Dead or Alive 1999
©1999 Kadokawa Pictures

Dead or Alive (1999)

Dead or Alive 1999

Inhalt / Kritik

Der Tokioter Distrikt Shinjuku ist das Reich der Yakuza. Viele Polizisten, darunter auch Detective Jojima (Sho Aikawa), haben sich so gut es geht mit den Gangstern arrangiert und drücken hin und wieder ein Auge zu. Das Geld der Klans kann der Polizist auch gut gebrauchen, denn seine Ehe scheint in den letzten Zügen zu sein und die Beziehung zu seiner Tochter, für die er ein Fremder ist, ist ebenfalls nicht gut. Ein neuer Fall kostet Jojima jedoch einiges an Nerven, denn er soll eine Reihe an Morden innerhalb der Yakuza klären. Die Spur führt ihn zu Ryuichi (Riki Takeuchi), der keinem Klan angehört und mit seiner Bande das Machtgleichgewicht in Shinjuku empfindlich ins Wanken bringt. Ryuichi will um jeden Preis Shinjuku für sich gewinnen, wobei ihm durch einen Deal mit den chinesischen Triaden ein wichtiger Schritt gelingen könnte. Die Fehde mit Jojima wird jedoch persönlich, sodass die beiden Männer vor nichts mehr zurückschrecken, um den anderen auszuschalten.

Perspektiven eines Außenseiters

Natürlich geht es bei der Filmografie eines Regisseurs weniger um die Quantität, doch im Falle von Takashi Miike darf man ruhig erwähnen, dass der Filmemacher schon weit mehr als 200 Projekte inszeniert hat. Gegen Ende der 1990er Jahre, als das japanische Kino eine wahre Blütezeit erlebte, drehte Miike einiger seiner bekanntesten Filme, beispielsweise Audition und den ersten Teil der Dead or Alive-Trilogie. Beide Filme kamen 1999 in die Kinos und könnten unterschiedlicher kaum sein, wenn man von ihrer Atmosphäre oder ihrer Struktur ausgeht. Während der eine sehr kalkuliert und kühl wirkt, ist Dead or Alive wild, verrückt und wirkt streckenweise wie ein zu lang geratenes Musikvideo. Er zementierte zugleich Miikes Ruf als Rebell des japanischen Kinos, der, ähnlich wie Kinji Fukasaku, das Kino nicht nur neu dachte, sondern seine Projekte zugleich als Spiegel einer Welt betrachtete, die aus den Fugen geraten ist.

Wie in vielen anderen Filmen Miikes geht es auch in Dead or Alive um die Perspektive von Außenseitern. Auch wenn Riki Takeuchis Figur wirkt wie einer unter vielen Gangstern innerhalb der Unterwelt, die er sich unter den Nagel reißen will, gehört er doch, wie auch die restlichen Mitglieder seiner Bande, nicht dazu. Seinem jüngeren Bruder Toji (Michisuke Kashiwaya) erzählt er immer wieder von ihren verschiedenen Leben, das ihm nur der Pfad des Verbrechers blieb und die beide durch ihr „chinesisches Blut“ von Natur aus Außenseiter in Japan gewesen sind. Die Verbitterung über die Jahre der Ausgrenzung und der Entbehrung hat sogar einen Keil zwischen die Brüder getrieben. So gehört Aikawas Jojima eigentlich zum Establishment, doch seine familiäre Situation sowie die Assoziation mit den Yakuza machen ihn ebenfalls zu einem Außenseiter.

Miikes Filme werden oft erwähnt wegen ihrer Gewaltdarstellung oder der Effekte, aber selten wegen der Figuren und ihrer Motivationen. Dead or Alive, zusammen mit Audition, beweisen eindrucksvoll, wie es Miike mit wenigen Mitteln schafft, Charaktere zu erschaffen, die eine echte, nachvollziehbare Motivation für ihr Handeln haben. Jojima und Ryuichi sind Gegner, doch ihr Bestreben, innerhalb einer Hierarchie aufzusteigen und ihren Status zu verbessern, macht die beiden ähnlicher als ihnen lieb ist. Doch die Welt, die Miikes Filme zeigt, ist gnadenlos und dreckig, sodass ein Aufstieg (oder der Versuch eines solchen) zu einem hohen Preis kommt.

Kollisionskurs

Dead or Alive beginnt mit einer beeindruckenden Eröffnungssequenz. Ryuichi und die Mitglieder seiner Bande begehen eine Reihe blutiger Attentate, teils auf offener Straße, um ihr Machtbestreben innerhalb Shinjukus zu betonen. Darüber hinaus erhält der Zuschauer einen Blick auf Miikes Version von Shinjuku, eine neonbeleuchtete Landschaft, in der Gewalt, Verbrechen und Perversion regieren, wobei die Yakuza natürlich an der Spitze stehen. Der Handlungsort hat mehr gemein mit einem modernen Babylon, in dem die Gesetzeshüter mehr Teil des Problems sind und weniger der Lösung. Die Ästhetik, zu der die Handkamera ebenso gehört wie die teils recht grobkörnigen Bilder und der Rock-Soundtrack, evoziert die Idee einer Welt am moralischen Abgrund. Diese Welt ist auf einem Kollisionskurs, ebenso wie die beiden Helden, die gar nicht anders können, als sich zu duellieren. Miikes Welt ist eine des Exzesses, vor allem visuell, sodass man als Zuschauer überflutet wird mit einer Kaskade audiovisueller Eindrücke. Der Höhepunkt ist dabei eine riesige Explosion all dieser Bilder und Obsessionen, wenn die beiden Helden sich endlich gegenüberstehen und es eigentlich nur ein Ergebnis geben kann.



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Dead or Alive (1999)
fazit
„Dead or Alive“ ist ein beeindruckender, visuell geradezu berauschender Actionthriller. Takashi Miike gelingt zum einen das Porträt zweier Außenseiter und zum anderen das einer Welt, die auf eine große Explosion zusteuert. „Dead or Alive“ ist nicht umsonst eines der wichtigsten Werke des Regisseurs, denn es vereint das (im positiven Sinne) ästhetische Chaos mit Themen wie Gewalt, Ausgrenzung und Machthierarchien.
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