
Als ein junger Mann (Wisarut Homhuan) eine Reparatur an seinem Staubsauger benötigt, gibt ihm der herbeigerufene Techniker (Wanlop Rungkumjud) eine überraschende Auskunft. Das Problem liegt nicht an dem Gerät an sich, denn es ist heimgesucht vom Geist einer Verstorbenen. Die Fabrik, aus der das Gerät kommt, wurde vor vielen Jahren bereits schon einmal vom Geist eines Fabrikarbeiters heimgesucht, der immer wieder von verschiedenen Gerätschaften Besitz ergriff und so Chaos stiftete. Parallel sorgte die Fabrikbesitzerin (Apasiri Nitibhon) sich um ihren Sohn March (Witsarut Himmarat), der um seine verstorbene Frau Nat (Davika Hoorne) trauerte. Eines Tages muss sie feststellen, dass auch Nats Geist keine Ruhe geben will und in einen Staubsauger gefahren ist. Glücklich, wieder vereint mit seiner Frau zu sein, denkt March gar nicht daran, das „Gerät“ wieder her zu geben oder von seinem Irrglauben abzulassen. Verzweifelt versucht die Fabrikbesitzerin ihren Sohn zu heilen, als sie auf einmal feststellt, dass Nats Geist ihr auch nützlich sein kann.
Elegant pervers
Wenn der thailändische Filmemacher Ratchapoom Boonbunchachoke nach der Ästhetik seines Debütfilms A Useful Ghost gefragt wird, nutzt er die Begriffe „elegant pervers“ und „pervertierte Eleganz“. Die Oberfläche soll immer elegant und poliert aussehen, doch der Kern ist subversiv und verspielt, wie er weiter erläutert. Ähnlich wie sein Landsmann Apichatpong Weerasethakul (Cemetery of Splendour) bedient er sich fantastischer Elemente, um einen Aussage über die Politik und die Gesellschaft Thailands zu machen, insbesondere dem Umgang mit Ereignissen wie dem Eingriff des Militärs gegen pro-demokratische Organisationen 2010. A Useful Ghost, der aktuell im Programm der Filmfestspiele in Cannes vertreten ist, ist weniger eine Komödie und mehr eine Satire, die mit vielen visuellen und narrativen Metaphern darauf anspielt, wie die Erinnerung politisch und wirtschaftlich nutzbar gemacht wird und wann sie stört.
Zu Beginn von A Useful Ghost verfolgen wir die Geschichte eines Wandgemäldes. Von der Entstehung im Atelier des Künstlers gehen wir hinüber zum Aufstellen des fertigen Gemäldes inmitten eines öffentlichen Parks. Doch schon im nächsten Bild erfolgt der Abriss des Parks und damit auch des Gemäldes, denn alles muss einem neuen Einkaufszentrum Platz machen. Der Staub, der von der Baustelle hinein in die kleine Wohnung einer der Figuren des Filmes geweht wird, bringt die Handlung ins Rollen, da er einfach nicht weggeht, egal, wie oft der junge Mann mit seinem neuen Sauger drüber geht. Boonbunchachoke versteht es, mit wenigen Bildern, der Montage und dem Kamerawinkel eine Geschichte zu erzählen und den Kern einer Sache zu treffen. Die ersten Minuten sind so etwas wie eine Kostprobe der vielen visuellen und narrativen Metaphern und Anspielungen, die der Filmemacher in A Useful Ghost eingebaut hat. Manche hätten durchaus etwas subtiler sein können, doch das Plakative hat Methode in einer Geschichte, deren Figuren ebenso wenig subtil gehalten sind. Zwar bewegen wir uns in der Welt der Reichen und der Politik, doch hinter der eleganten Fassade ist ein verdorbener Kern, der Widerspruch und Dissens nicht dulden kann. Ein Geist, der stört, gehört ausgetrieben, aber sobald er einen politisch oder wirtschaftlich verwertbaren Nutzen sieht, sieht die Sache wieder anders aus.
Der Geist im Gerät
Im Grunde ist A Useful Ghost eine moderne Parabel oder gar ein Märchen. Davika Hoorne und Witsarut Himmarat spielen ein Liebespaar, deren Beziehung schon als Nat noch lebte, auf wenig Gegenliebe bei Marchs Verwandtschaft stieß. Sie erfüllte keinen Nutzen und hatte auch keine Kinder zur Folge, wie die Verwandten betonen, sodass ein Ausschluss Nats wohl nur eine Frage der Zeit war. Auch Marchs älterer Bruder kann davon ein Lied singen, denn seine Homosexualität wurde erst anerkannt, als sich herausstellte, dass man durch seinen australischen Geliebten einen neuen Markt erschließen konnte. Boonbunchachoke hat merklich Freude daran, gegen das Prinzip der Nützlichkeit oder vielmehr der Nutzbarmachung zu schießen, selbst wenn seine Anspielungen nach einer Weile sehr wiederholend sind und auf der Stelle treten. Positiv fällt aber Davika Hoorne als Nat auf, die bereit ist, alles für ihre Liebe zu tun und schließlich nicht mehr gegen ihre Unterdrücker kämpft, sondern sich als „nützlicher Geist“ präsentiert.
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