Immerhin Die Kunst die Kunst
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Immerhin: Die Kunst, die Kunst

Inhalt / Kritik

Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Premiere des Theaterstücks, das der Regisseur Stan (Armin Marewski) mit seiner Schauspieltruppe einstudiert. Darin will er die Pharmaindustrie kritisch beleuchten. Dumm nur, dass genau diese ihm zum Verhängnis wird: So gut wie alle seine Schauspielenden befinden sich bei der Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Franz (Katharina Bellena) in Behandlung, die Stan eigentlich nur als Beraterin engagiert hat. Sie hat kein Interesse daran, die Pharmaindustrie in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Den Schauspielern und Schauspielerinnen verkauft sie Tabletten, von denen diese abhängig werden und die sie anscheinend wohlwollender auf den Gegenstand des Theaterstücks blicken lassen sollen. Gleichzeitig mischt sie sich immer wieder stark in den kreativen Prozess ein, was all die Differenzen und Spannungen hinter der Bühne noch verstärkt – und alle anderen Beteiligten nur noch mehr nach Medikamenten betteln lässt. Schließlich wird die Atmosphäre bei den Proben immer angespannter und es sieht nicht danach aus, als ließe sich bis zum Premierenabend noch eine fertige Aufführung zustande bringen.

Pharmakritik trifft Theaterstress

Was sich hier bereits nach einem Durcheinander hinter der Theaterbühne anhört, ist tatsächlich auch filmisch eines. Immerhin: Die Kunst, die Kunst entstand aus dem Interesse der Regisseurin Antonia Walther, einen Film über eine Ärztin und die Schattenseiten der Pharmaindustrie zu drehen. Die Komponente eines Theaters, das sich wiederum mit genau denselben Themen beschäftigt, kam erst später hinzu. Tatsächlich können die sozialen Dynamiken, die während der Proben für ein Theaterstück entstehen, hoch spannend sein. Da braucht es eigentlich gar keine Ärztin, die bereitwillig Psychopharmaka verteilt, um für Eifersucht, Neid, Konkurrenzdenken und ähnliches zu sorgen. Das sieht man auch im Film gleich zu Beginn; dokumentarisch wirken die Aufnahmen, die Aufwärmübungen vor der Probe zeigen, nicht zuletzt wegen der ab und zu eingestreuten fiktiven Interviewausschnitte aus dem Off. Es werden Requisiten angeschleppt und es wird eben übereinander gelästert.

In seinem weiteren Verlauf gibt der Film immer wieder Anlass dazu, sich zu fragen, was hier nun echt ist und was inszeniert. So wird etwa die Rolle der Patientin im Theaterstück von Tamara Weinberg (Sylvia Schwarz) gespielt, die tatsächlich eine Patientin von Dr. Franz ist. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Realitätsebenen innerhalb und außerhalb des Films verwischen ebenso wie jene zwischen Film und Theater, zwischen Dokumentation und Spielfilm. Das Problem dabei ist: Fast nichts von alldem wird im Film wirklich vollständig ausformuliert. Sowohl die Kritik an der Pharmaindustrie als auch die immer angespanntere Atmosphäre hinter der Bühne werden größtenteils nur behauptet. Man sieht einige der Figuren sich darüber aufregen, man sieht es aber nie wirklich passieren.

Szenen ohne Zusammenhang

Was man dagegen sieht, ist in erster Linie eine zusammenhanglos wirkende Aneinanderreihung von Szenen, die sich nicht zusammenfügen wollen. Die oben beschriebenen Ideen der Regisseurin und Drehbuchautorin sind da, gehen jedoch im willkürlichen Wechsel der Tonalitäten unter. Ein harmonisches Ganzes ergibt sich nicht und man wartet den ganzen Film lang darauf, dass die in den Dialogen behaupteten Dinge endlich Konsequenzen haben. Dass sowohl das Spiel der Darsteller als auch das Blocking in einzelnen Szenen immer wieder künstlich wirken, verstärkt all diese Probleme noch. Nicht einmal die Motivationen aller Figuren werden klar; vor allem bleibt rätselhaft, warum sich Dr. Franz eigentlich so sehr in den kreativen Prozess einmischt und dem Regisseur immer wieder Vorschläge macht, wie er sein Stück zu gestalten hat. Immerhin dessen verzweifelte Wutausbrüche angesichts dieser Einmischungen lassen sich aber nachvollziehen.

Kurz vor Schluss verstärkt der Film noch einmal den Eindruck, hier sei wirklich alles nur gespielt und stellt erneut die Frage danach, ob und inwieweit der Inhalt des Theaterstücks und die darum herum existierende Realität hier ineinandergreifen und verschwimmen. Leider ist einem das zu diesem Zeitpunkt aber schon vollkommen egal. Viel mehr als eine Kritik an der Pharmaindustrie transportiert Immerhin: Die Kunst, die Kunst schlussendlich das Bild, alle Schauspieler, Schauspielerinnen und anderen Kreativen seien ausnahmslos nervös, krank und durchgedreht. Nicht die Pharmaindustrie kommt hier schlecht weg, sondern vor allem die Theaterwelt. Vielleicht ist Stan aber auch einfach nur ein wahnsinnig schlechter Regisseur, der seine Truppe überhaupt nicht im Griff hat.

Credits

OT: „Immerhin: Die Kunst, die Kunst“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Antonia Walther
Drehbuch: Antonia Walther
Musik: Max Keitel, Jonathan Ritzel, Anton Wunderlich
Kamera: Anselm Belser
Besetzung: Katharina Bellena, Armin Marewski, Sylvia Schwarz

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Immerhin: Die Kunst, die Kunst
fazit
Die Kombination aus Pharma-Kritik und Theater sowie die Vermischung verschiedener Realitätsebenen hätte interessant werden können. Das Durcheinander des Films bringt beides aber nur bruchstückhaft herüber.
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