualität und sexueller Identität. Dabei geht es besonders um die Bedeutung von Maskulinität in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus stellt er die Frage, inwiefern eine Beziehung und die mit ihr einhergehenden allgemeinen Grenzen eine sexuelle Einschränkung bedeuten können und so sexuelle Weiterentwicklung und Selbstfindung verhindern. Das inszenierte Szenario von Oslo Stories: Sehnsucht scheint dabei auf den ersten Blick zwar nicht unmöglich aber zumindest abstrakt genug um nicht automatisch nachvollziehbar zu sein.

Damit ist das übergeordnete Thema im Trilogie-Finale Haugeruds weniger interessant als noch in Oslo Stories: Liebe und Oslo Stories: Träume, trotz allem aber nicht belanglos. Grundsätzlich fällt es diesmal leichter, sich ein schnelles Urteil über die Frage nach Infidelität und dem Nachgehen eigener Begierde zu bilden. Allerdings verlangt Oslo Stories: Sehnsucht erneut nach einem Blick hinter die Fassade. Die anspruchsvollsten Fragen, beispielsweise verschiedene Perspektiven auf Auffassungsarten des sogenannten Male Gaze, wirft der Film in einem Nebensatz auf, ohne sie selbst weiterzuverfolgen oder gar zu beantworten.

Substanzielle Langatmigkeit

Genau wie die beiden Vorgänger passiert auch Oslo Stories: Sehnsucht ausschließlich über Dialoge. Diese sind zwar gewohnt fesselnd, fühlen sich in diesem Teil jedoch erstmals erdrückend lang an. Mit einer Laufzeit von 125 Minuten erweckt Dag Johan Haugerud fast den Eindruck, das Finale seiner Trilogie hinauszögern zu wollen. Die Kameraarbeit inszeniert die Charaktere wirkungsvoll und gibt den Zuschauern durch langgezogene Etablierungseinstellungen viel Zeit um die Substanz des Films zu verarbeiten. Darüber hinaus bleibt die Kamera unverblümt und schlicht. Jan Gunnar Røise und Thorbjørn Harr bereichern den Film durch exzellentes Schauspiel und verleihen dem oft unkonventionellen Humor von Oslo Stories: Sehnsucht eine Leichtigkeit die dem Film gut steht.



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Oslo Stories: Sehnsucht
fazit
„Oslo Stories: Sehnsucht“ markiert das stille, dialoglastige Finale von Dag Johan Haugeruds Oslo-Trilogie. Es setzt konsequent den introspektiven Kurs der Vorgänger fort und thematisiert erneut intime Fragen über Sexualität, Männlichkeit und Begehren, ohne sie definitiv aufzulösen oder zu bewerten. Diese Zurückhaltung verleiht dem Film Tiefe, verlangt gleichzeitig allerdings viel Geduld des Publikums. Letztlich ist „Oslo Stories: Sehnsucht“ der etwas schwächere Abschluss einer trotz allem feinsinnigen und unkonventionellen Trilogie.
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