Deux heures moins le quart avant Jésus-Christ Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt
© Pidax Film

Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt

„Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt“ // Deutschland-Start: 18. Februar 1983 (Kino) // 10. November 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Ben-Hur Marcel (Coluche) betreibt im Alten Rom eine kleine Garage, in der er Streitwagen repariert. Privat kann er aber einfach nicht den Mund halten und beschwert sich eines Tages auf einem öffentlichen Platz lautstark bei Konsul Demetrius (Michel Auclair) über die unbarmherzigen Regierungsmethoden von Kaiser Julius Caesar (Michel Serrault), der das Volk unterdrückt und selbst in Saus und Braus lebt. Zur Strafe wird Ben-Hur Marcel eingekerkert und soll am nächsten Sonntag in der Arena einem Löwen zum Fraß vorgeworfen werden. Im Gespräch mit seinen Ratgebern kommt Demetrius dann aber auf die Idee, Ben-Hur dieses Attentat auf den Regenten tatsächlich ausführen zu lassen – dann muss er sich schon nicht selbst die Finger schmutzig machen. Derweil plant die ägyptische Königin Kleopatra (Mimi Coutelier), dem römischen Imperator einen Staatsbesuch abzustatten. Mit üppigem Gefolge, einem Affen und zwei Falken macht sie sich auf den beschwerlichen Weg auf den anderen Kontinent, wo dem schwulen Caesar angeraten wird, mit der afrikanischen Herrscherin eine Ehe einzugehen – und sei es auch nur zum Schein.

Aufruhr im Alten Rom

Man kann sich schon denken, was die Erfolgsproduzenten Claude Berri und Tarak Ben Ammar seinerzeit veranlasst hatte, Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt in Auftrag zu geben: Der Sensationserfolg des 1980 auch in Frankreich angelaufenen Monty-Python-Films Das Leben des Brian, in dem sich die britischen Anarcho-Komiker über Bibelfilme lustig machten und mit dem sie auch heute noch ihr Publikum bestens unterhalten können. Jean Yanne (1933-2003; Die Chinesen in Paris) hat seinen Film eine Spielfilmlänge vor der Geburt Jesu Christi angesiedelt und präsentiert uns die damalige Zeit mit etlichen Anspielungen auf den Alltag des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Da gibt es beispielsweise Parkuhren für Kamele (und natürlich auch Strafzettel für Falschparker!), Feuerwehr-, Polizei- und Taxi-Streitwagen oder beim Finale in der Arena jede Menge Product-Placement und Werbebanner, denn irgendwie müssen diese Großveranstaltungen ja auch finanziert werden…

Der auch als Komiker in Frankreich erfolgreiche Jean Yanne ließ es sich damals nicht nehmen, neben Regie, Drehbuch und (zusammen mit Raymond Alessandrini) Komposition des Soundtracks auch eine der Hauptrollen zu übernehmen – den Taxifahrer Paulus, der sich am Ende als pfiffigster der Plebejer entpuppt und in der Arena durch seine Einflüsterungen zu punkten versteht. An seiner Seite hat Yanne einige der damals populärsten Leinwandstars Frankreichs um sich versammelt. Coluche (1944-1986) war international als Sohn von Louis de Funès in dessen Gastro-Satire Brust oder Keule? bekannt geworden und konnte sich vor seinem viel zu frühen Motorradunfalltod mit 41 Jahren in den 1980er Jahren noch als eigenständiger Filmstar beweisen. Hierzulande kennt man insbesondere seine Komödien Inspektor Loulou – Die Knallschote vom Dienst an der Seite von Gérard Depardieu und Ticket ins Chaos von Claude Zidi. Coluches Meisterstück war indes der triste Drogenthriller Am Rande der Nacht, in dem er unter Claude Berris Regie zur Abwechslung mal in einer Charakterrolle glänzte.

Detailreicher Slapstick-Historienfilm

Ebenfalls auf dem Höhepunkt seines Schaffens war anno 1982 Michel Serrault (1928-2007), der hier den schwulen römischen Kaiser ganz in der Tradition seiner Paraderolle Albin alias „Zaza Napoli“ anlegte, die er in den drei Ein Käfig voller Narren-Filmen zwischen 1978 und 1985 so bezaubernd verkörperte. Hier nutzt Jean Yanne Serraults schwules Image zu einer amüsanten Parodie auf den William-Friedkin-Film Cruising (1980) – neben dem wiederholten Auftreten von Punks und einer eher befremdlich wirkenden Aerobic-Sequenz eines der wenigen Elemente des Films, die Rückschlüsse auf dessen Entstehungszeit zulassen.

Man möchte Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt irgendwie gut finden, aber trotz detailreicher und liebevoll gemachter Anspielungen kommt man selten über ein Schmunzeln hinaus, obwohl es keine Längen gibt und die Darsteller ebenfalls durchweg mit viel Spielfreude dabei sind. Vielleicht ist der darüber schwebende Schatten von Das Leben des Brian einfach zu groß, um einen hier vollends zufrieden zu stellen. Wer absurd-überzogenen Humor mag und die Hauptdarsteller schätzt, sollte aber auf jeden Fall einen Blick riskieren, zumal der Film seit seiner Videoauswertung in den 1980er Jahren hierzulande völlig von der Bildfläche verschwunden war.

Ein Grund hierfür dürfte vermutlich im eher schlechten deutschen Master gelegen haben, das für die DVD-Erstveröffentlichung von Pidax nun ganz offensichtlich aus verschiedenen Quellen zusammengesetzt wurde – denn der deutsche Synchronton klingt mal blechern, mal eher dumpf (er liegt wie die französische Originalfassung in Dolby Digital 2.0 vor). Das Bild hingegen (im Widescreen-Format 2,35:1) ist sehr gut, da der Film in Frankreich im Jahr 2013 restauriert wurde. Als Extras hat man eine hübsche animierte Bildergalerie (bestehend aus den deutschen Aushangfotos und dem abfotografierten „Neuen Filmkurier“ zum Film) sowie den französischen Kinotrailer mit aufgespielt.

Credits

OT: „Deux heures moins le quart avant Jésus-Christ“
Land: Frankreich
Jahr: 1982
Regie: Jean Yanne
Drehbuch: Jean Yanne
Musik: Jean Yanne, Raymond Alessandrini
Kamera: Mario Vulpiani
Besetzung: Coluche, Michel Serrault, Jean Yanne, Françoise Fabian, Michel Auclair, Mimi Coutelier, Darry Cowl

Bilder

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Die verrücktesten 90 Minuten vor Christi Geburt
fazit
Trotz detailreicher und liebevoll gemachter Anspielungen kommt man hier selten über ein Schmunzeln hinaus, obwohl es keine Längen gibt und die Darsteller ebenfalls durchweg mit viel Spielfreude dabei sind. Vielleicht ist der über dem Film schwebende Schatten von „Das Leben des Brian“ einfach zu groß, um einen hier vollends zufrieden zu stellen. Wer absurd-überzogenen Humor mag und die Hauptdarsteller schätzt, sollte aber auf jeden Fall einen Blick riskieren.
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