Valeria Mithatenet Valeria Is Getting Married
© W-Film

Valeria is getting married

Valeria Mithatenet Valeria Is Getting Married
„Valeria is getting married“ // Deutschland-Start: 25. Mai 2023 (Kino) // 24. November 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

In der Haut von Valeria (Dasha Tvoronovich) möchte man nicht stecken. Nervös steht sie da am Flughafen von Tel Aviv, raucht hastig eine Zigarette, als endlich ihre Schwester Christina (Lena Fraifeld) und deren Mann Michael (Avraham Shalom Levi) herbeieilen, um sie abzuholen. Der Grund für die Mischung aus Angst und Freude ist leicht nachzuvollziehen. Die Ukrainerin Valeria soll in Israel den älteren Eitan (Yakov Zaada Daniel) heiraten, den sie erst drei Mal über Skype gesehen hat. Ob sie das aus eigenem Antrieb oder doch wohl mehr auf Druck ihrer Schwester tut, weiß sie wohl selbst nicht so genau.

Der Elefant im Raum

Linkisch, ein wenig peinlich und verkorkst geht es zu, als Valeria zum ersten Mal mit ihren potenziellen Angetrauten, ihrer Schwester und deren Mann beim Abendessen sitzt. Jeder beäugt jeden. Die Gespräche sind unbeholfen. Der berühmte „Elefant im Raum“ scheint allen so nahe auf die Pelle zu rücken, dass ihnen die Luft wegbleibt. Immer wieder stellt die Kamera von Guy Raz manche Personen unscharf, so als wollte sie die Vereinzelung inmitten der Gemeinschaft betonen. Denn jeder und jede hier hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Valeria wegen der aufkommenden Zweifel an der arrangierten, wenn auch nicht erzwungenen Heirat. Ihre Schwester wegen des Drucks von Michael, der 5000 Dollar für das von ihm vermittelte „Geschäft“ kassiert. Eitan wegen seiner eigenen Ungeschicklichkeit, die schon einmal eine gekaufte Braut in die Flucht geschlagen hat.

Man könnte über das Thema natürlich einen Kampagnenfilm gegen arrangierte Ehen drehen oder sich in einer reinen Komödie über die Männer lustig machen, die auf andere Weise keine Frau finden. Regisseurin Michal Vinik (Blush, 2015), die zusammen mit Guy Raz auch das Drehbuch geschriebenen hat, wählt in ihrem zweiten Spielfilm einen subtileren, weniger besserwisserischen Weg. Sie schlüpft unter die Haut von allen vier Charakteren, um deren Unsicherheiten und Sehnsüchte, deren widersprüchliche Regungen und Hoffnungen auszuloten.

Potemkinsche Dörfer

Und sie setzt auf das Unsichtbare, das in der Luft liegt und von niemanden ausgesprochen werden kann, sich aber Bahn bricht in den Fault Pas mitten im Smalltalk. Da ist es kein Wunder, wenn eine einzige ehrliche Frage das Potemkinsche Dorf erst zum Wackeln und dann zum Einsturz bringt, das die Beteiligten auch vor sich selbst errichtet haben. „Liebst du ihn“ will Valeria von ihrer Schwester Christina wissen, die vor einigen Jahren ebenfalls in die arrangierte Ehe im fernen Israel eingewilligt hatte. Es ist der endgültige Wendepunkt im grotesken Arrangement, das durch Situationskomik glänzt, statt sich über die Armseligkeit der Motive lustig zu machen. Hier die ukrainischen Frauen, die Körper und Gefühle gegen westlichen Wohlstand eintauschen. Dort die israelischen Männer, die ihre Dominanz gegenüber den hilflosen, der Sprache nicht mächtigen und eingeschüchterten Immigrantinnen ausspielen.

Tel Aviv ist kein gelobtes Land, sondern verregnet und graublau in dem Beziehungsclinch, der nur selten das großzügige Apartment von Christina und Michael verlässt. Dabei setzt der Film mit seinem heiter hüpfenden Soundtrack (Musik: Daphna Keenan) der Tristesse von Beginn an einen beschwingten Ton entgegen. Man muss denn auch nicht so pessimistisch sein wie die Regisseurin, die über ihren Film sagt, sie wolle anhand eines Extrems über Dominanz und Ungleichgewicht in jeder längeren Paarbeziehung nachdenken. Egal, ob sie recht hat oder nicht: Dank starker Darstellerleistungen und einem exquisiten Gespür für die Komik hinter dem Drama macht der mit 76 Minuten recht kurze Film auf jeden Fall Laune.

Credits

OT: „Valeria Mithatenet“
Land: Israel, Ukraine
Jahr: 2022
Regie: Michal Vinik
Drehbuch: Michal Vinik , Guy Raz
Musik: Daphna Keenan
Kamera: Guy Raz
Besetzung: Lena Fraifeld, Dasha Tvoronovich, Yakov Zaada Daniel, Avraham Shalom Levi

Bilder

Trailer

Filmfeste

Venedig 2022
Toronto International Film Festival 2022
Zurich Film Festival 2022
International Film Festival Mannheim Heidelberg 2022

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Valeria is getting married
fazit
Mit seiner feinen Charakterzeichnung und dem genauen Gespür für das Absurde hinter dem Peinlichen nimmt „Valeria is getting married“ schnöde Tauschbeziehungen aufs Korn. Regisseurin Michal Vinik will und muss dabei niemanden belehren, sondern schaut einfach nur einfühlsam hin.
Leserwertung6 Bewertungen
5.3
8
von 10