Frenzy
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Frenzy

Inhalt / Kritik

„Frenzy“ // Deutschland-Start: 12. September 1972 (Kino) // 5. September 2013 (Blu-ray)

Im Leben von Richard Blaney (Jon Finch) ist es auch schon einmal besser gelaufen. Das ehemalige Mitglied der Royal Air Force hatte einst eine gesicherte Stelle und eine gute Ehe mit Brenda Blaney (Barbara Leigh-Hunt), doch mittlerweile ist diese in die Brüche gegangen. Einzig und allein sein Freund Robert Rusk (Barry Foster), ein wohlhabender Obsthändler, hält noch zu ihm und bietet ihm als erstes Geld wie auch einen Platz zum Schlafen an, als er hört, dass Blaney auch seinen letzten Job in einer Bar verloren hat. Aus Stolz lehnt Richard dies jedoch ab und kontaktiert lieber Brenda, die im Herzen Londons eine sehr gut laufende Partnervermittlung leitet. Doch schon nach wenigen Minuten in ihrer Agentur und später auch beim gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant kommt es immer wieder zu Streitereien zwischen den einstigen Eheleuten. Da ihm Brenda dennoch etwas Geld gibt, trifft er sich mit seiner neuen Flamme, der Bardame Babs Milligan (Anna Massey), in einem Hotel, wo sie gemeinsam Pläne schmieden, wie sie ihr gemeinsames Leben weiterführen wollen. Ihrer Zweisamkeit wird jedoch ein jähes Ende bereitet, als sie durch die Zeitung von einem erneuten Mordfall erfahren, wobei Brenda das Opfer ist und die Beschreibung des Täters zu Richard passt.

Zwar hat Richard ein Alibi, aber selbst Babs macht ihn auf die Ungereimtheiten in seinen Erklärungen aufmerksam, hilft ihm aber dennoch dabei, sich vor der Polizei zu verstecken. Als dann aber auch noch Babs erwürgt aufgefunden wird, verhärtet sich der Verdacht gegenüber Richard, der schließlich verhaftet und verurteilt wird. Dessen Unschuldsbekundungen wie auch Verweise auf den vermeintlich wahren Täter im Kopf, kommen dann aber sogar einem der ermittelnden Beamten Zweifel an der Schuld, sodass er den Fall noch einmal neu aufrollt, während Blaney einen Plan schmiedet, wie er seine Unschuld beweisen kann und sich für Babs’ Tod rächen kann.

Grüße aus London

Seit 1949, dem Historienfilm Sklavin des Herzens, hatte Alfred Hitchcock schon nicht mehr in seiner britischen Heimat gefilmt. Nachdem er sich in Der zerrissene Vorhang und Topaz mit politischen Themen befasst hatte und damit eher übersichtlichen Erfolg gehabt hatte, bot die Verfilmung des Romans Goodbye Piccadilly, Farewell Leicester Square von Arthur La Bern eine Gelegenheit, sich wieder auf das Thrillergenre zu besinnen, in dem Hitchcock die größten Erfolge einer Karriere verdankte. Auch wenn die Dreharbeiten überschattet waren von einer persönlichen Tragödie im Leben Hitchcocks, denn seine Frau Alma erlitt einen schweren Herzanfall, darf Frenzy als der letzte wirklich große Film des Altmeisters gesehen werden, der nicht nur sehr spannend ist, sondern auch den morbiden Humor des Regisseurs widerspiegelt.

Interessanterweise nahmen Hitchcocks Landsleute Anstoß an der Art und Weise, wie die britische Hauptstadt und ihre Gesellschaft dargestellt wurden, was im fertigen Film gar als eine Form des Tourismus angesehen wird. Tatsächlich prangt das Wappen Londons über dem Vorspann dieses vorletzten Werkes Hitchcocks, während die Kamera fast schon etwas verträumt über die Skyline, die Themse und schließlich Big Ben streift, eben wie ein Video für den Tourismusverband, was dann abrupt ein Ende findet, als die erste Leiche am Themseufer angeschwemmt wird. Nicht nur aufgrund seines Handlungsortes und der verschiedenen Lokalitäten, ist Frenzy eine Rückkehr zum Ursprung für den Altmeister, sondern auch in erzählerisch-formaler Sicht, so ist die britische Hauptstadt gewissermaßen eine Art inoffizieller Hauptdarsteller, vor allem aber ihr prunkvolles, traditionsreiches Äußeres wie auch ihre dunklen Seiten. Nicht umsonst fällt bei der staunenden Menge an Schaulustigen der Name „Jack The Ripper“, was in einer Diskussion über die Vorgehensweise verschiedener Serienkiller mündet.

Eine andere Tradition scheint in Frenzy eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen, nämlich die des britischen Krimis. Entgegen dessen Logik, der auf die Enthüllung des Täters hinarbeitet, steht dieser in Frenzy schon nach wenigen Minuten fest, sodass die Spannung sich vor allem durch das Wissen des Zuschauers speist oder eben der Unwissenheit der Figuren, die sich in die sprichwörtliche Höhle des Löwen begeben, ohne zu ahnen, dass sie dies nicht überleben werden. Das ist Suspense-Kino, wie es gerade Hitchcock perfektionierte, der seinen Zuschauer sogar so weit kriegt, dass man in einer ungeheuren Szene mit dem Mörder fast schon mitfiebert und hofft, dieser könne seine Tat doch verbergen.

Morbide Details und Sensationslust

Ein weiterer Aspekt, der in Frenzy mehr betont wird als in den vorherigen Filmen Hitchcocks ist seine Vorliebe für morbiden Humor, der nicht zuletzt auf die Sensationslust von Menschen anspielt. Neben dem bereits erwähnten Vorspann des Filmes sind vor allem die nicht aufzuhaltende Pechsträhne des Protagonisten zu betrachten oder die Detailverliebtheit einiger Figuren bezüglich der einzelnen Morde. Diese Mischung aus Faszination, Ekel und Bestürzung über gewisse Gräueltaten, war schon immer ein wichtiger Faktor in Hitchcocks filmischem Schaffen, kommt aber in diesem vorletzten Werk noch einmal besonders zur Geltung. Oftmals wird man sich als Zuschauer dabei ertappt fühlen, wie man über eine Szene oder eine Dialogzeile schmunzelt, die bei näherer Betrachtung eigentlich eher grausam oder zumindest zweideutig zu betrachten ist.

Credits

OT: „Frenzy“
Land: UK
Jahr: 1972
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Anthony Shaffer
Vorlage: Arthur La Bern
Musik: Ron Goodwin
Kamera: Gilbert Taylor, Leonard J. South
Besetzung: Jon Finch, Barry Foster, Barbara Leigh-Hunt, Anna Massey, Alec McCowen, Vivien Merchant, Billie Whitelaw

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Golden Globes 1973 Bester Film (Drama) Nominierung
Beste Regie Alfred Hitchcock Nominierung
Bestes Drehbuch Anthony Shaffer Nominierung
Beste Musik Ron Goodwin Nominierung

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„Frenzy“ ist Alfred Hitchcocks vorletzter Film und damit Suspense-Kino in Reimform. Auch wenn vieles etwas routiniert inszeniert wirkt, gelingen doch viele Kamerafahrten und Sequenzen, erzeugen Spannung und eine gewisse morbide Faszination für das Handwerk eines Mörders. Darüber hinaus schuf Hitchcock einen waschechten London-Film, der die Stadt, ihre Bürger sowie die dunklen Legenden um die britische Hauptstadt porträtiert.
8
von 10