
Drei Monate nach der Geburt ihrer Tochter ist es langsam an der Zeit für die 26-jährige Triathletin Nathalie (Luise von Finckh), wieder mit dem Training zu beginnen. Doch den Ausflug mit dem Fahrrad wird sie noch bitter bereuen. Als ein Auto zu dicht auffährt, stürzt sie mit ihrem Rad. Anstatt der verunglückten jungen Frau zu helfen, schlägt der Fahrer (Dominic Marcus Singer) sie jedoch, fesselt sie und nimmt sie mit zu sich. Als Nathalie nicht nach Hause kommt, ahnt ihr Mann Martin (Stefan Gorski) schnell, dass da etwas nicht stimmt. Doch seine Sorgen stoßen bei dem Dorfbeamten Kapfhammer (Robert Stadlober) und seiner Kollegin Ivanovic (Claudia Kottal) auf taube Ohren. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als mit anderen auf eigene Faust nach seiner Frau zu suchen …
Die wahre Geschichte einer Entführung
Donnerstagabend, da ist im Ersten wieder Krimi angesagt. Zuletzt lief auf diesem Programmplatz etwa Die Tote vom Jakobsweg, bei dem es nahe des bekannten Pilgerwegs zu einem Mord kam. Davor gab es zwei Ausgaben von Der Amsterdam-Krimi. Auch am Feiertag muss das Publikum nicht auf seine wöchentliche Dosis Verbrechen verzichten, die Zuschauer und Zuschauerinnen sollen bei Laune gehalten werden und auch weiterhin treu einschalten. Wobei es diesmal ausnahmsweise nicht um einen Mord geht, der aufgeklärt werden muss. Stattdessen steht in Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B. eine Entführung im Mittelpunkt.
Diese hat auch einen wahren Hintergrund. Genauer basiert der Film auf der Entführung von Nathalie Birli im Jahr 2019, einer österreichischen Sportlerin. Der Fall ist damit bekannt, was den Rätselfaktor automatisch gering werden lässt. Es ist auch nicht so, als würden hier irgendwelche Fragen offengelassen. Oft sehen Entführungsthriller so aus, dass eine Person spurlos verschwindet und wir denjenigen folgen, die sie suchen. Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B. hingegen lässt das Publikum an dem Verbrechen jedoch unmittelbar teilhaben. Wir sehen also, wie Nathalie entführt wird und wie es im Anschluss weitergeht. Auch der Täter wird nicht gerade versteckt. Die Suchszenen gibt es dennoch. Tatsächlich springt der Film ständig zwischen den beiden Strängen hin und her, zeigt mal die Protagonistin in ihrem Überlebenskampf, mal den Ehemann und die anderen, wie sie Nathalie suchen.
Realistisch, aber mit Längen
Regisseurin Esther Rauch (Nord bei Nordost: Westend) ist dabei um Realismus bemüht, wählt einen nüchternen Ansatz, um die Geschichte zu erzählen. Das ist prinzipiell durchaus in Ordnung, es gibt schließlich genug True-Crime-Produktionen, die manipulativ und voyeuristisch sind, auf eine richtig plumpe Weise. Es führt aber wie schon vor einigen Wochen bei Mord auf dem Inka-Pfad – eine weitere ARD-Produktion um ein wahres Verbrechen – dazu, dass der Film zwischenzeitlich langweilig ist. Genauer sind es gerade die Szenen um den Ehemann, die wenig Eindruck hinterlassen. Zwar versucht Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B., an diesen Stellen Emotionalität zu erzeugen, sowohl durch den Ehemann wie auch dessen Eltern. Tatsächliche Spannung kommt aber nicht auf, eben weil man weiß, dass das alles gar nichts bringt.
Eindrucksvoller sind die Szenen, in denen Nathalie mit ihrem Entführer allein ist. Sofern man die Geschichte noch nicht kennt, kann das durchaus packend sein, weil es immer mal wieder zu brenzligen Situationen kommt, bei denen man nicht weiß, ob die Protagonistin noch einmal herauskommt. Schauspielerisch ist das auch ganz gut gelöst. Allerdings schafft es Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B. nicht, einem die beiden Figuren wirklich näherzubringen. Bei Nathalie fehlt einfach die Zeit, um sie genauer vorzustellen, bevor es losgeht. Florian wiederum gewinnt ein wenig Kontur, aber auch nicht so weit, dass man verstehen würde, warum er das tut. Natürlich muss man nicht jeden Verbrecher nachvollziehen können, manche sind auch deshalb faszinierend, weil sie so unverständlich sind. Hier ist es aber eher so, dass man nach Anschauen des Films das Gefühl hat, dass es eine Lektüre des entsprechenden Wikipedia-Eintrags auch getan hätte.
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